Funkwerk steigt bei Euromicron ein. Ein Deal mit Chancen und Nebenwirkungen…

Bildquelle: Pressefoto Funkwerk

Soso, “meine Neue” Funkwerk zieht also bei “meiner Ex” Euromicron ein. Als die Meldung über die Ticker geisterte, musste ich erstmal schlucken. Funkwerk (WKN: 575314 / ISIN: DE0005753149) ist meine erfolgreichste Turnaround-Spekulation und hat sich in den vergangenen Jahren dank neuem Management und neuer Strategie aus einem tiefen Tal der Tränen zurück auf den Erfolgsgipfel heraufgearbeitet. Und Euromicron (WKN: A1K030 / ISIN: DE000A1K0300) steht für das genaue Gegenteil: ständige Zukäufe, Neuausrichtungen, Personalwechsel sind das Muster, nachdem das Unternehmen seit 20 Jahren zugrunde dilettiert wird.

Dabei hatte alles so verheißungsvoll angefangen, damals 1998 beim Börsengang an den Neuen Markt. Die Zukunft sah rosig aus und ich war dabei, als Erstzeichner und dann eine zeitlang als Aktionär. Und habe gut daran verdient – einer der wenigen wohl, denn Euromicron ging mit dem Neuen Markt baden und hat seitdem irgendwie nie richtig die Kurve gekriegt, trotz vieler Neustartversuche. Aber nun soll es klappen. Mit der Hilfe des neuen Ankeraktionärs Funkwerk. Ob das was wird…?

Mit Euromicron habe ich mal schönes Geld verdient – zu Zeiten des Neuen Marktes. Seitdem bin ich nicht mehr investiert und Euromicron konnte seit damals auch keine wirklichen unternehmerischen Erfolge vorweisen. Wenn mir der Wert mal unter die Augen kam, dann eigentlich immer nur mit negativen Meldungen über neue Umsteuerversuche.

Nun kauft sich Funkwerk massiv bei Euromicron ein: beide Unternehmen haben eine Investorenvereinbarung zur Zeichnung von bis zu rund 28% der Aktien an der Euromicron AG geschlossen. Die Ausgabe der Aktien soll in Form von Barkapitalerhöhungen in zwei Tranchen erfolgen. Der Bezugspreis wurde bei 3,40 Euro je Aktie festgelegt. Die erste Tranche soll unter Ausschluss der Aktionäre im Rahmen einer Privatplatzierung an die Funkwerk AG in Höhe von 10% des bisherigen Grundkapitals erfolgen. Die zweite Tranche soll zum einen durch Ausübung von Bezugsrechten und zum anderen durch die Zeichnung derjenigen Aktien erworben werden, die nicht von den bisherigen Aktionären der Euromicron AG gezeichnet werden. Der Abschluss des Erwerbs der Aktien aus der zweiten Tranche erfolgt nach der fusionskontrollrechtlichen Freigabe in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich, die für etwa Mitte August 2019 erwartet wird. Die Gesamtkosten der Transaktion für Funkwerk liegen bei maximal rund 10,3 Mio. Euro.

Da die neuen Aktien aus der zweiten Tanche nicht vor Juli 2020 zum Börsenhandel zugelassen werden sollen, dürfte sich die Zeichnungsbereitschaft der Altaktionäre in Grenzen halten und daher das gewünschte Ziel von knapp 28% Beteiligung der Funkwerk AG an der Euromicron AG näherungsweise zu erreichen sein.

Risiken und Chancen

Euromicron ist ein Sammelsurium an unterschiedlichen Firmen.; inwieweit die Produkte/Angebote/Dienstleistungen zusammenpassen, bin ich mir noch immer nicht wirklich sicher. Aber das ist auch nicht mein Job als Aktionär, sondern das muss der Funkwerk-Vorstand einschätzen können! Schaue ich mir dessen Erfolge bei Funkwerk selbst an, sind diese weit größer, als wohl selbst die Optimisten unter uns je vermutet hätten. “Not”, sich gerade bei Euromicron einzukaufen, bestand jedenfalls nicht, daher wird Funkwerk hier eine große Chance wittern. Und wenn man hier dem Vorstand (und dem Großaktionär Hörmann im Funkwerk-Rücken) vertraut und Kompetenz zubilligt, dann bleibt nur eine Frage: “Wann, wenn nicht gerade jetzt”? Denn Euromicron liegt noch am Boden und versucht sich gerade zu berappeln durch Eindampfen der Angebote. Klingt nach Funkwerk vor 5 Jahren. Und zumindest da wissen wir alle, wie es bis heute abgelaufen ist. Wenn Euromicron mit Funkwerks Hilfe auch nur annähernd so eine Erfolgsgeschichte wird, wäre das ‘ne echt große Nummer. Der Funkwerk-Vorstand scheint jedenfalls davon auszugehen, denn er hat Euromicron sicherlich auf Herz und Nieren geprüft, bevor er seinen großen Zeh ins Wasser gesteckt hat.

Das finanzielle Engagement ist für Funkwerk kein kleines, aber dennoch überschaubar und kann aus dem Cash-Bestand gezahlt werden. Sollte das Ganze so positiv anlaufen, wie geplant, würde es mich nicht wundern, wenn Funkwerk sich weitere Anteile an Euromicron einverleibt…

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Kissig Ein Beitrag von Michael C. Kissig

Er studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-Blog “iNTELLiGENT iNVESTiEREN” verfasst Michael C. Kissig regelmäßig eine Kolumne für das “Aktien Magazin”.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: Michael C. Kissig / Pressefoto Funkwerk