marktEINBLICKE hat nachgefragt bei Torsten Müller Vorstand der Ökoworld AG – ein Interview über Güte-Siegel, Boutique-Charakter und Rendite.
Herr Müller, das Thema Nachhaltigkeit ist gesellschaftlich en vogue – welche Rolle kann oder muss hier der Kapitalmarkt spielen?
Alle Investoren, alle Anleger können und sollten ihrem Geld die richtige Richtung geben: Jeder Euro, der in nachhaltige Unternehmen investiert wird, fließt nicht in zweifelhafte Industrien oder Unternehmen. Keine Frage: Rendite ist wichtig und treibt uns an. Aber noch wichtiger ist verantwortliches Handeln: Unterstütze ich mit meinem Geld Firmen, die Raubbau an der Erde betreiben und damit meine Zukunft und die meiner Kinder aufs Spiel setzen? Säge ich mit meinem Investment nicht eigentlich an dem Ast, auf dem ich sitze? Und kann ich mit meinem Geld nicht sogar Unternehmen beeinflussen, damit sie nachhaltiger unterwegs sind? Wir können und dürfen uns an diesem Punkt nicht auf die Politik verlassen. Wir alle sollten Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Hier sind Unternehmen mit ihrer Haltung und dem Bewusstsein ein gutes Vorbild und können eine unmittelbare Wirkung mit ihrem Handeln erzielen. Sie alle sind Teil der Lösung.
Verfolgen Unternehmen tatsächlich auch den Nachhaltigkeitsgedanken oder handelt es sich bei den zahllosen Nachhaltigkeitsberichten eher um Aktionismus auf dem Papier?
Das herauszufinden ist genau die Herausforderung. Und eigentlich scheint alles auf den ersten Blick sehr eindeutig. Das ist es aber ganz und gar nicht, Stichwort Greenwashing. Es gibt aber auch immer mehr Transparenz und Aufrichtigkeit, stellt unser Nachhaltigkeitsresearch fest. Allerdings haben wir in diesem Bereich noch sehr viel Luft nach oben. Klar ist, dass Nachhaltigkeitsbericht nicht gleich Nachhaltigkeitsbericht ist. Es muss ein unternehmensindividueller Blick in die Berichte geworfen werden. Wir schauen auch immer nach den selbst gesetzten Zielen der Unternehmen. Wie ehrgeizig sind sie? Übertreffen sie vielleicht sogar die Standards?
Was taugt die große Zahl an „Nachhaltigkeits“-Siegeln?
Es gibt zu viele Siegel – und das schafft mehr Verwirrung als Transparenz und Klarheit. Dazu kommt, dass Nachhaltigkeit von allen anders definiert wird. Woran mache ich Nachhaltigkeit fest? Hier hat jeder eine andere Auffassung, es gibt eine viel zu große Breite an Bewertungsansätzen. Es macht Sinn, sich im Bereich Nachhaltigkeit auf die etablierten Siegel beispielsweise FNG für Prozessbewertungen oder Stiftung Warentest für die Inhalte zu verlassen.
Wie wird man zum Anbieter von Deutschlands nachhaltigstem Fonds?
Wir haben noch nie etwas anderes gemacht, als uns um dunkelgrüne Finanzprodukte zu kümmern. Vor 50 Jahren haben unsere Gründer damit angefangen, bis heute haben wir diesen Weg nicht einmal verlassen. Und dabei haben wir viel gelernt und unseren Auswahlprozess immer weiter perfektioniert. Unseren ersten Blick richten wir auf das Produkt, das ein Unternehmen herstellt. Ist das sinnvoll für eine lebenswerte Welt der Zukunft?
Wichtig ist hier ein aktiver Managementansatz. Ein Unternehmen, das heute „nachhaltig“ ist, muss morgen schon lange nicht mehr „nachhaltig“ sein. Übernahmen, neue Geschäftsmodelle oder Abspaltungen sind an der Tagesordnung und machen eine permanente Überprüfung notwendig. Engagement, also der permanente Austausch mit der Unternehmensführung, konsequente Anwendung von strengen Kriterien und unternehmensindividuelle Prüfung bedeuten zwar einen immens hohen Aufwand – das alles ist aber auch immens wichtig, wenn man es mit der Nachhaltigkeit ernst meint und „nachhaltigster“ Fondsanbieter werden und vor allem bleiben möchte.
Am Ende ist es außerdem wichtig, dass man sich spezialisiert. Und das über eine lange Zeit. Man kann heute nicht der Beste in allen Disziplinen sein. Unser Boutique-Charakter ist hierbei hilfreich. Wir können nicht alles – aber das, was wir können, können wir richtig gut. Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen fressen die Langsamen.
Gibt es unter dem Strich Rendite-Unterschiede zwischen nachhaltigen und nicht-nachhaltigen Fonds?
Das hängt ganz klar von der Marktphase ab. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang 2022 gab es eine massive Branchenrotation. Nachhaltige Unternehmen waren nicht mehr en vogue und wurden abverkauft. Hingegen haben Profiteure des Kriegs und der Kriegsfolgen gewonnen.
Rüstung, Chemie, Versorger und durch steigende Zinsen und steigende Inflation auch Banken. Noch zwei Jahre vorher, also 2020, waren wir mit unseren Nachhaltigkeits-Themen die absoluten Outperformer. Kurzfristig gibt es also durchaus Rendite-Unterschiede, die in beide Richtungen gehen können. Langfristig gleicht sich dieser Effekt allerdings aus.
Wie groß ist denn das theoretische Aktienuniversum für nachhaltige Investments?
Von etwa 50.000 börsennotierten Unternehmen weltweit haben wir rund 1400 Unternehmen in unserem Universum – mehr erfüllen unsere strengen Kriterien nicht. Das sind im Wesentlichen Small- & Midcaps auf der ganzen Erde. Nachhaltigkeit spielt aber bei immer mehr Unternehmen eine immer größere Rolle. Dadurch qualifizieren sich jedes Jahr mehr als 60 Firmen für unser Universum. Wo es Licht gibt, gibt es aber auch Schatten:
Jedes Jahr disqualifizieren sich Unternehmen, die dann aus unserem Universum herausfallen. Unter dem Strich nimmt die Zahl der wirklich nachhaltigen, dunkelgrünen Unternehmen jedoch jährlich zu. Das zeigt uns, dass das Thema Nachhaltigkeit längst in der Wirtschaft angekommen ist und immer wichtiger wird.
Wie wählen Sie die Aktien aus, die ins Portfolio kommen? Welche Bedeutung hat hier das eigene Research im Vergleich zu am Markt erhältlichen?
Wir verlassen uns ausschließlich auf unsere eigenen, extrem detaillierten Analysen. Das ist unser USP, den in der Form kein anderer hat. Jedes Unternehmen durchläuft einen aufwendigen Prozess, bis es den Weg ins Universum schaffen kann. Dabei durchleuchten unsere Experten aus dem Nachhaltigkeitsresearch jede Firma ganz genau, aber auch Tochterunternehmen und die Zulieferer spielen bei der Überprüfung eine wichtige Rolle.
Die gründliche Analyse beinhaltet oft auch kritische Rückfragen bei der Unternehmensführung, in einigen Fällen schauen wir uns die Firmen auch vor Ort an, beispielweise in den USA, in Indien oder Japan. Wir verlassen uns nicht ausschließlich auf die gängigen Anbieter von Datenbanken für Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen. An diesen aufwändigen Prozess schließt sich dann die permanente Finanzanalyse an, die am Ende in einer Kauf- oder Verkaufsentscheidung münden.
Viele Privatanleger lehnen mit Blick auf ETFs aktivgemanagte Fonds aus Kostengründen ab, warum sollten diese dennoch einmal die Fonds der Ökoworld genauer ansehen?
Unsere Fonds sind nicht billig – aber sie sind preiswert. Wer auf kompromisslose Nachhaltigkeit Wert legt und dabei mittel- bis langfristig eine attraktive Rendite erzielen möchte, kommt an unseren Fonds einfach nicht vorbei. Der Auswahlprozess ist extrem aufwändig und gründlich und sicherlich im Verhältnis preiswert.
Wer oberflächlich sein Gewissen beruhigen möchte, dabei in Sachen Nachhaltigkeit zu größeren Abstrichen bereit ist, ist bei uns nicht richtig aufgehoben. Die „Geiz ist geil-Mentalität“ ist hier absolut fehl am Platz. Zudem bewirken wir durch unser Handeln auch in der Auseinandersetzung mit den Unternehmen wirklich etwas. Wir schaffen etwas Positives. Eine lebenswerte Welt für nachfolgende Generationen. Das ist die Verantwortung aller Menschen, die jeder einzelne trägt.