Lies Dich fit Teil I: Deutschland – Schulden, Schulden, Schulden …

In den kommenden Wochen werden wir auf markteinblicke.de immer wieder einmal ein paar Texte aus dem aktuellen Buch unserer Kollegen Rolf Morrien und Janne Jörg Kipp veröffentlichen.

Ich selbst habe das ganze Buch schon durch und kann getrost sagen: Es lohnt sich dieses zu kaufen, anschließend ist man schlauer, was die aktuelle Schuldenproblematik in der Euro-Zone und außerhalb dieser angeht.

Deutschland versinkt im Schuldensumpf. Die Zahlen nehmen historische Dimensionen an: Die offizielle Staatsverschuldung ist Ende 2009 auf 1,7 Billionen Euro gestiegen.

Laut dem Bund der Steuerzahler wächst der Schuldenberg in Deutschland pro Sekunde (!) um 4.439 Euro. Vom Baby bis zum Greis hat jeder Deutsche rund 21.000 Euro Schulden. Allein die Zinslast liegt trotz der aktuellen Niedrigzins-Phase bereits bei 70 Mrd. Euro pro Jahr. Im Jahr 2011 können wir dann auch noch ein trauriges Jubiläum feiern: Dann ist es genau 50 Jahre her, dass Deutschland die Nettoverschuldung über einen längeren Zeitraum systematisch senken konnte. Seit 1961 stieg die Staatsverschuldung praktisch ohne Unterbrechung, oder stagnierte im besten Fall. Deutschland verstößt seit dem Krisenjahr 2009 gleich mehrfach gegen die Maastricht-Kriterien für Stabilität im Euro-Raum. Die

Neuverschuldung 2009 lag bei über 3%. 2010 bessert sich das nicht. Die Gesamtverschuldung hat die Grenze von 60% des Bruttoinlandsprodukts längst überschritten. Es ist paradox: Deutschland hat einst für die Stabilitätsregeln gekämpft und gehört jetzt selbst zu den „Sündern“, die dagegen verstoßen. Ein Musterschüler sieht anders aus.

Zweierlei Maß für Unternehmen und Staaten

Die Lage der deutschen Staatsfinanzen ist alles andere als rosig. 2010 wird erneut ein Horrorjahr für den Finanzminister. Ob 2011 oder 2012 eine Wende eingeleitet wird, steht noch in den Sternen. Man muss sogar kritisch hinterfragen, ob Deutschland tatsächlich noch das bestmögliche Kredit-Rating von „AAA“ verdient hat. Wenn es ein Bewertungsmuster mit festen Kriterien geben würde, hätte Deutschland wohl schlechte Karten. Da die Notengebung durch die großen Rating-Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch jedoch ein ewiges Rätsel bleiben wird, kann Deutschland hoffen, noch länger das AAA-Rating verteidigen zu können (das macht die Kredite billiger).

Die Schuldenentwicklung zeigt Ihnen jedoch, dass die Lage ernst, ja sogar dramatisch ist. Ein Unternehmen, das über 50 Jahre praktisch nur Verluste erwirtschaftet, würde von der Bank oder am Rentenmarkt keinen einzigen Cent Kredit mehr bekommen.

Mini-Renditen trotz Rekordverschuldung

Ganz anders beim Schuldner Deutschland. Unser Land gilt noch immer als erstklassiger Schuldner. Wenn Sie die Umlaufrendite der deutschen Staatsanleihen betrachten, könnten Sie sogar auf die Idee kommen, dass jedes Krisenjahr die deutschen Staatsanleihen noch beliebter macht. Die Renditen sinken und sinken. Die Investoren verlangen ständig geringere Risikoaufschläge.

Dabei handelt es sich noch nicht einmal um eine „knappe Ware“. Deutsche Staatsanleihen gibt es auch 2010 massenhaft: Zum einen müssen Altschulden refinanziert werden, zum anderen kommt eine geplante Neuverschuldung in Höhe von bis zu 80 Mrd. Euro hinzu (die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland). Diese Zahlen werden am Rentenmarkt jedoch wohlwollend aufgenommen. Die Umlaufrendite (= Durchschnittsrendite) der deutschen Staatsanleihen fällt im 10-Jahresrückblick von Rekordtief zu Rekordtief. Die Anleihenkäufer geben sich mit Mini-Renditen von gut 2% zufrieden.

Deutschland als Schuldner: Unter den Blinden ist der Einäugige der König

Wenn Sie die Renditen der deutschen Staatsanleihen mit den Renditen der anderen EU-Staaten vergleichen, werden Sie feststellen, dass sich Deutschland außergewöhnlich günstig verschulden kann – und das gilt nicht nur für einen Vergleich mit Renditen von griechischen Staatsanleihen.

Der Grund: Die Lage der deutschen Staatsfinanzen ist desaströs, aber die Verschuldungssituation der anderen Staaten ist – was kaum zu glauben ist – noch schlechter.

Die Schulden sind in Deutschland relativ gleichmäßig gestiegen. Lag die staatliche Schuldenquote zu Beginn der deutschen Einheit bei 36% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), liegt die Quote knapp 20 Jahre später bei 73%. Die Unternehmen außerhalb des Finanzsektors haben die Schulden von 48 auf 69% des BIP erhöht. Fast schon als solide können die deutschen Privathaushalte gelten, die die Verschuldungsquote nur moderat auf 64% erhöht haben.

Die höchste Steigerungsrate bei den Schulden weist – und wen kann das angesichts der jüngsten Krisen noch verwundern? – der Finanzsektor auf.

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Fazit: Alle Gruppen haben am Schuldenrad gedreht. Der Anstieg verläuft jedoch relativ gleichmäßig. Damit ist die Schuldensituation im internationalen Vergleich noch relativ harmlos. Der Schuldenanstieg führt, wenn die Entwicklung in dieser Form fortgesetzt wird, zu einem schleichenden Bankrott, nicht zu einem schnellen Zusammenbruch. Diese Aussichten reichen, um die internationalen Investoren in deutsche Staatsanleihen zu treiben. Deutschland gilt trotz der riesigen Probleme als ein „sicherer Hafen“.

Warum diese Einschätzung nicht stimmen kann, erfahren Sie im 2. Teil der kleinen Serie Lies Dich fit aus dem Buch „Staatsbankrott voraus!“