Zwischen Politik und Zinsentscheid

Zuletzt haben vor allem politische Ereignisse die Schlagzeilen an den Börsen geprägt. Nun geraten die Notenbanken erneut in den Fokus.

(Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG)

Zuletzt haben vor allem politische Ereignisse die Schlagzeilen geprägt: die vorgezogenen französischen Parlamentswahlen, die Wahl des Unterhauses in Großbritannien und das erste Fernsehduell zwischen Joe Biden und Donald Trump im Zuge des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA.

Die Auswirkungen auf die Börsen lassen sich kurzfristig in Form steigender Risikoprämien für französische Staatsanleihen und andere Schuldner der Eurozonen-Peripherie ablesen, sowie an einer unterdurchschnittlichen Entwicklung des französischen Aktienindex CAC 40.

Zwar dürften die Risikoprämien angesichts der unsicheren politischen Lage in Frankreich vorerst erhöht bleiben. Allerdings hat sich die größte Sorge bereits gelegt, nachdem weder das Linksbündnis noch der Rassemblement National von Marine Le Pen eine absolute Mehrheit erreichen konnten. Damit dürfte der Fokus von Anlegern wieder auf fundamentale Einflussfaktoren schwenken.

In den USA werden in dieser Woche die Juni-Daten zum Anstieg der Verbraucher- und Erzeugerpreise veröffentlicht. Beide werden stabil bzw. leicht schwächer erwartet. Zusammen mit der vielbeachteten Anhörung des Präsidenten der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, vor dem Kongress könnte sich die Erwartung der Marktteilnehmer an künftige Leitzinssenkungen ändern.

Bisher geht man von zwei Zinsschritten bis zum Jahresende aus. Allerdings dürfte Powell kaum konkrete Ankündigungen schon jetzt vornehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er auf bestehende Inflationsrisiken verweisen und den bisherigen Kurs der datenabhängigen Ausrichtung der künftigen Geldpolitik untermauern wird.

Darüber hinaus werden Anleger auf die beginnende Unternehmensberichtssaison für das zweite Quartal achten. Sowohl die jüngsten Stimmungsindizes als auch die schwachen Daten zur Produktion im Verarbeitenden Gewerbe, zum Auftragseingang für die Industrie und zum Außenhandel in Deutschland im Juni legen negatives Überraschungspotenzial bei Industrieunternehmen nahe.

Etwas besser dürften sich nach wie vor viele Dienstleister entwickelt haben, während einige Technologie-Unternehmen weiterhin vom Megatrend der Investitionen in IT-Infrastruktur und Künstliche Intelligenz profitieren dürften. Besonders von Interesse ist in diesem Zusammenhang der Ausblick der Unternehmen auf die kommenden Monate.

Bisher war dieser auch in Europa noch überwiegend konstruktiv angesichts einer erwarteten Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr. Nicht alle Unternehmen dürften jedoch uneingeschränkt positive Erwartungen haben, daher sind kurzfristig deutlich differenzierte Aktienkursentwicklungen wahrscheinlich.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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