Es lebe die Kontraindikation!

Der DAX feiert seinen 35. Geburtstag und kann die Anleger im ersten Halbjahr 2023 mit einem Plus von knapp 16 Prozent erfreuen. Ist zuviel Euphorie da? Nein – im Gegenteil der Pessimismus der Anleger ist weiter vorhanden. Das eröffnet wiederum eröffnet Potenzial.

(Bildquelle: marktEINBLICKE)

Nun ist es rum. Das erste Halbjahr. Die Aktienperformance des ersten Halbjahrs kann sich sehen lassen. Egal wohin wir schauen. Klassenprimus ist dank des Re-Hype um die Tech-Werte der NASDAQ Composite mit einem Plus von 30 Prozent, dicht gefolgt von Japans Nikkei mit einem Aufschlag von 27 Prozent. Aber selbst die stets als langweilig eingeordneten EURO STOXX 50, S&P 500 oder gar der DAX kommen auf 16 Prozent. Um es auf den Punkt zu bringen:

Das ist das Doppelte einer durchschnittlichen Jahresperformance, wie die Langzeitentwicklung des DAX der vergangenen 35 Jahre aufzeigt. Unser deutscher Leitindex feiert an diesem Wochenende seinen Geburtstag.

Aktien sind seit Jahrzehnten eine solide Langfristanlage

Wer im Jahr 1988 10.000 Euro in den DAX investiert hat, kann sich heute über ein Vermögen von 160.000 Euro freuen. Das entspricht einer durchschnittlichen Rendite von rund 8 Prozent pro Jahr. Dass Sparbücher und andere festverzinsliche Anlagen da nicht mithalten konnten, ist obligatorisch.

Und dass wiederum in Deutschland aber laut DAI immer noch vier von fünf Erwachsenen keine Aktien, Aktienfonds oder ETFs im Depot haben ist die Kehrseite dieser grandiosen Erfolgsgeschichte. Augenscheinlich sind wir ein Land der Börsenskeptiker. Noch immer.

Das zeigt auch die neue aktuellen Retail Investor Beat Studie von eToro. Der DAX ist zwar trotz steigender Zinsen und fragiler Konjunkturaussichten auf einem hohen Niveau – die meisten deutschen Privatanleger bewerten die jüngste Rally als trügerischen Aufschwung:

Kommt (wieder) das „Verpasst-Gefühl“ der anderen?

Nur einer von zehn (13 Prozent) glaubt, dass wir uns in einem neuen Bullenmarkt befinden.

Am ehesten rechnen die 1.000 Teilnehmer in Deutschland mit einem Bullenmarkt Ende 2023 (19 Prozent) bis Mitte 2024 (18 Prozent).

Dann könnte einmal mehr vielleicht ein „Verpasst-Gefühl“ bei dem einen oder anderen hervorkommen, wenn man die aktuellen DAX-Prognosen beispielsweise von der Helaba zu Hand nimmt. Die Experten schreiben jüngst am Freitag: „Wir halten an unserem Jahresendziel für den DAX von 17.000 Punkten fest.“

Auf der anderen Seite sind Privatanleger laut Ben Laidler, Global Markets Strategist bei eToro, recht früh nach dem jüngsten Tiefpunkt des Aktienmarkts im Oktober 2022 wieder eingestiegen.

„Es überrascht nicht, dass sie nicht mehr so euphorisch sind, was weitere kurzfristige Gewinne angeht, wenn man bedenkt, wie stark einige Märkte bereits gestiegen sind. Die wirtschaftliche Realität macht sich zunehmend bemerkbar, da die Angst vor einer Rezession steigt und die Jobsicherheit abnimmt.“ Dennoch: Wir sagen als Verfechter der langfristigen Geldanlage Aktien „dran und cool bleiben!“

Wir sagen als Verfechter der langfristigen Geldanlage Aktien „dran und cool bleiben!“ (Bildquelle: unsplash / Christian Waske)

Das bringt die neue Börsenwoche (KW27-2023)

Jerome muss es wieder bringen: Am Mittwoch wird das Fed-Sitzungsprotokoll veröffentlicht. Es könnte laut der Deka ein paar Ungereimtheiten erklären. „So ist bspw. nicht klar, weshalb die Fed das Leitzinsniveau unverändert ließ und gleichzeitig noch zwei weitere Leitzinserhöhungen bis Ende des Jahres in Aussicht gestellt hatte.“

Highnoon ist aber am Freitag. Es stehen unter anderem die Daten zur deutschen Industrieproduktion. Die deutschen Indikatoren dürften im Mai entgegen der allgemeinen Wahrnehmung eher nochmals positiv ausfallen. Das reicht vom Außenhandel, über die Industrieaufträge bis hin zur Produktion im produzierenden Gewerbe. „So deuten zahlreiche Indikatoren auf ein vorüberhegendes Anziehen der Industrieproduktion hin“, so die Deka.

Ebenso steht Amerikas Arbeitsmarktbericht zum Wochenschluss auf der Agenda. Wann schwächt er ab? In den ersten fünf Monaten dieses Jahres stieg die Anzahl der Beschäftigten durchschnittlich um gut 300.000 Stellen pro Monat an. „Im Vergleich zu dem Durchschnittswert von gut 350.000 Stellen in der zweiten Jahreshälfte 2022 liegt eine grundsätzliche Verlangsamung vor, die sich auch im Juni weiter fortgesetzt haben dürfte. Allerdings ist die Abschwächung weiterhin eher moderat, weil die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften nach wie vor wesentlich höher ist als das Arbeitsangebot“, schreibt die Deka.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Mit dem Blick aufs eigene Depot und der positiven Performance im ersten Halbjahr könnte der eine oder andere sich nun fragen: Die schöne Ernte nun einfahren und ganz relaxed in den Urlaub? Quatsch.

Wer langfristig in Baustein-Aktien investiert ist, wird sich diese Frage nicht stellen. Er wird aber auch nicht zu dem Kreis gehören, der die Rallye bislang eher mit Argwohn von der Seitenlinie aus beobachtet hat. Wir sind positiv gestimmt, denn die Stimmung „da draußen“ ist alles andere, nur nicht euphorisch. Bei einer Bloomberg-Umfrage kam raus, dass Investoren den DAX am Ende des Jahres im Schnitt bei 15.300 Punkten sehen. Das nennt sich wohl Pessimismus – und der ist eine gute Basis für Langfristanleger gute Aktien günstig ins Depot zu holen. Es lebe die Kontraindikation!

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt