Irgendwie durch den Sommer kommen

Die Wirtschaftslage bleibt unübersichtlich – das Gleiche gilt auch für die Geldpolitik. Dennoch sollten Anleger einmal mehr Ruhe bewahren.

(Bildquelle: unsplash / Aaron Burden)

Die vergangene Woche war an den Aktienmärkten einmal mehr wieder von den Zinssorgen geprägt. Am Mittwochabend hatte die US-Notenbank Fed in ihren FOMC-Protokollen erneut weitere Zinsschritte im Jahr 2023 signalisiert. Demnach erwarten „fast alle“ Mitglieder im geldpolitischen Ausschuss weitere Anhebungen.

Wir fragen uns an dieser Stelle, wann nun endlich der Markt diese Tatsache real einpreist und es verstanden hat. Es scheint länger zu dauern – zumindest auf jeden Fall bei den deutschen Anlegern. Bei denen kam wieder die von unseren amerikanischen Journalisten-Kollegen genannte „German Angst“ auf. Die Folge:

Der DAX rutschte am Donnerstag mehr als 400 Zähler unter das Vortagesniveau. Das Tagestief lag knapp unter 15.500 Punkten, alle 40 DAX-Einzelwerte gingen mit Verlusten in den Feierabend. Durch die Abschläge war der DAX auf den tiefsten Stand seit Anfang April gefallen.

(Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG)

Warum jetzt verkaufen?

Diese starken Verluste werfen schon Fragen auf. Beispielsweise welcher Anleger – der langfristig an der Börse engagiert ist – streicht oder verkleinert jetzt seine Positionen? Wieso? Eine Sommer-Korrektur, wie wir sie wohl gerade erleben, ist gesund und bringt neue Impulse mit sich. Es ist dieses Jahr das gleiche wie in fast jedem Sommer.

Sollte der DAX die wichtige Unterstützungsbereich von 15.700/15.600 Punkten nachhaltig unterschreiten – dann wird es spannend, was im Markt passiert. In diesem Bereich kam beispielsweise im April wieder verstärkt Kaufinteresse auf.

Generell sollten Langfrist-Anleger entspannt bleiben. Das Thema Leitzinsen ist endlich. Die Inflation hat in den letzten Monaten einiges an Schrecken verloren: In der Eurozone ist der Verbraucherpreisanstieg vom Spitzenwert 10,6 Prozent im Oktober 2022 auf 5,5 Prozent im Juni 2023 gefallen. In den USA sank die Inflation von 7,7 Prozent im Oktober des letzten Jahres auf 4,0 Prozent im Mai 2023.

„Die Aktienmärkte sind offenbar der Ansicht, dass sich das Inflationsproblem ohne größere Verwerfungen aus der Welt schaffen lässt“, sagt Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management.

„No pain, no gain“

Die damit verbundene Hoffnung sei, dass die Notenbanken folglich gewillt sein könnten, die Zinsen relativ schnell wieder zu senken, bevor die höheren Finanzierungskosten größeren Schaden an der Ertragskraft der Unternehmen und an den Einkommen der Haushalte anrichtet.

„Doch das wäre zu schön, um wahr zu sein“, erklärt Galler. Denn inzwischen treiben vor allem steigende Löhne die Inflation. „Das Lohnwachstum dürfte dafür sorgen, dass die Kerninflation hoch bleibt – das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent scheint in näherer Zukunft unrealistisch.“ Die Kapitalmärkte müssten sich bei der Inflationsbekämpfung deshalb darauf einstellen, dass es auch dieses Mal heißt: „No pain, no gain.“

Das bringt die neue Börsenwoche (KW28-2023)

Am Dienstag kommen die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland. Bei Deka erwartet man in aktuellen Umfeld Daten für den Juli, die für Deutschland spürbar zurückgehen.

(Bildquelle: unsplash / Oleg Chursin)

Der Tag der Woche ist der Mittwoch. Die US-Verbraucherpreise stehen an. „Die Jahresteuerungsrate in den USA dürfte gemessen an den Verbraucherpreisen im Juni zum zweiten Mal in Folge deutlich gesunken sein“, so die Experten von Deka. So werden die Daten für den Juni werden voraussichtlich zeigen, „dass die Teuerungsrate von 4,0 Prozent im Mai auf 3,2 Prozent im Juni zurückgegangen ist“, schreibt die Helaba. Ist das Inflationsproblem damit gelöst?

„Leider nicht! Die Bewegung kommt vor allem dadurch zustande, dass der CPI im Juni 2022 um astronomisch hohe 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen war (d.h. mit einer aufs Jahr hochgerechneten Rate von 14 Prozent). Diese Veränderung fällt nun aus der Vorjahresrate heraus und wird durch das prognostizierte Plus von 0,3 Prozent im Juni 2023 ersetzt“, erklären die Experten der Helaba. Das entspräche zwar immer noch einem annualisierten Zuwachs von 3,7 Prozent –  ist also weit weg von Preisniveaustabilität –  stelle aber eine spürbare Entlastung für die Zwölfmonatsrate dar.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Das Thema Leitzinsen und die damit verbundene Frage wie weit die Leitzinsen noch erhöht werden müssen, um die Inflation zu besiegen und dabei möglichst keine Bruchlandung der Konjunktur auszulösen, bleibt im Fokus.

Für die Aktienmärkte bedeutet dies, dass es wieder turbulenter wird und die Volatilität wieder steigt. „In solchen Marktphasen können Makro- und marktneutrale Strategien ihre Stärke ausspielen und helfen, das Portfolio zu stabilisieren“, erläutert Tilmann Galler mögliche Folgerungen für Anleger. Wir haben dafür auch eine Anlage-Option: Unverändert mit langfristigem Fokus auf Baustein-Aktien setzen und sich nicht bei jeder Konjunkturmeldung verrückt machen lassen …

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt