Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist offensichtlich sehr ernst. Die Wachstumsprognosen für die deutsche Volkswirtschaft wurden zuletzt auf -0,1 Prozent in diesem und +0,4 Prozent im kommenden Jahr 2025 nach unten revidiert. Die Anzahl der beantragten Regelinsolvenzen wurde für September mit einem Plus von 13,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat berichtet. Gemäß ifo-Institut sehen sich immer mehr Unternehmen und Selbständige in ihrer Existenz bedroht. Stimmungsindizes, wie das ifo-Geschäftsklima für Unternehmen oder der GfK-Konsumklimaindex für private Verbraucher, befinden sich auf Krisenniveaus.
Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung. So konnte der Citigroup Economic Surprise Index für die Eurozone, ein Frühindikator für die Konjunktur, seit Ende September deutlich zulegen, wenngleich das absolute Niveau noch immer sehr niedrig ausfällt. Unternehmensstimmungsindizes laufen diesem Indikator zumeist mit einer Verzögerung von einigen Wochen nach. Die leicht positive Tendenz dürfte auf der Erwartung einer zumindest leichten Wachstumsdynamisierung in den kommenden Monaten basieren, die vor allem aufgrund steigender Realeinkommen (stark steigende Löhne bei gleichzeitig sinkenden Inflationsraten) durch den privaten Konsum initiiert werden sollte.
Entscheidend für die weitere Wirtschaftsperspektive ist aber, ob auch die Industrie, die Bauwirtschaft sowie die industrienahen Dienstleister die Stimmungstalsohle durchschreiten können. Dafür bedarf es einer positiveren Einschätzung der Erwartungen an die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die in Deutschland mit der Aussicht auf eine neue Bundesregierung zumindest angestiegen sind. Es ist davon auszugehen, dass die Ertüchtigung des Standorts Deutschland ganz oben auf der Agenda der neuen Administration stehen wird. Vorschläge, Agenden und To-do-Listen wurden in den vergangenen Monaten vonseiten der noch amtierenden Regierung, den Medien, von Verbänden und Instituten sowie einzelnen Unternehmen oft genug vorgelegt.
Jetzt könnte es tatsächlich in die Umsetzung gehen – eine schnelle Regierungsbildung und ein fokussiertes Regierungsprogramm vorausgesetzt. Auch wenn viele konkrete Maßnahmen nicht sofort umgesetzt werden, könnten sowohl auf Umfragen basierende Stimmungsindizes unter Unternehmen und Verbrauchern als auch sukzessive harte Wirtschaftsdaten ausgehend von sehr niedrigen Erwartungen in den kommenden Monaten eher positiv überraschen, möglicherweise schon am Freitag bei der Veröffentlichung der Schnellschätzungen der Einkaufsmanagerindizes.
Ein Kommentar von Carsten Mumm
Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.
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