EZB als Trendsetter

Während der KI-Wahnsinn weitergeht und NVIDIA beim Börsenwert die Marke von 3 Billionen US-Dollar knackt, unternimmt die EZB einen waghalsigen Schritt. Die Fed zögert noch.

(Bildquelle: Pressefoto Europäische Zentralbank)

Die EZB hat beschlossen, die Leitzinsen um 25 Basispunkte zu senken. Es war der erste solche Schritt seit 2019. Beim Hauptrefinanzierungssatz geht es von 4,50 auf 4,25 Prozent. Und dies, obwohl man laut Prognosen bei der Inflation im Jahresdurchschnitt erst 2026 unter das EZB-Ziel von 2 Prozent kommen soll. Die Börsen zeigten sich nach dieser Entscheidung wenig bewegt. Schließlich war dieser Schritt erwartet worden. Tim Winstone, Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors, sagt sogar, dass dies „eine der am meisten erwarteten Zinssenkungen überhaupt“ gewesen sei.

US-Inflation bleibt „sticky“

Deutlich mehr Unsicherheiten bietet die Frage, ob weitere Zinsschritte nach unten folgen werden, zumal sich die Inflation auch hierzulande zuletzt etwas nach oben bewegt hatte. In den USA scheint das Problem der hartnäckigen bzw. „klebrigen“ („sticky“) Inflation noch stärker ausgeprägt zu sein. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass sich die Fed bei den erhofften Leitzinssenkungen etwas mehr Zeit lässt. Zumal die jüngsten Arbeitsmarktdaten die Wahrscheinlichkeit für eine baldige Leitzinssenkung vonseiten der US-Währungshüter gesenkt haben dürften.

Die US-Arbeitslosenquote stieg zuletzt wieder. (Bildquelle: unsplash / Lerone Pieters)

Mit 272.000 wurden im Mai in der US-Wirtschaft deutlich mehr Stellen geschaffen als erwartet. Die Arbeitslosenquote stieg jedoch von 3,9 auf 4 Prozent. Mit Blick auf eine mögliche Leitzinssenkung der Fed könnte auch der Blick auf die Löhne problematisch sein. Diese legten im Vormonatsvergleich um +0,4 Prozent zu. Erwartet wurde nur ein Anstieg um 0,3 Prozent. Im Vorjahresvergleich stiegen die Löhne um 4,1 Prozent. Erwartet wurde ein Plus von 3,9 Prozent. Damit könnten die Sorgen vor einer anhaltenden Inflation zurückkehren. Wir dürfen gespannt sein, ob die US-Verbraucherpreise und die Fed-Sitzung in der kommenden Woche für mehr Klarheit sorgen werden.

Das bringt die neue Börsenwoche (KW24-2024)

Montag / Eurozone / Sentix-Konjunkturindikator: Zuletzt zeigten sich viele europäische Konjunkturindikatoren erholt. Bei der Dekabank rechnet man, dass sich dieser Trend mit Blick auf den Sentix-Konjunkturindikator zuletzt fortgesetzt haben sollte.

Mittwoch / USA / Verbraucherpreise: Die überraschend starke US-Arbeitsmarktdaten haben eine baldige Fed-Leitzinssenkung unwahrscheinlicher gemacht. Ähnlich verhält es sich mit dem überraschend starken Lohnanstieg. Diese heizt die Inflationssorgen an. Für mehr Klarheit dürften die neuesten US-Verbraucherpreise sorgen. Klammert man die Nahrungsmittel und Energie aus, dann könnte der Mai aus Sicht der Dekabank-Analysten bereits der siebte Monat in Folge mit einer aus geldpolitischer Sicht zu hohen Preisdynamik werden.

Mittwoch / USA / Fed-Zinsentscheid: Kurz nach Bekanntgabe der US-Verbraucherpreise gibt die Fed ihre Zinsentscheidung bekannt. Dass dieses Mal kein Zinsschritt erfolgt, wird erwartet. Zuletzt wurde jedoch selbst eine September-Leitzinssenkung etwas unwahrscheinlicher. Bei der Dekabank rechnet man damit, dass die FOMC-Mitglieder die Summe der erwarteten Leitzinssenkungen für dieses Jahr von derzeit 75 Basispunkten reduzieren werden.

Alle anderen Daten der Woche und Prognosen finden Sie in unserem Wirtschaftskalender.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Die EZB hat es endlich getan, die Fed zögert weiterhin mit Leitzinssenkungen. Langfristig orientierte Anleger müssen sich allerdings nicht ständig fragen, wie der nächste Zinsschritt der wichtigsten Notenbanken aussehen wird. Auf lange Sicht haben Aktien ihre Renditeträchtigkeit immer wieder unter Beweis gestellt, und dies in Phasen hoher und niedriger Zinsen, aber auch in wirtschaftlich schwierigen Perioden. Aus Sicht der mE-Redaktion sind Baustein-Aktien sogar besonders gut geeignet, bei Anlegern für einen ruhigen Schlaf zu sorgen.

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE-Herausgeber

Christoph A. Scherbaum & Marc. O. Schmidt