Nach der chinesischen Ankündigung größerer geld- und fiskalpolitischer Stimuli starteten die internationalen Aktienmärkte vergangene Woche eine fulminante Kursrallye. Doch nur wenige Tage später kehrte Ernüchterung ein. Lediglich in China legten die Notierungen weiter zu – nachdem die Kurse seit Anfang 2021 nur die Richtung nach unten kannten.
In Europa stellt man sich hingegen die Frage, inwieweit die Maßnahmen tatsächlich die Exportnachfrage hierzulande ankurbeln würden. Denn die Zielsetzung Chinas ist weiterhin eine Stärkung des privaten Konsums, also der Binnenwirtschaft, um die Abhängigkeit vom Außenhandel zu reduzieren.
Sicher würden einige europäische Hersteller von mehr Konsumausgaben der chinesischen Bevölkerung profitieren, wenngleich damit noch lange kein deutliches Plus bei der für die deutsche Industrie besonders wichtigen Nachfrage nach Anlagen, Maschinen oder Fahrzeugen resultieren dürfte. Nun kann man aber einen stärkeren Konsum nicht einfach anordnen, selbst in China nicht. Vielmehr zeigt das, bis zuletzt, sehr schwache Wachstum der Einzelhandelsumsätze, dass viele Chinesinnen und Chinesen angesichts der konjunkturellen Schwäche und der stetig sinkenden Immobilienpreise verunsichert sind und lieber sparen.
Hinzu kommt eine grassierende Jugendarbeitslosigkeit. Nach offiziellen Angaben hatten im Juli rund 17 Prozent der 16 bis 24-Jährigen keinen Job. Vor diesem Hintergrund bleibt zu bezweifeln, ob die staatlichen Maßnahmen das schwächelnde Wachstum schnell wieder in Richtung der gewünschten 5 Prozent für das laufende Jahr bringen können, zumal auch die internationale Industriegüternachfrage seit rund zwei Jahren und auch externe Impulse für die chinesische Volkswirtschaft fehlen. Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes tendierten nur knapp an der Expansionsschwelle von 50 Punkten und lassen kurzfristig keine deutliche Dynamisierung erkennen.
Der in Deutschland ebenfalls zurückhaltende private Konsum dürfte auch durch die erfreulichen Nachrichten vonseiten der Inflation –im September nur noch 1,6 Prozent– nicht sprunghaft anziehen und keine große Stütze der Konjunktur sein. Denn sinkende Inflationsraten bedeuten ja nur weniger stark steigende Preise. Die enormen Preisniveausteigerungen der letzten Jahre bleiben damit als Bremsfaktor bestehen, genauso wie die geo- und wirtschaftspolitischen Unsicherheiten sowie die allgemein getrübte Stimmungslage.
Damit bleibt als Hoffnungsschimmer der Blick in die USA. Denn die meisten deutschen Exporte werden nach wie vor über den Atlantik geliefert. Eine nur moderate Abkühlung der US-Konjunktur hilft damit auch der deutschen Wirtschaft. In dieser Woche werden die ISM-Einkaufsmanagerindizes sowie der Arbeitsmarktbericht für September einen Eindruck über die Wachstumsdynamik in den USA zeigen. Erwartet wird weiterhin eine relativ robuste Entwicklung und damit keine zusätzliche Belastung deutscher exportorientierter Unternehmen – zumindest solange nicht neue US-Handelsrestriktionen implementiert werden.“
Ein Kommentar von Carsten Mumm
Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.
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