Welche Faktoren die deutsche Wirtschaft ausbremsen

Es fehlt der Industrie für die kommenden Monate noch an Folgeaufträgen, um die Produktion wieder deutlich hochzufahren. Damit bleibt eine leichte Rezession weiterhin möglich.

(Bildquelle: Pressefoto Volkswagen)

Seit der unerwartet dynamischen Erholung der weltwirtschaftlichen Nachfrage entstand für die deutsche Industrie zwischen Auftragseingängen und Produktion eine ungewöhnlich große Lücke:

  • Während die Auftragsbestände teilweise Rekordniveaus erreichten, konnte die Produktion aufgrund verbreiteter Lieferkettenengpässe nicht mithalten.
  • Corona- und kriegsbedingt explodierende Energie- und Rohstoffpreise haben in dieser Phase kaum eine Rolle gespielt, denn gestiegene Kosten konnten weitgehend auf die Endverbraucherpreise umgelegt werden.
  • Erst seit dem gerade endenden Winterhalbjahr im Zuge einer globalen Nachfrageschwäche konnten die Unternehmen einen Großteil der resultierenden Auftragsstaus abarbeiten. Die internationalen Lieferketten funktionieren mittlerweile wieder nahezu normal. Zudem sind die Energie- und Rohstoffpreise am Weltmarkt deutlich zurückgekommen.
Die internationalen Lieferketten funktionieren mittlerweile wieder nahezu normal. (Bildquelle: unsplash / Dominik Lückmann)

Der Industrie fehlt es an Folgeaufträgen

Wie jüngste Daten des Statistischen Bundesamts nahelegen, fehlt es der Industrie für die kommenden Monate noch an Folgeaufträgen, um die Produktion wieder deutlich hochzufahren. So brachen die Auftragseingänge für das Verarbeitende Gewerbe im März um 10,7 Prozent ein. Besonders betroffen waren der Automobil- und Spezialfahrzeugbau.

Auch die Produktion war mit -3,3 Prozent deutlich rückläufig, ebenfalls vor allem im Segment der Autoindustrie sowie der Bauwirtschaft, die erheblich unter den stark gestiegenen Zinsen leidet. In den kommenden Monaten dürfte sich der private Konsum inflationsbedingt schleppend entwickeln und die höheren Zinsen weitere Nachfrage vonseiten der Industrie ausbremsen. Hinzu kommt eine zwar wieder stärker wachsende chinesische Wirtschaft, die sich allerdings sehr stark auf den vor allem binnenwirtschaftlich relevanten Dienstleistungssektor konzentriert. Die Industriedynamik beschleunigt sich auch in China nur langsam, wie die im März um 9,3 Prozent (Vergleich mit dem Vorjahr) gesunkenen Exporte Deutschlands nach China belegen.

Fazit

Damit zeichnet sich für den weiteren Jahresverlauf vorerst eine nur schwache Wachstumsdynamik ab. Nicht ausgeschlossen ist, dass die deutsche Wirtschaft doch noch in eine leichte Rezession abgleitet, nachdem im ersten Quartal nur ein Nullwachstum erzielt werden konnte.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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Bildquelle: Donner & Reuschel