3D-Druck: Die dritte Dimension (Teil 2)

Bildquelle: Pressefoto © voestalpine AG

Ein neuer Brillenbügel, ein Ersatzteil für Flugzeugtriebwerke oder gar ein menschliches Organ – und das alles auf Knopfdruck? Science-Fiction war gestern. Das moderne 3D-Druckverfahren macht heute fast alles möglich und bietet riesige Chancen für die Wirtschaft. Auch für Anleger an der Börse? In einer dreiteiligen Serie widmen wir uns diesem Zukunftsthema. In Teil 2 geht es heute um verschiedene Anwendungsgebiete des 3D-Drucks. Morgen folgt Teil 3 mit einigen Unternehmen, die sich dem 3D-Druck verschrieben haben.

Leicht, individuell und schnell…

Die Luftfahrt, die Medizin und Konsumprodukte sind drei Industriebereiche, in denen heute schon der 3D-Druck angewendet wird, dadurch eine hohe Relevanz besitzt und teilweise bei manchen Produkten schon Marktreife erreicht hat.

Der Flugzeugbau hat im Leichtbau, wie er durch additive Fertigung möglich ist, einen Faktor bekommen, der für die Zukunft entscheidend ist. Denn ein Drittel der Betriebskosten eines Flugzeuges hängen mit dem Triebstoff, dem Kerosinverbrauch zusammen. Die Herausforderung in der modernen Luftfahrtindustrie besteht darin, die Faktoren Gewicht und Performance (Stabilität, Dauerfestigkeit) unter Berücksichtigung der Kosten zu optimieren. Die additive Fertigung bietet nun die Möglichkeit, Produkte leicht, schnell und mit wenig Material (im Vergleich zu abtragenden Techniken) zu erstellen. Denn es geht ums Geld.

Bei den gegenwärtigen Preisen für Treibstoff entspricht eine Gewichtsreduktion bei einem Flugzeug um ein Kilogramm einer Kostenersparnis von durchschnittlich 5.000 Euro über die Lebensdauer eines Passagierflugzeuges. Hinzu kommt, dass im Flugzeugbau vor allem kleine Stückzahlen die Produktionskosten in die Höhe treiben. Die größte Kostenersparnis wird jedoch durch die direkte Fertigung vor Ort erreicht. Fällt ein Flugzeug aufgrund eines fehlenden Ersatzteils aus, ergeben sich sehr hohe Kosten pro Tag. Da benötigte Ersatzteile teilweise erst nach Monaten geliefert werden, entstehen wegen des fehlenden Ersatzteils hohe Gesamtkosten. Mit 3D-Druck können aufgrund kurzer Produktionszeiten von wenigen Tagen Ausfallzeiten sowie die sich daraus ergebenden Kosten erheblich reduziert werden. Der europäische Flugzeughersteller Airbus setzt beispielsweise in seiner Produktion verstärkt auf den 3D-Druck.

Die Medizin hat immer die Herausforderung des Individuums zu berücksichtigen. Bisher konnten viele medizinische Hilfsmittel (z. B. Prothesen) und Medizinprodukte (z. B. künstliche Kniegelenke oder Hüften) ausschließlich in Standardgrößen gefertigt oder nur mit relativ hohem Aufwand personalisiert werden (z. B. Abdrücke und Negativ-Modelle in der Zahnmedizin).

Der 3D-Druck ist als Konzept bestens für den medizinisch-therapeutischen Einsatz am Menschen geeignet, da im 3D-Druck schon ab Losgröße 1 – also in absoluter Personalisierung für das Individuum – produziert werden kann. Die Daten aus CT- oder MRT-Untersuchungen ermöglichen hierfür millimetergenaue Vorgaben für die 3D-Druck-Produktion. Zum einen können nun passgenaue Implantate und Prothesen erstellt werden – der klassische Herstellungsprozess entfällt komplett. Zum andern können mit Hilfe von 3D-Druck Ärzte und Chirurgen die Operationsvorbereitung an 3D-gedruckten Modellen (komplette Gefäßstrukturen am Herzen) üben und so eine ideale und vor allem realitätsnahe Vorbereitung für eine geplante Operation haben. Für den Patient bedeutet das eine Reduzierung des Operationsrisikos. In naher Zukunft könnte noch ein weiterer dritter Faktor hinzukommen: Das Drucken von Organen und menschlicher Stammzellen – die Forschung hierzu läuft auf Hochtouren.

Konsumgüter werden in der Regel in sehr großen Stückzahlen unter großem Kostendruck und in kurzen Abständen wechselnden Kollektionen produziert. Produkte wie Sportartikel werden darum in den meisten Fällen per Spritzgussverfahren hergestellt, was die wirtschaftliche Fertigung vieler Millionen Teile in kurzer Zeit ermöglicht. Durch die werkzeuggebundene Fertigung entstehen jedoch nicht nur lange Wartezeiten bis zum Produktionsstart. Zudem legt sich ein Hersteller durch die Spritzgussform sehr früh auf ein Produktdesign fest, dass sich später nur unter großem Kostenaufwand ändern lässt.

Hier verändert der 3D-Druck nicht direkt das Endprodukt, sondern die traditionellen Verfahren des Spritzgusswerkzeug- und Formenbaus, was auch als Rapid Tooling bezeichnet wird. Denn individualisierte Produkte, die in Losgröße 1 gefertigt werden, sind mit werkzeuggebundenen Fertigungsverfahren kaum umsetzbar. Nur bei kleineren Stückzahlen wie zum Beispiel beim Sportschuh mit Sondergrößen erscheint eine Individualisierung sinnvoll. Hier kann 3D-Druck direkt Konsumgüter beeinflussen, weil die Produktionszeit bei 3D-Druck deutlich niedriger ist, als im Vergleich zum Spritzgussverfahren. Hinzu kommt: Kundenwünsche können schnell in die Tat umgesetzt, Lieferzeiten immens verringert und Produktionsfehler vorab vermieden werden.


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