US-Zinsen: Relativ betrachtet so hoch wie noch nie!

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Die Zinsen in den USA wirken auf den ersten Blick eigentlich nicht übermäßig hoch. Es kommt aber darauf an, welchen Maßstab man ansetzt. Gegenüber dem Rest der Welt sind die Zinsen historisch hoch.

In der Eurozone und in Japan sind die ersten Zinsschritte nach oben noch ein ganzes Stück entfernt. Zusammen mit den QE-Programmen in der Eurozone und Japan hält dies die Zinsen tief. Es hält die Zinsen sogar so tief, dass die USA ein historisch nie dagewesenes Niveau erreichen.

Rendite der 10-jährigen US-Anleihen; Quelle: Guidants

Gegenüber Westeuropa sind die Zinsen in den USA ausnahmslos höher. Als Maßstab gilt die Rendite für 10-jährige Anleihen. Grafik 1 zeigt, dass das so noch nie der Fall war. Historisch betrachtet waren die Zinsen in den USA niedriger als im Rest der Welt. Heute ist genau das Gegenteil der Fall.

Das gilt nicht nur für Westeuropa. In Japan waren die Zinsen schon lange nicht mehr höher als in den USA. Seit wenigen Wochen sind nun aber auch die Zinsen in Israel, Australien und Südkorea tiefer (Grafik 2). Das ist ein Bruch mit dem Trend der letzten Jahrzehnte. In Kanada waren die Zinsen über 40 Jahre lang systematisch höher. Seit der Finanzkrise gilt das nicht mehr.

Fasst man das Ganze in einer Zeitreihe zusammen, ergibt sich Grafik 3. Bis Ende der 90er Jahre waren die Zinsen in den USA systematisch niedriger als im Rest der Welt. Danach gab es einen Trendwechsel. Dieser Trend wurde nur durch die Finanzkrise unterbrochen. Die Zinsen waren in der Eurozone hoch, weil es noch kein QE Programm gab und die Zinsen in der Peripherie außer Kontrolle gerieten.

Seit 2014 ist der seit 1997 geltende Trend wieder aktiv. Inzwischen ist das Zinsniveau in den USA relativ gesehen so hoch wie nie zuvor. Unter diesen Umständen ist es bemerkenswert, dass der Dollar nicht substantiell höher steht. Vermutlich liegt das am enormen Handelsbilanzdefizit der USA.

Quelle: Guidants

Die Zinsen sprechen für eine Dollaraufwertung, das Defizit für eine Abwertung. Unterm Strich tut sich seit zwei Jahren beim Dollar relativ wenig. Derzeit schwächt sich die Wachstumsdynamik im Rest der Welt ab, in den USA nimmt sie zu. Der Dollar wertet wieder auf.

Gepaart mit dieser extremen Zinsdifferenz ist kaum vorstellbar, dass das ewig gutgehen wird. Vielleicht ist das Zinsniveau in den USA für die derzeitigen Verhältnisse angemessen, doch selbst die USA können nicht losgelöst vom Rest der Welt agieren.

Die Zinsdifferenz ist inzwischen so exorbitant hoch, dass sie mittelfristig zum Problem werden kann. Will die Notenbank das Wachstum nicht untergraben, müsste sie ihr Tempo verlangsamen. Danach sieht es aktuell nicht aus. Die Zinsdifferenz dürfte bis aus weiteres noch steigen. Kurzfristig ist das irrelevant, mittelfristig wird es die US-Wirtschaft benachteiligen.

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Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de

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