Anlegen 2024: Weniger Stress und Sorgen!

"Auch die großen, professionellen Anleger wissen nicht, was die Börse morgen macht. Beim Anlegen geht es vielmehr darum, sich zu emanzipieren und unabhängig zu machen von Marktgeschehen oder der Tagesform des DAX oder des MSCI."

(Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG)

In der letzten Ausgabe meiner Kolumne haben Sie an gleicher Stelle von mir den Appell gelesen, dass Sie sich bitte Ihre eigene Aktienrente bauen sollen und auch bauen müssen, nachdem die Bundesregierung nicht die Kraft hatte, dieses so wichtige Projekt umzusetzen. Mittlerweile ist sogar der kleinste gemeinsame Nenner in Bezug auf die kapitalgedeckte Altersvorsorge dem Rotstift zum Opfer gefallen. Auch das Generationenkapital wird erst einmal nicht kommen und ist in die Zukunft verschoben.

Fehlendes Generationenkapital ist fatal

Das alles wirkt fatal für uns alle und ganz besonders für die jüngeren Generationen. So wird die Situation immer toxischer. Schon heute müssen jedes Jahr über 100 Milliarden Euro Steuergelder in das Rentensystem gepumpt werden, um überhaupt die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger aus der gesetzlichen Rentenversicherung bedienen zu können. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nochmals deutlich verschärfen. Denn nunmehr treten die geburtsstarken Jahrgänge ins Rentenalter ein und gleichzeitig beginnen die geburtenschwachen Jahrgänge ins Arbeitsleben einzusteigen. Hier öffnet sich eine Schere, die zu immer weniger Beitragszahlern bei immer mehr Beitragsempfängern in der Rentenkasse führt.

Der Druck auf die gesetzliche Rentenversicherung wird also merklich größer und daher ist es unumgänglich, den Kapitalmarkt als eine Säule für sich und auch für die gesetzliche Rentenversicherung nutzbar zu machen.

Finanzbildung wirkt – langsam aber sicher

Nach meinem Appell in der letzten Kolumne haben mich verschiedene motivierende Zuschriften erreicht, für die ich mich ausdrücklich bedanken möchte. Diese grenzen sich auch deutlich von dem ab, was ich sonst in der öffentlichen Debatte erleben muss. Denn dort sieht man meist ungeschminkt, wie negativ es wirkt, dass wir in Sachen Finanzbildung von der Bundesregierung wie auch den Landesregierungen in der Schule, in der Ausbildung, im Studium oder auch sonst im öffentlichen Diskurs auf uns allein gestellt sind und keine Unterstützung beim Thema Vorsorge und Altersvorsorge erhalten.

Indirekt hat sich aber doch einiges geändert. Zwar werden wir zunächst nicht von einer individuell wirkenden, sich aus den Rentenbeiträgen speisenden Aktienrente profitieren. Allein die Diskussion in den letzten zwei Jahren hat aber dazu geführt, dass sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger hierzulande um das Thema Vorsorge und eben auch das Thema Kapitalmarkt sowie Aktie kümmern.

Grundvoraussetzung dafür müsste sein, dass wir alle wissen, was wir tun, wenn wir uns dem Kapitalmarkt nähern und beginnen anzulegen. Natürlich bedeutet „Wissen“ dabei nicht, wo der DAX morgen oder in 12 Monaten steht. Erstens weiß das niemand und zweitens kommt es darauf auch nicht wirklich an. Zu beobachten ist aber immer wieder, dass genau diese Frage – und zwar dominant – gestellt wird und das immer und immer wieder. Und da man darauf keine Antwort hat und es darauf auch keine Antwort gibt, fühlt man sich erdrückt von der Ungewissheit und macht lieber gar nichts, bevor man einen Fehler macht.

Die Struktur des Portfolios entscheidet

Diese Sorgen möchte ich Ihnen ausdrücklich nehmen. Auch die großen, professionellen Anleger wissen nicht, was die Börse morgen macht. Beim Anlegen geht es vielmehr darum, sich zu emanzipieren und unabhängig zu machen von Marktgeschehen oder der Tagesform des DAX oder des MSCI. Es geht um die Struktur eines Portfolios und nicht darum, dass der Kurs heute mal hoch und morgen wieder runter geht. Den Stress können Sie sich sparen, indem Sie sich vor Ihrem Investment Gedanken machen, warum Sie eine Aktie, einen Fonds, ein ETF oder was auch immer erwerben.

Und genau dieser Grund bzw. die Idee, die Sie mit einem Investment verbinden, ist die Basis Ihrer Gedankenwelt und Ihrer regelmäßigen Neubewertung. Es darf aber nicht der Kurs oder der Markt sein, der Sie dominiert. Diese und damit Ihre Anlageidee sollten Sie in regelmäßigen Abständen – aber bitte nicht zu oft – überprüfen und eben nicht jeden Tag mehrfach in Ihr Depot schauen, um zu kontrollieren, ob der Kurs nun gestiegen oder gesunken ist.

Mehr Gedanken vor der Anlagen ersparen später Tränen. (Bildquelle: unsplash / Getty Images)

Sie merken, es geht im Kern um Unabhängigkeit und eine eigene Inspiration, warum man das eine tut und das andere lässt. Auch ist es nicht sinnvoll, sich selbst jeden Tag oder jede Woche aufs Neue zu prüfen und seine Anlageentscheidung zu hinterfragen. Das wäre für Sie nur dann einschlägig, wenn Sie sich als Trader sehen und nicht als Anleger. Als Trader gehen Sie aber eh ganz anders an die Anlageentscheidung heran, so dass das vielleicht sogar die erste Frage ist, die Sie sich stellen sollten und müssen: Sind Sie ein Trader, der taktisch und technisch unterwegs ist, oder sind Sie ein Anleger, der langfristig und strategisch denkt?

All das soll Ihren Stress und Ihre Sorge beim Anlegen reduzieren. Und natürlich hört sich das alles furchtbar einfach an. Wenn Sie ein Anleger von BASF oder Bayer sind, werden Sie bei einem Blick in Ihr Depot das Voranstehende nicht so recht greifen können. Aber selbst bei diesen beiden Beispielen stellt sich doch die Frage, warum Sie die Aktien irgendwann einmal erworben haben und mit welchem Zeithorizont Sie an diese Anlage herangegangen sind. Und selbst wenn die Kurse eingebrochen sind, sollten Sie den Total Return Ihrer Investitionen nicht aus dem Auge verlieren. Um in dem Bespiel zu bleiben: Gerade bei BASF und Bayer spielt die Dividende bei der Gesamtrendite eine enorm große Rolle.

Tun Sie sich also selbst den Gefallen und stressen Sie sich nicht zu sehr beim Anlegen. Dies gilt für Neuanleger genauso wie für „alte Hasen“. Und Sie werden merken, das noch junge Börsenjahr 2024 wird entspannter und damit besser für Sie.

Ein Beitrag von Marc Tüngler

Er ist Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) und ist ein profunder Kenner des deutschen Aktienmarktes. Als Redner und Aktionärsvertreter auf vielen Hauptversammlungen weiß er um die Befindlichkeiten von Vorständen und Aktionären.
www.dsw-info.de

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