In vielen Regionen weltweit sind die Staatsschulden seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 deutlich angestiegen.
- Auch danach – insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie – stützten Regierungen mit massiven Ausgabenprogrammen und teilweise gleichzeitigen Steuersenkungen die Wirtschaft und es gelang in ruhigeren Zeiten mit ordentlichem Wachstum kaum, die Staatsfinanzen zu konsolidieren.
- Deutschland ist bezogen auf das BIP mit rund 63 Prozent Staatsschulden Ende 2023 eine Ausnahme unter den großen Industrienationen. Griechenland senkte die Staatsschuldenquote zwar stetig, liegt mit 164 Prozent aber immer noch an der Spitze, gefolgt von Italien mit 135 und Frankreich mit knapp 110 Prozent.
Seit der Euro-Staatsschuldenkrise in 2011 wird an den Kapitalmärkten jedoch je nach Haushaltslage deutlich differenziert:
- So stieg die Risikoprämie französischer Staatsanleihen mit der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen durch Staatspräsident Macron im Juni deutlich an. Im Vergleich zu Bundesanleihen lagen die Renditen im 10-Jahresbereich seitdem 0,80 anstatt zuvor rund 0,50 Prozentpunkte höher.
- Auch die Formierung der neuen Regierung unter Premierminister Michel Barnier konnte das erhöhte Vorsichtsbedürfnis von Anlegern noch nicht besänftigen. Zwar bekräftigt Barnier seinen Willen, das jahrelang sehr hohe Haushaltsdefizit zu reduzieren. Es ist allerdings unklar, ob es angesichts der wackeligen Regierungskoalition und diversen Forderungen nach mehr Staatsausgaben gelingen wird.
- Noch deutlicher wird der Wirkungszusammenhang zwischen Renditen und Staatsfinanzen am Beispiel Großbritanniens. Dort sind die schon seit 2023 deutlich erhöhten Risikoprämien im Vergleich zu Bundesanleihen zuletzt noch einmal auf mehr als 2 Prozentpunkte angestiegen und haben damit fast das Niveau zum Zeitpunkt des Abtritts der ehemaligen Premierministerin Liz Truss im Herbst 2022 erreicht. Truss scheiterte aufgrund drastisch steigender Risikoprämien und einem Absturz des britischen Pfunds nach der Vorstellung ihrer Pläne zu einer Ausweitung des Haushaltsdefizits. Hintergrund des jetzigen Renditeanstiegs ist, dass die seit mittlerweile mehr als drei Monaten amtierende Regierung unter Keir Starmer erst vor wenigen Tagen einen Haushaltsplan vorlegen konnte. Dieser sieht neben deutlichen Steuerhöhungen und der Aufnahme neuer Kredite auch Sparanstrengungen vor. Ob diese allerdings wie geplant umgesetzt werden können ist angesichts diverser notwendiger Ausgaben, bspw. für das Gesundheitssystem und aufgrund der inflationsgeplagten Bevölkerung unsicher, zumal das Wachstum durch höhere Steuern gedämpft werden dürfte. Auch hier zeigt sich wieder die Skepsis an den Kapitalmärkten.
Fazit:
Anleger werden unsolide Finanzpolitik von Staaten künftig stärker sanktionieren und haben damit einen erheblichen Einfluss auf die Politik. Auch mit Blick auf die neue US-Präsidentschaft ist dieser Aspekt relevant. Denn zu stark steigende Staatsschulden werden Renditen bei längeren Laufzeiten trotz sinkender Leitzinsen hoch halten und hohe Zinsausgaben im Zuge der in den USA schon jetzt auf mehr als 120 Prozent angestiegenen Staatsschuldenquote begrenzen damit fiskalische Spielräume.
Ein Kommentar von Carsten Mumm
Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.
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