Die Inflation in Deutschland stagnierte bei 2,2 Prozent auf dem Vormonatswert (nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts) und überraschte damit erneut positiv. Denn erwartet worden war ein leichter Anstieg aufgrund der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer für Gas und Fernwärme Anfang April. Trotz dieses preistreibenden Effekts sanken die Energiepreise und zogen zusammen mit nur unterdurchschnittlich ansteigenden Preisen für Nahrungsmittel und Waren die Gesamtteuerungsrate nach unten. Lohninduziert stärker steigende Preise für Dienstleistungen wurden überkompensiert. Da auch auf Ebene der gesamten Eurozone keine steigende Inflationsrate zu erwarten ist, ist der Weg für eine erste Leitzinssenkung durch die EZB Anfang Juni frei.
Die Lage in den USA ist anders
Anders sieht die Situation in den USA aus. Wie die EZB steuert auch die US-Notenbank Fed datenabhängig ihren weiteren geldpolitischen Kurs. Trotz eines mit 1,6 Prozent schwächer als erwartet ausgefallenen Wirtschaftswachstums im ersten Quartal,fiel die Inflation im März mit 3,5 Prozent noch deutlich zu hoch aus. Vor diesem Hintergrund wird die Fed in dieser Woche keine Zinssenkung beschließen und voraussichtlich auch keinen konkreten Zeitpunkt für einen ersten Zinsschritt andeuten.
Besonders relevante volkswirtschaftliche Daten werden erst nach der Fed-Sitzung am Mittwoch veröffentlicht. Dabei richtet sich der Fokus auf die April-Arbeitsmarktdaten – und insbesondere auf die im März deutlich gestiegene Anzahl neuer Beschäftigungsverhältnisse sowie den Anstieg der Stundenlöhne.
Kurz vor dem Wochenende folgt dann der ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich. Hier sind vor allem die Beschäftigungs- und die Preiskomponente beachtenswert, denn neben der Frage wie stark der Nachfrageüberhang nach Arbeitskräften die Löhne treibt, ist die Fähigkeit der Unternehmen zum Durchreichen höherer Kosten an die Endverbraucher ein wesentlicher Inflationstreiber.
Zinssenkung vor der Präsidentschaftswahl?
Es ist zwar davon auszugehen, dass anhaltend hohe Zinsen die Kauflaune vieler Konsumenten langsam schmälern und auch dem Bankensektor durch sinkende Immobilienpreise Sorgen bereiten. Ob der Bremseffekt für die US-Konjunktur allerdings so stark ausfällt, dass es noch vor der Präsidentschaftswahl im November für eine Zinssenkung reicht, wird man erst den Daten im Sommer entnehmen können. Bis dahin dürfte die Spekulation über den konkreten Zeitpunkt weiter eines der wichtigsten Themen an den Börsen bleiben und größere Aufwärtsimpulse vorerst fehlen.
Ein Kommentar von Carsten Mumm
Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.
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