Das neue Problem der Notenbanken

Steigende Ölpreise trotz schwacher Konjunktur stellen Notenbanken vor ein Problem

(Bildquelle: EZB/Fed)

Die Notenbanken richten ihre geldpolitische Ausrichtung derzeit weiter datenabhängig aus. Das heißt von Sitzung zu Sitzung und auf Basis der jeweils jüngsten Veröffentlichungen zu Inflation und Wachstumsdynamik. Im Vordergrund steht dabei die weitere Bekämpfung der nach wie vor zu hohen Inflationsraten. Mit dem Ölpreis rückte zuletzt jedoch einer der wichtigsten Inflationstreiber erneut in den Fokus.

  • Monatelang war der sogenannte Preis-Basis-Effekt durch den Vergleich deutlich gesunkener Energie- und Rohstoffpreise mit den Höchstnotierungen des Jahres 2022 der wichtigste Faktor für nachgebende Teuerungsraten. In den letzten Wochen haben die Rohölnotierungen allerdings wieder zugelegt – und dass, trotz der immer deutlicheren wirtschaftlichen Abkühlung und damit sinkender Nachfrage.
  • Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent notiert mit knapp 89 US-Dollar auf dem höchsten Stand seit April dieses Jahres. Bemerkenswert ist zudem, dass der seit Ausbruch des Ukrainekrieges und der Etablierung der westlichen Sanktionen bestehende Vorsprung des Brent-Preises zur russischen Sorte Urals zuletzt auf wenige Dollar zusammengeschrumpft ist. Der Preis für Urals-Öl ist also noch stärker gestiegen.
  • Einerseits hat Russland offensichtlich Wege gefunden, wieder mehr Öl zu exportieren, bspw. in Richtung China und Indien. Andererseits haben sowohl Russland als auch Saudi-Arabien Förderkürzungen implementiert, die kurzfristig bis zunächst Oktober verlängert werden könnten.
  • In den USA ist die Anzahl der aktiven Förderanlagen seit November 2022 von 784 auf nur noch 631 gesunken, denn neben niedrigeren Absatzpreisen hat sich im Zuge des Zinsanstiegs der letzten Monate die Fremdkapital-Finanzierung der Anlagen erheblich verteuert.
  • Vor diesem Hintergrund sind in dieser Woche die Ölimporte Chinas sowie die in den USA vermeldeten Rohöllagerbestände und die Anzahl der aktiven Bohrlöcher besonders interessant. Und auch die Notenbanken dürften mit Blick auf die anstehenden Zinsentscheide Mitte September den Ölpreis eng beobachten. Der Preis-Basis-Effekt dürfte in den kommenden Monaten nur noch im geringen Ausmaß zu einer weiter sinkenden Inflation beitragen. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Leitzinsanhebung in der Eurozone steigt.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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