Die Konjunktur bleibt in Europa und vor allem in Deutschland schwierig, was auch Nebenwerte trifft. Allerdings könnten die jüngsten Schritte der EZB für die Aussicht auf eine Konjunkturerholung im kommenden Jahr sorgen, während niedrigere Zinsen gerade Unternehmen aus der zweiten und dritten Börsenreihe zugutekommen könnten. Darüber hinaus besteht bei den Nebenwerten aus kurstechnischer Sicht einiges an Aufholpotenzial.
„Made in Germany“ nicht vergessen
Im Juni 2024 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinswende eingeläutet. Am 12. September folgte bereits der zweite Zinsschritt nach unten. Es dürfte nicht der letzte gewesen sein. Offenbar glauben die europäischen Währungshüter, dass sich die Inflation im Euroraum in die richtige Richtung bewegt. Auch die US-Notenbank Fed will die Leitzinsen senken. Davon könnten Small- und Mid-Caps profitieren. Schließlich haben sie zuletzt im Vergleich zu den großen Blue Chips eine Underperformance hingelegt. Während der MDAX seit Anfang 2024 ein Minus von rund 3 Prozent verbucht hat, verlor der deutsche Kleinwerteindex SDAX in dieser Zeit knapp 5 Prozent an Wert.
Im deutschen Leitindex DAX liegt die Performance dagegen bei +11 Prozent. Nebenwerte leiden tendenziell mehr unter höheren Zinsen, da sie stärker auf Fremdkapital angewiesen sind, wenn sie Investitionsvorhaben finanzieren möchten. Mit der Aussicht auf weiter sinkende Zinsen könnten sich die Finanzierungsbedingungen merklich aufhellen. Zumal hierzulande im kommenden Jahr, auch dank der Leitzinssenkungen der EZB, auf eine Konjunkturerholung gehofft werden darf. Darüber hinaus genießt in Deutschland der Blick auf die zweite und dritte Börsenreihe ohnehin besondere Tradition.
Angesichts der großen Bedeutung des Mittelstandes für die deutsche Konjunktur tummeln sich unter den Small- und Mid-Caps sehr viele sogenannte Hidden Champions. Hierzulande sind selbst in der tiefsten Provinz exportstarke Unternehmen zu finden, die in ihren Nischensegmenten auf dem Weltmarkt häufig eine führende oder sogar dominierende Stellung einnehmen und das Label „Made in Germany“ hochhalten. Viele von ihnen sind zudem börsennotiert und damit auch Privatanlegern für Investments leicht zugänglich, während sie sich nicht nur auf klassische Branchen wie die Automobilzuliefererindustrie fokussieren, sondern auch auf Zukunftsthemen wie die Künstliche Intelligenz.
Rational: Chancen abseits des europäischen Heimatmarktes
Die Rational-Aktie konnte sich im bisherigen Jahresverlauf der Schwäche bei den Nebenwerten entziehen. Mit einem Kursplus von rund 26 Prozent gehört die Aktie des Spezialisten für die Ausstattung von professionellen Groß- und Industrieküchenküchen zu den Top-Performern im MDAX. Während es in den vergangenen Jahren vor allem darum ging, sich von den negativen Auswirkungen der COVID-19-Beschränkungen für die Gastronomie sowie die Reise- und Freizeitbranche zu erholen, sollen nun die sich bietenden Wachstumschancen in Regionen wie Asien sowie Nord- und Südamerika genutzt werden.
Schließlich hat auch Rational (WKN: 701080 / ISIN: DE0007010803) mit der schwachen Konjunktur auf dem europäischen Heimatmarkt zu kämpfen. Zumindest konnte man hier jedoch in Osteuropa im ersten Halbjahr 2024 ein starkes Wachstum verzeichnen, während die Erlöse dank einer starken Nachfrage in China und Japan um jeweils 13 Prozent wuchsen. Auch Nord- und Lateinamerika konnten das Vorjahr um 6 bzw. 7 Prozent übertreffen. Auch deshalb hatte das Management die Wachstumsprognose für das Gesamtjahr bestätigt. Für Bernstein-Analyst Philippe Lorrain ist es zudem wichtig, dass Rational auf der Ergebnisseite überzeugen konnte. Daher hatte er im Fall der Rational-Aktie das Kursziel von 965,00 auf 975,00 Euro angehoben und das „Outperform“-Rating bestätigt.
Elmos Semiconductor sieht strukturelles Wachstum
Elmos Semiconductor (WKN: 567710 / ISIN: DE0005677108) ist auf sogenannte Mixed-Signal Halbleiter spezialisiert. Die Produkte des Dortmunder Unternehmens werden vor allem an Kunden aus der Automobilindustrie geliefert. Aktuell hat jedoch gerade die deutsche Automobilbranche mit hohen Kosten, einer schwachen Nachfrage nach Elektroautos und einem erbittert geführten Preiswettbewerb zu kämpfen. Die langfristigen Branchentrends wie das Autonome Fahren sorgen jedoch dafür, dass der Bedarf an leistungsfähigen Halbleitern weiter ansteigt. Hiervon will auch das TecDAX- und SDAX-Unternehmen Elmos Semiconductor profitieren.
Zumal Elmos laut Vorstandschef Dr. Arne Schneider hervorragend aufgestellt sei, um „nachhaltig am strukturellen Wachstum des automobilen Halbleitermarkts zu partizipieren.“ Darüber hinaus hat Elmos zuletzt gezeigt, dass man sich auch in einem schwierigen Marktumfeld gut behaupten kann. Die positive Geschäftsentwicklung setzte sich im zweiten Quartal 2024 fort. So wuchs der Konzernumsatz im Vorjahresvergleich um 4,4 Prozent auf 142,0 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) konnte auf 35,9 Mio. Euro verbessert werden, nach 34,1 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Die EBIT-Marge wurde somit auf 25,3 Prozent gesteigert (Vorjahr: 25,1 Prozent).
Einhell Germany wirkt günstiger
Nicht nur bei großen US-Technologiekonzernen wie Apple oder NVIDIA sind Aktiensplits in Mode. Anfang August dieses Jahres hatte auch der Do-It-Yourself (DIY)-Spezialist Einhell Germany (WKN: A40ESU / ISIN: DE000A40ESU3) einen Aktiensplit durchgeführt. Dieser erfolgte im Verhältnis von 1:3. Dem Einhell-Management war es ein besonderes Anliegen, die Anteilsscheine auf diese Weise optisch günstiger zu machen und für Privatanleger billiger erscheinen zu lassen. Schließlich können allzu hohe Aktienkurse für den ein oder anderen Kleinanleger abschreckend wirken. Auf diese Weise sollen neue Investorengruppen am Wachstum des Werkzeughersteller aus Landau an der Isar partizipieren.
Einhell möchte im laufenden Geschäftsjahr laut Managementprognose beim Umsatz die Marke von 1 Mrd. Euro knacken. Gelingen soll dies auch mit einem starken Wachstum außerhalb des Heimatmarktes. So gehört die internationale Expansion zu den zentralen Strategiemaßnahmen des Unternehmens. 2023 kamen beispielsweise neue Tochtergesellschaften in Thailand und Vietnam hinzu. Außerdem wird das Vorhaben verfolgt, in den USA, Fuß zu fassen, immerhin dem größten DIY-Markt der Welt. Helfen sollen dabei vor allem innovative Akku-Geräte von höchster Qualität und einem herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnis.
KSB stellt sich breit auf
KSB (WKN: 629203 / ISIN: DE0006292030) ist Weltmarktführer bei Pumpen und Armaturen. Einige Kunden kommen aus der Automobilindustrie. An diese werden beispielsweise Produkte rund um die Oberflächentechnik, Werkzeugmaschinen, Klimatisierung, Heizung und Entwässerung verkauft. Entsprechend ist das Marktumfeld auch für das SDAX-Unternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Frankenthal derzeit nicht gerade einfach. KSB punktet jedoch mit seiner globalen Aufstellung. Außerdem wird ein breites Produktprogramm angeboten, sodass es einfacher ist, schwierige Phasen in bestimmten Regionen oder Bereichen auf Konzernebene abzufedern.
Seit Jahresbeginn verlor die KSB-Aktie zwar angesichts schwieriger Marktbedingungen rund 2 Prozent an Wert, kann jedoch im Vergleich zum Kleinwerteindex SDAX mit einer Outperformance aufwarten. Um in Zukunft noch krisenresistenter zu sein und sich auf den Wandel in der Automobilbranche einzustellen, wurde bereits im vergangenen Jahr die neue Unternehmensstrategie „Mission Ten30“ beschlossen. Diese bündelt zahlreiche Maßnahmen und Ziele, um bis zum Jahr 2030 eine zweistellige Umsatzrendite zu erwirtschaften. 2023 lag diese noch bei 7,9 Prozent, allerdings hatte man sich diesen Wert erst für das Jahr 2025 vorgenommen.
Das marktEINBLICKE-Fazit
Angesichts des Umstandes, dass wichtige Zentralbanken wie die EZB und die Fed die Leitzinsen in den vergangenen Jahren im Kampf gegen die Inflation in Rekordtempo angehoben hatten, ist die Underperformance vieler Nebenwerte im Vergleich zu den Blue Chips zu erklären. Die nun eingeleitete Leitzinswende könnte jedoch den Werten aus der zweiten und dritten Börsenreihe in besonderer Weise zugutekommen und für Aufholpotenzial sorgen.