Legendär ist der Satz von Bill Clinton aus dem Präsidentschaftswahlkampf 1992, als er sagte: „Stupid! It’s about the economy“. Ein Jahr zuvor stand der amtierende Präsident George W. Bush nach dem gewonnenen ersten Irak-Krieg auf dem Höhepunkt der Wählergunst. Doch ein Jahr später, war den Amerikanern die eigene Wirtschaft näher als die bereits verblassten militärischen Erfolge im nahen Osten. Eine solche Zeitenwende erleben wir aktuell auch mit dem Internet und den damit verbundenen Geschäftsmodellen.
Neben Nvidia gibt es noch mehr
Vordergründig schaut im Moment die ganze Welt auf den Chiphersteller Nvidia und dessen Aufstieg in den Börsenolymp. Die Gleichung ist einfach: Nvidia ist Monopolist eines raren wie begehrten Guts, den KI-Chips und kann im Moment verlangen was es will. Doch Chips sind nur eine Seite des KI-Booms. Die neuen Large-Language-Sprachmodelle (LLMs) wie ChatGPT von OpenAI und Gemini von Alphabet oder LLaMA von Meta sind süchtig nach Daten. Denn LLMs brauchen Daten, möglichst von sehr hoher Qualität und zunehmend auch branchen- und themenspezifisch, um ihre Sprach- bzw. Antwortfähigkeit deutlich zu verbessern. Immerhin ist OpenAI gefüttert mit Wikipedia Daten.
Doch die hochwertigen Content-Anbieter wie die New York Times wehren sich mit Klageschriften gegen die „Copy-Paste“ Methodiken von OpenAI und Co. Wenn KI das neue Goldschürfen ist, dann sind die Goldnuggets gleichbedeutend mit Daten. Klar ist auch, dass nur eine Handvoll von Anbietern mit allgemeinen Sprachmodellen übrig bleiben werden. Vorbild ist das Cloud-Computing, wo sich die drei Plattformen von Amazon mit AWS, Microsoft mit Azure und Alphabet mit der Google Cloud Alphabet, Meta, OpenAI und Microsoft den Markt quasi unter sich aufteilen und rund 65 Prozent Marktanteil repräsentieren.
Bei den allgemeinen Sprachmodellen dürften Alphabet, Amazon, Meta, Microsoft und OpenAI und der große Unbekannte Apple den Markt unter sich aufteilen. Deren Blicke richten sich nun auf die Anbieter, die sehr guten Content, also Daten aggregieren und bereitstellen. Der Anbieter, der das beste und weitreichendste Inhalte-System aufbaut wird mit seinen Sprachmodellen ganz vorne liegen und damit auch einen gewaltigen Umsatz- und Gewinnhebel vor sich haben. Der interessierte Anleger fragt nun zurecht, welche Unternehmen das sein könnten?
Was geht bei Reddit?
Wir wollen uns zwei davon näher Anschauen und zwischen dem B2C, also Endkundenmarkt und B2B, dem Geschäftskundenmarkt differenzieren. Aufsehen erregte jüngst die Ankündigung des Börsengangs von Reddit. Kein geringerer als Sam Altman, Gründer und Chef von OpenAI hat bereits vor zehn Jahren in den Social-News-Aggregator investiert. Mitglieder stellen dort Beiträge zu vielfältigen Themen ein, die dann von den Mitgliedern bewertet werden. Entsprechend der Bewertung steigt oder fällt das Ranking des jeweiligen Beitrags.
Als Sam Altman vor zehn Jahren eine 50 Mio. Dollar schwere Investorenrunde bei Reddit anführte, gab er zu, dass er den Dienst schon neun Jahre nutzt und kommentierte sein Investment mit den Worten „ein Beispiel für etwas, das anfangs wie ein albernes Spielzeug zur Zeitverschwendung aussah und sich zu etwas sehr Interessantem entwickelt hat“. Und tatsächlich kommt Reddit inzwischen auf einen Jahresumsatz von 804 Mio. Dollar. Mit seinem S-1 Börsenprospekt ließ Reddit aufhorchen, denn es erzielt bereits rund 10 Prozent seiner Umsätze, rund 60 Mio. Dollar, mit dem Verkauf von Inhalten an große Sprachmodelle.
Die „Box“
Im B2B-Segment gibt es ebenfalls mehrere spannende Player im Silicon Valley, die zu den nachhaltigen Inhalte-Profiteuren gehören. Zu nennen ist an erster Stelle Box, das „Dropbox“ für Firmenkunden und Behörden. Bisher nutzen die Unternehmen Box mehrheitlich zur digitalen Ablage von Dokumenten. Doch nun wird dieser Datenbestand für die Unternehmen zu einer unschätzbaren Wissensbasis. Box hat nun folgerichtig die Partnerschaft mit Microsoft ausgebaut und integriert die Azure OpenAI von Microsoft in seine Lösung und vermarktet dies als Box AI für die Branchensegmente Finanzdienstleister, Versicherer, Life Sciences und Behörden. Und tatsächlich könnten die Datenanbieter die längerfristig interessantere Anlageform für Anleger sein.
Als kürzlich OpenAI Chef Sam Altman von einem sieben Billionen Dollar Investment in die Chip-Industrie sprach, führte Jensen Huang, also der Nvidia CEO an, dass sich die Technologie hinter der künstlichen Intelligenz ständig weiterentwickelt und verbessert, was die Kosten senken würde. Auf die Frage, wie viele Grafikprozessoren (GPUs) er für sieben Billionen Dollar kaufen könnte, antwortete Huang: „offenbar alle GPUs“, womit er sich über Altmans Zahl lustig machte.
Ein Beitrag von Thomas Rappold
Er ist Internetunternehmer, Buchautor und Investor. Bereits mit 14 Jahren erlernte er die frühen Programmiersprachen im Selbststudium auf dem damaligen Kultcomputer Commodore C64. Er ist profunder Kenner des Silicon Valley und dort an verschiedenen Start-ups beteiligt.
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