KI – Die Gewinner auf der Software-Seite

Anleger stürzen sich geradezu auf die potenziellen Gewinner des KI-Trends. Neben dem Bereich Chip-Industrie werden diese auch im Software-Bereich vermutet.

(Bildquelle: unsplash / Emiliano Vittoriosi)

Die Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Studien bescheinigen der generativen KI großes Potenzial in Bezug auf Produktivitäts- und Umsatzsteigerungen für Unternehmen. Anleger stürzen sich geradezu auf die potenziellen Gewinner des KI-Trends. Neben dem Bereich Chip-Industrie werden diese auch im Software-Bereich vermutet.

Der durch ChatGPT ausgelöste Hype rund um die Künstliche Intelligenz hat sich in den vergangenen Monaten verstärkt. Immer mehr Börsianer springen auf den fahrenden Zug auf und fragen sich, wer die größten Profiteure auf diesem Gebiet sein sollten. Wenn Technologieunternehmen derzeit Quartalsergebnisse vorlegen oder ganz allgemein Pressemeldungen herausgeben, gilt der Blick auf Investorenseite in besonderer Weise den Aussagen des Managements zum Thema KI. Es wird darauf geachtet, welche Initiativen ergriffen oder Investitionen getätigt werden, um das KI-Geschäft anzukurbeln. Je nachdem, ob die KI-Fantasien geweckt werden konnten oder nicht, fallen die unmittelbaren Reaktionen der entsprechenden Aktienkurse positiv oder negativ aus. Ein Bericht ragte dabei in den vergangenen Monaten ganz besonders heraus.

NVIDIA versetzt Tech-Anleger in Verzückung. (Bildquelle: Pressefoto NVIDIA)

NVIDIA: Der KI-Darling

Am 24. Mai 2023 hatte NVIDIA seine Ergebnisse zum ersten Quartal (Ende 30. April) des laufenden Geschäftsjahres 2023/24 vorgestellt. Die Ergebnisse selbst waren beeindruckend, was Anleger jedoch regelrecht in Verzückung versetzte, waren der Ausblick auf das inzwischen beendete zweite Quartal und vor allem die mittel- bis langfristigen Aussichten für das KI-Geschäft. Die Begeisterung sorgte dafür, dass die NVIDIA-Aktie in die Höhe schoss und das Unternehmen beim Börsenwert erstmals die Marke von 1 Billion US-Dollar überspringen konnte.

Dies war zuvor nur wenigen Branchenriesen wie Apple, Microsoft, Amazon, der Google-Muttergesellschaft Alphabet, aber auch dem saudi-arabischen Ölkonzern Aramco vorbehalten. NVIDIA kommen gleich mehrere Faktoren zugute. Gründer und CEO Jensen Huang sagt: „Die Computerindustrie durchläuft gleichzeitig zwei wichtige Trends – eine höhere Rechenleistung und die generative KI. Die weltweit installierte Rechenzentrumsinfrastruktur im Wert von einer Billion US-Dollar wird von allgemeiner auf die beschleunigte Datenverarbeitung umgestellt, da die Unternehmen versuchen, generative KI in jedes Produkt, jede Dienstleistung und jeden Geschäftsprozess zu integrieren.“

NVIDIA war bereits bei vielen anderen Zukunftstrends wie Datenzentren, Mining von Kryptowährungen oder dem Autonomen Fahren mit von der Partie. Beim Thema Chips für die Künstliche Intelligenz kann der Spezialist für Grafikprozessoren seine Stärken in besonderer Weise ausspielen. Generative KI, also die Art von künstlicher Intelligenz, die neue Inhalte wie Texte, Musik oder Bilder erschafft, ist im Moment in aller Munde. Sie benötigt aber auch sehr viel Rechenleistung. Grafikchips liefern diese, da sie viele Berechnungen parallel durchführen.

Enormer Produktivitätszuwachs dank generativer KI

ChatGPT hat die generative KI (GenAI) der breiten Masse zugänglich gemacht. Dabei entwickeln sich der Chatbot von OpenAI und ähnliche Produkte ständig weiter. Viele Menschen haben bereits Angst vor dem, was die KI schon heute bewerkstelligen kann, geschweige denn vor dem, was man ihr in Zukunft zutraut. Allerdings sind auch die Möglichkeiten enorm. Eine aktuelle McKinsey-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass GenAI-Technologien wie ChatGPT oder DALL-E für einen großen Produktivitätszuwachs sorgen können. Die Studienverfasser beziffern den potenziellen jährlichen Produktivitätszuwachs durch die generative KI mit 2,6 bis 4,4 Billionen US-Dollar.

Im Vergleich zu bisherigen Ausprägungen von Künstlicher Intelligenz und Analytik, etwa Machine Learning und Deep Learning, würde dies laut McKinsey eine zusätzliche Steigerung um 10 bis 40 Prozent bedeuten. Die tatsächlichen Auswirkungen könnten sogar höher ausfallen, würde GenAI in Software wie etwa Textverarbeitungsprogramme oder Chatbots integriert, wodurch frei werdende Arbeitszeit für andere Aufgaben genutzt werden kann, heißt es weiter. Demnach sei eine Steigerung der Arbeitsproduktivität um 0,1 bis 0,6 Prozent pro Jahr möglich. Am größten werden die möglichen Umsatzsteigerungen in den Branchen Finanzdienstleistungen, High-Tech, Medien und Biowissenschaften gesehen.

Vertrauen schaffen

In den Unternehmen sollten vor allem wissens- und personalbasierte Bereiche profitieren. Etwa 75 Prozent des geschätzten Werts soll GenAI in den Bereichen Kundenservice, Marketing und Vertrieb, Softwareentwicklung sowie Forschung & Entwicklung schaffen. Die generative KI könne Mitarbeitern vor allem dabei helfen, die Interaktion mit Kunden besser zu managen, Inhalte zu erstellen oder eigenständige Softwarecodes auf der Grundlage natürlicher Sprachanweisungen zu generieren. Ganz besonders ginge es darum, Arbeitsschritte zu automatisieren, Menschen von Routinearbeiten zu entlasten und so neue Freiräume für kreative Arbeit und Innovation zu schaffen.

Während Viele bereits das Potenzial sehen, bleibt das Misstrauen gegenüber KI in Gesellschaft und Unternehmen groß. Bei Salesforce verweist man darauf, dass Unternehmensleiter generative KI gerne nutzen würden, aber vorsichtig angesichts der Risiken seien. Bereiche wie Halluzinationen, Toxizität, Datenschutz, Voreingenommenheit und Bedenken hinsichtlich der Datenverwaltung würden eine Vertrauenslücke schaffen. Eine neue Studie von Salesforce ergab, dass 73 Prozent der Mitarbeiter glauben, dass generative KI neue Sicherheitsrisiken mit sich bringt, und fast 60 Prozent derjenigen, die den Einsatz der Technologie planen, nicht wissen, wie sie ihre Daten schützen können. Auch im Umgang mit solchen Risiken ergeben sich Geschäftspotenziale.

Enormer Produktivitätsgewinn dank Künstlicher Intelligenz (Bildquelle: pixabay / Placidplace)

Software-KI-Champions

Neben NVIDIA, einem der KI-Darlings an den Aktienmärkten, sollen viele andere Unternehmen die erwarteten Produktivitätssteigerungen durch die generative KI möglich machen. Die Gewinner des KI-Hypes sind nicht nur in der Chipindustrie zu finden. Die Analysten bei der Bank of America haben beispielsweise eine Reihe von ihnen in der Softwareindustrie ausgemacht. Mithilfe eines Rankingsystems sollen die besonders aussichtsreichen Kandidaten identifiziert werden.

Als Erfolgsfaktoren wurden Aspekte wie der Zugang zu großen Mengen hochwertiger Daten, eine marktführende Installationsbasis der eigenen Produkte, um laufend weitere Daten erfassen zu können. Zudem sollten die Kandidaten hoch spezialisierte und bereits in Unternehmen eingebettete Lösungen anbieten können. An der Spitze dieser Liste steht, wie sollte es auch anders sein, Microsoft.

Mit seinen milliardenschweren Investitionen in OpenAI, dem Unternehmen hinter ChatGPT, hat sich der Windows-Konzern in die Mitte des Hypes rund um die generative KI katapultiert. Es folgen dahinter Oracle, HubSpot, Salesforce, Datadog und Workday als weitere Softwareunternehmen, denen besonders viel Potenzial rund um das Thema KI zugesprochen wird. Diese Unternehmen sind laut Bank of America besonders weit vorne zu finden, wenn es um Zugang zu Daten, ein „Disruptionspotenzial“ oder die Ressourcen für Innovationen geht.

Noch mehr Anwendungen

Im Zuge der milliardenschweren Investition in OpenAI nutz Microsoft verstärkt ChatGPT und integriert die Technologie in mehr eigene Anwendungen wie die Bing-Suchmaschine, seine Vertriebs- und Marketingsoftware, die GitHub-Codierungstools, das Microsoft 365-Produktivitätspaket und die Azure-Cloud. Auch bei Oracle wird das Thema KI großgeschrieben. Bank of America-Analyst Brad Sills sagt, dass KI und maschinelles Lernen bereits in dem Kernangebot des Unternehmens integriert sind. Auf Analystenseite wird erwartet, dass Oracle die generative KI stärker in seine Anwendungssuites wie Fusion und NetSuite integrieren wird.

Generative KI-Modelle könnten mit den verfügbaren Daten eines Unternehmens verfeinert werden. (Bildquelle: Adobestock_566276988)

Generative KI-Modelle könnten laut Sills mit den verfügbaren Daten des Unternehmens verfeinert werden, um den Nutzern robustere Handlungsempfehlungen für ihre Anwendungen zu geben. Außerdem könne Oracle seine Software fein abstimmen, um seine Cloud-Infrastruktur zu einer immer überzeugenderen Plattform für KI-bezogene Workloads zu machen. Im Zuge der Vorlage des jüngsten Quartalsberichts konnte Chairman, Unternehmensgründer und CTO (Chief Technology Officer) Larry Ellison bereits einige Erfolge im KI-Bereich verkünden. „Die Gen2 Cloud von Oracle hat sich schnell zur ersten Wahl für die Ausführung von generativen KI-Workloads entwickelt.“

Zu den weiteren KI-Software-Branchenfavoriten wir HubSpot gezählt. Das Unternehmen bietet unter anderem Produkte und Dienstleistungen im Bereich Kundenbeziehungsmanagement an. Dazu zählen Angebote in Bereichen wie Social Media Marketing, Content-Management, Web Analytics oder SEO-Maßnahmen (Search Engine Optimization, Suchmaschinenoptimierung). Bei der Bank of America schätzt man, dass HubSpot weitere Investitionen in die KI und das Machine Learning stecken möchte. „KI kann Servicefachleuten beispielsweise dabei helfen, Kundenbedürfnisse zu erkennen, Lösungen vorzuschlagen und bessere Ergebnisse zu erzielen“, sagt Analyst Sills. HubSpot könne KI unter anderem auch für die Datenbereinigung und die E-Mail-Datenerfassung einsetzen.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Die jüngsten Übertreibungen rund um KI-Investments lassen den ein oder anderen bereits an die Zeiten der Dotcom-Blase zurückdenken, als Unternehmen ohne nennenswerte Umsätze an der Börse gehypt wurden und enorme Marktkapitalisierungen erreichten. Ein Grund, warum Anleger nicht auf einen Favoriten setzen sollten, auch wenn diese wie im Fall von NVIDIA zuletzt teilweise fabelhafte Kurssprünge erzielen konnte und schon seit Jahren an der Spitze zu finden ist, wenn es um Zukunftstechnologien geht. Nur gut, dass sich insbesondere im Software-Bereich mit Microsoft, Oracle oder Salesforce Unternehmen mit diesem Thema beschäftigen, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie alles andere als Luftnummern sind.