Um 10: Die Lage beruhigt sich – Zinsen und Volatilität als Probleme bleiben

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Aufatmen an der Börse. Nach dem Kursrutsch der vergangenen Tage beruhigt sich die Situation zunächst. Aber die Unsicherheitsfaktoren bleiben. Was passiert mit den Zinsen und was mit der Volatilität. Beides stellte in der Vergangenheit kein Problem dar. Beides aber führt jetzt dazu, dass Portfolios neu bewertet werden müssen, weil sie dann doch schneller steigen können als erwartet.

Die Zinsen für zweijährige und fünfjährige US-Staatsanleihen sind seit September vergangenen Jahres um 100 Basispunkte angestiegen. Die Anlage in US-Staatsanleihen über zwei Jahre Laufzeit bringt jetzt 2,2 Prozent Rendite – im September waren es nur 1,2 Prozent. Die fünfjährigen Renditen stiegen von 1,6 auf 2,6 Prozent. Aktienmarktbewertungen werden relativ zu Zinsen durchgeführt. Der Renditeanstieg, sollte er weitergehen, lässt Aktien plötzlich relativ teuer erscheinen. Das Argument für Aktien, dass Dividendenrenditen selbst bei einer Verdopplung der Aktienkurse relativ zum Nullzins noch attraktiv sind, gilt nicht mehr. Sicherlich würde es noch gelten, wenn man den DAX (WKN: 846900 / ISIN: DE0008469008) isoliert betrachtet. Das kann man aber nicht tun, da der DAX sich nicht von der Wall Street abkoppeln kann. Das Schicksal des mittlerweile fast zehn Jahre alten Bullenmarktes an der Wall Street wird sich damit wohl an der Zinsfront entscheiden.

Hinzu kommt das Problem mit der plötzlich anziehenden Volatilität. Die Liquidität am US-Aktienmarkt ist auf ein 10-Jahrestief eingebrochen. Die Spreads in den Futures vom Dow Jones Industrial Average haben sich ausgeweitet. Darauf zu setzen, dass die Volatilität fällt, hat über sieben Jahre eine jährliche Rendite von 41,6 Prozent erwirtschaftet und damit die Marktrendite deutlich übertroffen. Den Preis allerdings, der dafür zu zahlen ist, wenn das nicht mehr funktioniert, sehen wir jetzt etwa an dem von der Credit Suisse aufgelegten ETN mit dem Symbol XIV. Mit diesem Produkt setzten Anleger auf eine sinkende Volatilität über die Zeit. Als diese sich aber am Montag schlagartig mehr als verdoppelte, brach der Kurs des ETNs um über 90 Prozent ein. 3,2 Milliarden Dollar wurden in dieses Produkt investiert in der Annahme, dass die seit dem Jahr 1990 aufgetretenen Anstiege im VIX von maximal 51-64 Prozent nicht übertroffen werden. Das war eine teure Fehleinschätzung. Jetzt ist das Geld weg. Die Credit Suisse verkündet heute Morgen, das Produkt nicht mehr anbieten zu wollen. Über dieses Ereignis hinaus stellt die Volatilitätszunahme ein über das gesamte Jahr 2018 gehendes Problem dar. Risikobewertungsmodelle müssen jetzt mit einer höheren Volatilität kalkulieren, was zu einer Abnahme der am Markt zu beobachtenden Liquidität führen wird.

Jochen StanzlEin Beitrag von Jochen Stanzl

Er ist Chef-Marktanalyst bei CMC Markets, Frankfurt. Davor war Jochen Stanzl über 15 Jahre bei der BoerseGo AG als Finanzmarktanalyst tätig und hat unter anderem die Portale GodmodeTrader, Jandaya und die Investment- und Analyseplattform Guidants mit aufgebaut und als erfolgreiche Kanäle in der deutschen Trading-Community etabliert. Sein analytischer Fokus liegt auf der Kombination aus technischer und fundamentaler Analyse von Währungen, Rohstoffen, Anleihen und der weltweiten Aktienmärkte.

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