Die Inflation bleibt hartnäckig oder „sticky“, wie man in den USA so schön sagt. Trotzdem sind bereits einige Entspannungssignale zu beobachten, die den Konsum auch abseits der Basiskonsumgüter wie Lebensmittel wieder stärken könnten.
Die hohe Inflation lässt viele Konsumenten daran zweifeln, ob sie ein neues Auto oder die beste Unterhaltungselektronik brauchen und sich diese angesichts hoher Energie- und Lebensmittelpreise überhaupt leisten können. Für Anleger gilt es trotzdem, auch den Bereich Nicht-Basiskonsumgüter nicht aus den Augen zu verlieren.
„Sticky“ Inflation
Nach +7,0 Prozent im April 2023 lag die Inflation im Mai nur noch bei 6,1 Prozent. Damit hat der Inflationsdruck weiter abgenommen, allerdings bei weitem noch nicht in der Form, dass sich die europäischen Währungshüter im Kampf gegen ausufernde Teuerungsraten ausruhen könnten. Daher will die EZB trotz dieser Entspannung die Leitzinsen für den gemeinsamen europäischen Währungsraum weiter senken. Zumal die Kerninflation, also ohne die besonders schwankungsanfälligen Preise für Nahrung und Energie, mit +5,3 Prozent im Mai ebenfalls sehr hoch blieb.
Lange Zeit hatten die wichtigsten Notenbanken der Welt, allen voran die Fed und die EZB, die Inflation lediglich als temporär bezeichnet. Diese Sichtweise hat sich jedoch drastisch geändert. Dies ging so weit, dass die US-Notenbank Fed, die Leitzinsen in Rekordtempo angehoben hat, zuletzt auf ein Niveau von 5,00 bis 5,25 Prozent. Für die Märkte bedeutete dies einen echten Schock, nachdem sich diese jahrelang an Nullzinsen gewöhnt hatten. Erst jetzt scheint die Fed genug zu haben und eine Pause in Sachen Leitzinsanhebungen zu signalisieren. Die EZB ist in dieser Hinsicht ein wenig der Nachzügler. Besonders zu spüren, bekamen die höheren Preise Konsumenten.
Basiskonsumgüter zeigen sich robust
Höhere Kosten für Lebensmittel, Strom und Heizung haben in Verbindung mit allgemein steigenden Preisen dazu geführt, dass sich viele Konsumenten bei ihren Ausgaben zurückhalten. Aus diesem Grund hatten viele Einzelhändler oder Sportartikelhersteller wie Adidas oder Nike lange Zeit mit hohen Lagerbeständen. Zumal diese zusätzlich durch die anhaltenden Corona-Auswirkungen sowie gestörte Lieferketten erhöht wurden. Diese müssen allmählich wiederum durch Rabatte abgebaut werden, um in den Regalen Platz für neue Waren zu schaffen.
Entsprechend schwach fielen die jüngsten Ergebnisse bei viele Einzelhandels- und Konsumgüterunternehmen aus. Es gab jedoch auch einige Ausnahmen. Dazu gehörte beispielsweise Walmart (WKN: 860853 / ISIN: US9311421039). Der US-Handelsriese profitiert davon, dass er relativ stark in den Bereichen Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs aktiv ist. Diese müssen Konsumenten nun einmal auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kaufen. Auf diese Weise konnte Walmart starke, über den Markterwartungen liegende Ergebnisse für das erste Quartal präsentieren und die eigenen Prognosen für das laufende Geschäftsjahr anheben.
Konkurrenten wie Target performten zuletzt schwächer, zumal bei dem Einzelhändler laut KeyBanc-Analyst Bradley Thomas ein weiteres Problem hinzukommen könnte. Die Rede ist von dem möglichen Ende des vonseiten der Biden-Regierung erlassenen Zahlungsstopp für Studienkredite bei Millionen von US-Amerikanern. Sollte diese ihre Kredite wieder tilgen müssen, hätten sie deutlich weniger für den Konsum in ihren Taschen übrig. Entsprechend hatte Thomas im Fall der Target-Aktie die Einstufung von „Overweight“ auf „Sector Weight“ gesenkt.
China und USA sorgen für Erholungspotenzial
Trotz der sich hartnäckig haltenden Inflation gibt es auch positive Signale für Konsumenten. Bei den Energiepreisen bahnt sich eine weitere Entspannung an, was letztlich auch in Form von geringeren Nahrungsmittelpreisen bei ihnen ankommen sollte. Zumal sich auch die Lieferketten immer weiter entspannen. Insbesondere, nachdem die chinesische Regierung zum Ende des vergangenen Jahres ihre rigorosen Corona-Kontaktbeschränkungsmaßnahmen zurückgenommen hat.
Darüber hinaus zeigen die US-Arbeitsmarktdaten und andere Konjunkturindikatoren aus den USA, dass sich die größte Volkswirtschaft der Welt robust präsentiert. Außerdem dürfe die Aussicht auf eine Leitzinsanhebungspause vonseiten der Fed sowie auf mögliche Leitzinssenkungen zum Ende dieses Jahres Hoffnungen auf erste Leitzinssenkungen wecken. Hilfreich ist für die wirtschaftliche Entwicklung sowie Ruhe an den Märkten auch der Umstand, dass der Streit um die US-Schuldenobergrenze zu Ende gegangen ist.
Daher dürfen nicht nur Vertreter der Bereiche Nahrungsmittel und Waren des täglichen Bedarfs, also Basiskonsumgüter, auf eine Erholung setzen, sondern auch Vertreter des Bereichs Nicht-Basiskonsumgüter wie Autos, Sportbekleidung oder Freizeit auf eine Erholung hoffen. Nach der jüngsten Schwäche bieten sich Anlegern möglicherweise günstige Einstiegsgelegenheiten. Zu den möglichen Anlagealternativen gehört beispielsweise der MSCI World Consumer Discretionary UCITS ETF 1C (WKN: A113FH / ISIN: IE00BM67HP23) von DWS, Xtrackers. Zu den wichtigsten Indexvertretern zählen derzeit Amazon, Tesla, Home Depot, LVMH, McDonald’s und Nike.
Das marktEINBLICKE-Fazit
Nach der Corona-Krise und der erhöhten Inflation sieht es auch dank der Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft und der anhaltenden Stärke der US-Konjunktur sowie dem Abbau von Problemen in den Lieferketten könnte sich eine Erholung im Konsumgütersektor abzeichnen.