Wasserstoff: Wunsch und Wirklichkeit

Nicht nur die EU möchte eine ausgedehnte Wasserstoffwirtschaft als Teil der Energiewende.

(Bildquelle: Pressefoto Shell)

Derzeit kann man davon sprechen, dass die Börsen-Blase rund um das Thema Wasserstoff vorerst geplatzt ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass dieses Thema in Zukunft keine Rolle mehr spielen wird. Zumal Regierungen enorme Förderprogramme rund um den grünen Wasserstoff aufgelegt haben und dieser in breiten Teil der Politik und Industrie als integraler Bestandteil der Energiewende angesehen wird.

Beim Anlagethema Wasserstoff liegen Wunsch und Wirklichkeit noch sehr weit auseinander. Das Jahr 2050 wurde von vielen Regierungen auf dieser Welt als das Jahr auserkoren, bis zu dem man die Klimaneutralität erreicht haben möchte. In den meisten Berechnungen auf dem Weg zu der Klimaneutralität spielt auch Wasserstoff eine wichtige Rolle. Entsprechend bleibt dieses Thema trotz der jüngsten Enttäuschungen auch aus Anlagegesichtspunkten sehr interessant.

Die große europäische Wasserstoffwirtschaft

In der EU möchte man sich nicht nur in Richtung einer CO2-neutralen Welt bewegen. Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat auch dafür gesorgt, dass man nun besonders dringend nach Alternativen zu russischem Rohöl und Erdgas sucht. Eine Lösung soll die verstärkte Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff sein. Dies bedeutet, dass Elektrolyseure zur Erzeugung von Wasserstoff mithilfe Erneuerbarer Energien betrieben werden müssen, um als erneuerbar oder grün zu gelten.

In der EU möchte man sich nicht nur in Richtung einer CO2-neutralen Welt bewegen. (Bildquelle: Pressefoto Shell)

Auf diese Weise soll Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt werden. In einem Zwischenschritt sollen die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden. Teil dieser Strategie und des Erreichens der Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland ist auch der REPowerEU-Plan. Dieser zielt insbesondere darauf ab, bis 2030 innerhalb der EU 10 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoffs zu erzeugen und weitere 10 Millionen Tonnen zu importieren.

Geplant ist der umfangreiche Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft. Die Realisierung der entsprechenden Pläne könnte Investitionen von bis zu 470 Mrd. Euro freisetzen. Hierzu gehören auch Windkraft- und Photovoltaikanlagen zur Produktion des grünen Wasserstoffs. Die EU ist bei weitem nicht allein, wenn es um die Förderung von Wasserstofftechnologien geht. Diese nehmen auch in dem bisher wichtigsten Gesetzespaket der Biden-Regierung ein, dem Inflation Reduction Act (IRA).

Ein weiter Weg für Plug Power & Co

Auch an den Börsen hatte es unlängst einen großen Hype rund um das Thema Wasserstoff gegeben. (Bildquelle: Pressefoto Plug Power)

Auch an den Börsen hatte es unlängst einen großen Hype rund um das Thema Wasserstoff gegeben. Die einstigen Stars sind inzwischen aber tief gestürzt. Es ist so etwas wie Ernüchterung eingekehrt. Das noch ein weiter Weg zu gehen ist, zeigt unter anderem das Beispiel von Plug Power (WKN: A1JA81 / ISIN: US72919P2020). Anfang 2021 kletterten die Notierungen der Aktie des Wasserstoffspezialisten aus Latham, im US-Bundesstaat New York zeitweise über die Marke von 70 US-Dollar. Aktuell kostet die Aktie rund 9 US-Dollar. Allein seit Anfang 2023 wurde ein Kursminus von rund 26 Prozent angehäuft. Die jüngsten Quartalsergebnisse trugen nicht gerade zu mehr Anlegervertrauen bei.

Zumal die Aktie nicht nur unter den Quartalsergebnissen litt, sondern auch unter dem schwachen Marktumfeld der vergangenen Tage. Zwar konnte Plug Power im zweiten Quartal 2023 mit 260,2 Mio. US-Dollar Rekordumsätze einfahren und stellt für das Gesamtjahr weiterhin Erlöse in Höhe von 1,2 bis 1,4 Mrd. US-Dollar in Aussicht. Gleichzeitig wurde aber der Nettoverlust auf 236,4 Mio. US-Dollar ausgeweitet. Citi-Analyst Vikram Bagri ist jedoch der Ansicht, dass Plug Power als voll integriertes, auf Wasserstoff fokussiertes Unternehmen, über einen „Early-Mover-Vorteil“, Spitzentechnologien und die entsprechende Größe verfügen würde.

Damit ist das Unternehmen seiner Ansicht nach gut positioniert, um von der wachsenden Nachfrage nach grünem Wasserstoff zu profitieren. Bei Bernstein ist man wiederum der Ansicht, dass der Wasserstoff-Bereich ein zentraler Punkt der Energiewende sein wird. Für das Platzen der „Wasserstoffblase“ werden höhere Zinssätze, eine mangelnde Rentabilität und Verbesserungen bei den Batterietechnologien genannt. Analyst Neil Beveridge verweist aber darauf, dass viele Länder Förderprogramme im Bereich Wasserstoff auf den Weg gebracht hätten, darunter die USA mit dem IRA, die EU und China. Er verweist aber auch darauf, dass sich die Branche in einer frühen Phase befinden würde und es schwierig sei, jetzt schon die Gewinner herauszufiltern.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Der zwischenzeitliche Börsen-Hype rund um das Thema Wasserstoff kam viel zu früh. Es ist außerdem möglich, dass auf Anleger weitere Enttäuschungen warten könnten, zumal selbst bei einem Erfolg der Wasserstofftechnologie noch nicht abzusehen ist, wer sich ganz an die Spitze setzen wird. Es bleibt aber auf jeden Fall ein Thema, das Anleger in den kommenden Jahren nicht ganz außer Acht lassen sollten.