NVIDIA: Was hat sich geändert?

Einigen wird die Marktmacht von NVIDIA im KI-Chip-Bereich unheimlich. Dazu gehören offenbar auch die US-Wettbewerbsbehörden.

(Bildquelle: NVIDIA Presse)

Bei Anwendung objektiver Maßstäbe hat NVIDIA (WKN: 918422 / ISIN: US67066G1040) überragende Quartalsergebnisse und Prognosen abgeliefert. Beim KI-Darling ist jedoch schon lange nichts mehr normal, zumal die jüngsten Zahlen auch gezeigt haben, dass die KI-Story noch lange nicht auserzählt sein dürfte. Gleichzeitig ruft jedoch die Marktmacht des Spezialisten für Grafikprozessoren mutmaßlich die Wettbewerbshüter auf den Plan.

Im US-Justizministerium hat man die Sorge, dass Kunden von NVIDIA aufgrund der Marktmacht Probleme haben dürften, zu einem anderen Hersteller zu wechseln. Nun wurden die Unternehmen der Branche offiziell dazu befragt. Ob es tatsächlich am Ende zu einem Kartellverfahren kommt, ist derzeit jedoch offen. Anleger reagieren zunächst jedoch etwas verschnupft auf die Nachricht, war man doch eigentlich solche Meldungen nicht gewohnt.

NVIDIA hat über den Erwartungen liegende Quartalsergebnisse sowie einen überraschend starken Ausblick vorgelegt. Auch deshalb sagt Tech-Investor Thomas Rappold: „Die jüngsten Ergebnisse von NVIDIA haben gezeigt, dass wir beim Thema GenerativeAI erst am Anfang stehen. Hier stecken viele Opportunitäten für Anleger.“ Entsprechend interessant wird auch die weitere Entwicklung hinsichtlich der Wettbewerbsfragen.

Trotz eines frischen Aktienrückkaufprogramms im Volumen von 50 Mrd. US-Dollar reagierten Börsianer zunächst enttäuscht auf die jüngste NVIDIA-Veröffentlichung. Die NVIDIA-Aktie geriet unter Druck. Schließlich sind die Erwartungen an den KI-Darling in den vergangenen Jahren fast schon ins unermessliche gestiegen. Diese zu befriedigen fällt immer schwerer.

Hohe Erwartungen

Irgendwie ist NVIDIA auch selbst schuld. Der Spezialist für Grafikprozessoren hat sich in die Mitte des Booms rund die generative Künstliche Intelligenz katapultiert und Anleger ein Quartal nach dem anderen mit überragenden Geschäftsergebnissen verwöhnt.

Schließlich werden NVIDIA seine Chipsätze angesichts einer enormen und weiter steigenden Nachfrage geradezu aus den Händen gerissen. In den vergangenen Quartalen hatten sich Börsianer daher daran gewöhnt, dass die Umsätze im Vorjahresvergleich um mehr als 200 Prozent gesteigert werden.

Im nun abgelaufenen zweiten Quartal (Ende Juli) des laufenden Geschäftsjahres 2024/25 lagen die Erlöse bei 30,0 Mrd. US-Dollar und damit oberhalb der Konsensschätzungen von 28,7 Mrd. US-Dollar. Allerdings lag der Zuwachs im Vorjahresvergleich „nur“ noch bei rund 122 Prozent. Auch beim Ausblick war NVIDIA vielen Anlegern nicht optimistisch genug.

Die Sache mit den Margen

Die Prognose für den Umsatz im laufenden dritten Quartal (Ende Oktober) lag mit 32,5 Mrd. US-Dollar ebenfalls oberhalb der Markterwartungen, von in diesem Fall 31,7 Mrd. US-Dollar. Allerdings würde das Wachstum im Vorjahresvergleich damit auf nur noch 80 Prozent zurückgehen.

Die Suche nach dem Haar in der Suppe ging bei der Profitabilität weiter. Die Bruttomarge erreichte 75,1 Prozent und ging damit im Vergleich zum Vorquartalswert von 78,4 Prozent zurück. Dass diese im Vorjahresvergleich gesteigert werden konnte, spielte in den Augen vieler Anleger nur noch eine untergeordnete Rolle.

Damals wurde ein Wert von 70,1 Prozent ausgewiesen. Außerdem war der sequentielle Rückgang unter anderem dem Hochfahren der Produktion der neuesten KI-Chip-Generation Blackwell geschuldet. Hier hatten sich einige Verzögerungen bemerkbar gemacht. Einige Marktteilnehmer hatten allerdings andere Befürchtungen.

„Unglaubliche“ Vorfreude auf Blackwell

Im Zuge des jüngsten KI-Booms konnte NVIDIA die Absätze seiner GPUs enorm steigern. Dabei akzeptierten die Kunden nahezu sämtliche Preissteigerungen, da kein Weg an den leistungsstarken Microchips NVIDIAs vorbeiführte. Steigende Preise bei einer steigenden Nachfrage bedeuteten entsprechende Steigerungen bei den Margen.

Es wird befürchtet, dass die nun im Vorquartalsvergleich rückläufigen Margen entweder eine sich abkühlende Nachfrage oder eine sinkende Bereitschaft der Kunden, sämtliche Preissteigerungen zu akzeptieren, bedeuten könnten. Der Konzern selbst tritt solchen Befürchtungen entschieden entgegen. Getrennt davon könnten jedoch die nun aufgetauchten Regulierungsfragen bedeuten.

Unternehmensgründer und CEO Jensen Huang sagt, dass die Nachfrage nach Hopper stark bleibe, und die Vorfreude auf die neue Generation von KI-Chips Blackwell „unglaublich“ sei. „NVIDIA erzielt Rekordumsätze, da die globalen Rechenzentren mit Vollgas daran arbeiten, den gesamten Computing-Stack mit beschleunigtem Computing und generativer KI zu modernisieren“, sagt Huang weiter. Auch auf Analystenseite bleibt man im Hinblick auf die weiteren NVIDIA-Aussichten gelassen.

Der Konkurrenz weit voraus

Barclays-Analyst Tom O‘Malley empfiehlt, NVIDIA-Positionen nach den enttäuschend aufgenommenen Ergebnissen aufzustocken und die zwischenzeitliche Kursschwäche der NVIDIA-Aktie als Einstiegsgelegenheit zu nutzen. Seiner Ansicht nach seien die wichtigsten langfristigen Bedenken ausgeräumt worden, und die Quartalsergebnisse hätten den Weg für einen starken Start in das Fiskaljahr 2024/25 geebnet. O‘Malley sagt, dass die Prognose nicht ganz so deutlich über den Erwartungen gelegen habe, wie man es zuletzt gewohnt war und die Bruttomargen geringer und die Betriebskosten höher gewesen seien, dass jedoch die Bedenken bezüglich der Blackwell-Verzögerung ausgeräumt worden seien. Außerdem steige die Nachfrage nach Hopper weiter an.

Die Aktie wird weiterhin mit „Overweight“ und einem Kursziel von 145,00 US-Dollar eingestuft. Aktuell würde dies einem Kurspotenzial von 22 Prozent entsprechen. J.P. Morgan-Analyst Harlan Sur hat das Kursziel für NVIDIA sogar von 115,0 auf 155,00 US-Dollar erhöht und das „Overweight“-Rating bestätigt. Das Unternehmen habe über den Erwartungen liegende Ergebnisse für das Juli-Quartal gemeldet. Sur sagt, dass NVIDIA mit seinen „Silizium-/Hardware-/Software-Plattformen einen Vorsprung von 1 bis 2 Schritten vor den Wettbewerbern“ beibehalten würde. UBS-Analyst Timothy Arcuri empfiehlt seinerseits, den kurzfristigen Ausverkauf bei der NVIDIA-Aktie als Kaufgelegenheit zu nutzen.

Das „Buy“-Rating und das Kursziel von 150,00 US-Dollar werden bestätigt. Die Abnahme- und Lieferverpflichtungen – die wichtigste Kennzahl, die man UBS rund um den KI-Darling beobachtet und historisch gesehen ein Vorbote für zukünftiges Wachstum gewesen sei – sei zum ersten Mal seit mehreren Quartalen deutlich gestiegen. Arcuri sagt, dass die Q3-Umsatzprognose von 32,5 Mrd. US-Dollar zwar „vielleicht einen Hauch unter den Erwartungen der Investoren liegt“ und die implizite Bruttomargenprognose für Q4 um einige 100 Basispunkte nach unten ginge, man dabei jedoch „den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“. Schließlich stimme dies mit dem überein, was NVIDIA in der letzten Telefonkonferenz angedeutet habe und Blackwell aufgrund seiner Komplexität von Anfang an niedrigere Margen haben würde.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Ähnlich wie zuvor beispielsweise Apple lernt nun auch NVIDIA, dass mit großem Erfolg auch die Erwartungen des Marktes in die Höhe schnellen und selbst Wettbewerbshüter aktiv werden können. Insbesondere, wenn man wie der iPhone-Konzern bei der Marktkapitalisierung die Marke von 3 Billionen US-Dollar geknackt hat. Gleichzeitig liefert NVIDIAs jüngster Quartalsbericht einige Hinweise darauf, dass das Ende der Fahnenstange beim Wachstum rund um die generative KI noch nicht erreicht sein sollte.