EZB-Ratssitzung ist nur zweitrangig

Sollte die Inflationsprognose für 2024 deutlich gesenkt werden, könnten Spekulationen über eine zeitnahe Leitzinssenkung wieder stärker ausfallen. Wir rechnen mit einem ersten Lockerungsschritt spätestens im Juni.

(Bildquelle: unsplash / Jannik Selz)

Die EZB dürfte ihre Leitzinsen am Donnerstag nicht anpassen und auch das weitere Vorgehen beim langsamen Abbau ihrer Bilanz durch die nicht vollständige Wiederanlage von fälligen Wertpapieren unverändert lassen. Für Überraschungspotenzial könnten die neuen Projektionen für Inflation und Wachstum in der Eurozone in den kommenden Jahren sorgen. Erwartet werden jeweils schwächere Indikationen.

Sollte die Inflationsprognose für 2024 deutlich gesenkt werden, könnten Spekulationen über eine zeitnahe Leitzinssenkung wieder stärker ausfallen. Wir rechnen mit einem ersten Lockerungsschritt spätestens im Juni. Zumindest für zyklische Industriesektoren könnte die Verkündung des Wachstumsziels für 2024 im Rahmen des Nationalen Volkskongresses Chinas marktbewegender ausfallen.

Eine Wachstumserwartung von über 5 Prozent ließe auf eine künftig stärkere fiskalische und geldpolitische Stützung der chinesischen Wirtschaft mit positiven Ausstrahlwirkungen für die weltweite Exportwirtschaft hoffen. Die relevantesten Daten werden in dieser Woche in den USA veröffentlicht:

  • Zunächst gibt der ISM-Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen, v.a. die Preiskomponente, einen Eindruck über die künftige Wachstumsdynamik und damit den weiteren Inflationsdruck.
  • Es folgen einige für den Arbeitsmarkt aussagekräftige Daten, wie die JOLTs Stellenangebote, also die Anzahl der offenen nicht besetzten Stellen. Diese sind zwar zuletzt gefallen, zeigten aber mit rund 9 Millionen noch immer einen deutlichen Nachfrageüberhang nach Arbeitskräften auf.
  • Am Freitag folgt der US-Arbeitsmarktbericht für Februar, der im Vormonat noch sehr positiv überraschte. In der Folge verschob sich der erwartete Zeitpunkt für eine erste Leitzinssenkung der Notenbank Fed auf Juni.

Es bleibt fraglich, wann das anhaltend hohe Zinsniveau und die zuletzt wieder gestiegenen Marktrenditen und Hypothekenzinsen für eine ausreichende Abbremsung der US-Konjunktur und damit ein deutliches Nachlassen der Inflation sorgen werden. Nicht zuletzt dürfte der amtierende US-Präsident Biden genau auf die neuesten volkswirtschaftlichen Daten schauen. Ihm wäre eine Quadratur des Kreises am liebsten, also eine weiter ordentliche Wachstumsdynamik und ein gut ausgelasteter Arbeitsmarkt bei einer weiter sukzessive sinkenden Inflation – eine nur schwer lösbare Aufgabe für die Fed.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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