In den vergangenen Jahren hatte sich der Begriff ESG (Environmental, Social, Governance) immer mehr in der Anlegergemeinde etabliert. Finanzprodukte wurden verstärkt darauf ausgerichtet, ohne Investments rund um den Rüstungssektor oder die Öl- und Gasindustrie auszukommen. Sie sollten vielmehr Nachhaltigkeitsaspekten entsprechen. Zuletzt zeigte es sich jedoch immer mehr, dass beispielsweise der Rüstungssektor bei der Renditeerzielung eine wichtige Rolle spielen kann.
Der 24. Februar 2022 und der 7. Oktober 2023 werden in die Geschichte eingehen. Das erstere Datum bedeutete den russischen Einmarsch in die Ukraine, während die Hamas am 7. Oktober 2023 einen beispiellosen Terrorangriff auf Israel verübt hatte. Die folgenden Reaktionen auf diese beiden Ereignisse sind ein wichtiger Grund, warum die bereits hohen Rüstungsausgaben zuletzt noch einmal angestiegen sind.
In den Augen vieler Menschen ist die Welt deutlich unsicherer geworden. In der Ukraine kämpfen inzwischen nordkoreanische Soldaten auf der Seite der russischen Armee. Entsprechend kommt das Thema Weltkrieg auf, während Israel nicht nur gegen die Hamas im Gazastreifen vorgegangen ist, sondern die Angriffe auf die durch den Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon ausgeweitet hatte.
Auch anderswo schwelen Konflikte weiter, darunter bleibt insbesondere die Taiwan-Frage brisant. Diese dürfte unter dem gewählten US-Präsidenten und China-Gegner Donald Trump an Schärfe nicht verlieren, während dieser plant, die Rüstungsausgaben der USA unter anderem mithilfe höherer Staatsschulden noch einmal in die Höhe zu schrauben, was die Nachfrage nach Rüstungsgütern weiter befeuern sollte.
Rheinmetall setzt sich ab
Welche Renditen sich Anleger entgehen lassen, wenn sie auf Rüstungsgüter bei ihren Investments verzichten, zeigt beispielsweise ein Blick auf die Aktie von Rheinmetall (WKN: 703000 / ISIN: DE0007030009). Die Anteilsscheine des deutschen Vorzeige Rüstungskonzerns haben allein seit Anfang 2024 rund 112 Prozent an Wert zugelegt und liegen damit in der DAX-Performance-Liste lediglich hinter Siemens Energy. Geht man noch etwas zurück, kommt man aus dem Staunen kaum heraus.
Seit Ende Februar 2022 hat ich der Wert der Rheinmetall-Aktie mehr als versechsfacht. Damit nicht genug. Analysten trauen dem Papier weitere Kurszuwächse zu. DZ Bank-Analyst Holger Schmidt traut der Aktie einen Anstieg auf 820,00 Euro. Aktuell würde dies einem Kurspotenzial von rund 33 Prozent entsprechen. Das Rating lautet dementsprechend „Kaufen“. Der Marktexperte sieht vor allem die neuen Mittelfristziele 2027 positiv.
Dabei seien die Erwartungen des Managements an das Umsatzwachstum und die Profitabilität überraschend hoch ausgefallen. Es wird von Analystenseite von „strategischer Weitsicht des Managements“ gesprochen. Unter den Rüstungsherstellern wird Rheinmetall als besonders schnell wachsend und profitabel angesehen, während die Bewertung der Aktie die hervorragende Marktpositionierung und die zu erwartende starke Entwicklung nicht widerspiegeln würde.
Rheinmetall setzt sich ambitionierte Ziele
Unter dem Motto „Strengthening Horizons“ hatte das Rheinmetall-Management im Rahmen seines Kapitalmarkttages am 19. November einige ambitionierte Ziele ausgegeben. Bis 2027 sollen die Umsätze auf rund 20 Mrd. Euro anwachsen. 2024 sollen die konzernweiten Erlöse bei rund 10 Mrd. Euro liegen. Die operative Marge soll bei etwa 18 Prozent liegen können.
Für dieses Jahr geht man bei Rheinmetall bei der operativen von einem Wert von rund 15 Prozent und damit am oberen Ende der bestehenden Guidance aus. 2023 lag die Rendite bei 12,8 Prozent. Dabei profitiert der Konzern von vollen Auftragsbüchern infolge der vonseiten von Bundeskanzler Scholz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine ausgesprochenen Zeitenwende.
Nach neun Monaten im laufenden Geschäftsjahr 2024 wurde der Konzernumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum spürbar um 36 Prozent auf 6,3 Mrd. Euro gesteigert, während der Anteil des mit deutschen Kunden erzielten Umsatzes in den ersten drei Quartalen 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6 Prozentpunkte auf 30 Prozent gestiegen sei. Die operative Ergebnismarge verbesserte sich mit Ablauf des dritten Quartals 2024 auf 11,3 Prozent, nach 8,9 Prozent im Vorjahr. Natürlich ist Rheinmetall nicht der einzige Profiteur der weltweit steigenden Rüstungsausgaben.
Cyber-Space als Schlachtfeld der Zukunft
Ähnlich wie in vielen anderen Bereichen, spielt der technologische Fortschritt auch im Rüstungssektor eine immer wichtiger werdende Rolle. Cyber-Attacken müssen auch dort abgewehrt werden, nur handelt es sich bei den Angreifern um staatliche Akteure, die in der Regel mit viel höheren Mittel ausgestattet sind als der Prototyp des Hackers, der vom Keller seiner Eltern operiert. Mit Hensoldt (WKN: HAG000 / ISIN: DE000HAG0005) hat auch Deutschland einen Prominenten Vertreter, wenn es um die Entwicklung zukünftiger Hochtechnologien im Rüstungssektor geht.
Der in Taufkirchen bei München ansässige Rüstungskonzern entwickelt Sensor-Komplettlösungen für Verteidigungs- und Sicherheitsanwendungen. Dabei sieht man sich als Technologieführer bei der Entwicklung der Verteidigungselektronik und Optronik. Auch Themen wie Cybersicherheit spielen eine wichtige Rolle. Zu den Haupttätigkeitsbereichen gehören Aufklärungssensoren, Lösungen zur Kontrolle des elektromagnetischen Spektrums und Missionsavioniksysteme. Das gesamte Spektrum für Luft-, See- und Landmissionen wird abgedeckt.
Die Lösungen von Hensoldt werden auf verschiedenen Plattformen eingesetzt, darunter Hubschrauber, Starrflügler, unbemannte Luftfahrzeuge, Schiffe und U-Boote, gepanzerte Fahrzeuge sowie Satelliten. Wie gut die Geschäfte laufen, zeigt ein Blick auf die Neunmonatszahlen 2024. Während der Umsatz um 21,3 Prozent auf 1,38 Mrd. Euro angewachsen ist, kletterte der Auftragseingang um knapp 45 Prozent auf 1,86 Mrd. Euro. Das Unternehmen profitiert weiterhin von der hohen Nachfrage in Deutschland, Europa und den NATO-Staaten sowie des auch international anhaltend hohen Bedarfs an Verteidigungslösungen. Für das laufende Gesamtjahr wird ein Umsatz von 2,3 Mrd. Euro anvisiert. Wenn es um Rüstungsgüter geht, führt kein Weg an US-Unternehmen vorbei.
In den USA spielt die Musik
In der Liste der größten Rüstungskonzerne der Welt werden die ersten fünf Plätze von Unternehmen aus den USA besetzt. Der Spitzenreiter unter ihnen ist Lockheed Martin. Dieser trumpft beispielsweise mit dem F-35-Kampfjet auf. Jeder würde am liebsten das modernste Kampfflugzeug der Welt in seinem Militär wissen. Diejenigen Staaten, die es bestellen dürfen, werden für eine hohe nachfrage bei dem Konzern aus dem US-Bundesstaat sorgen. Dabei konnte sich Lockheed Martin auch in den vergangenen Jahren bereits über eine starke Nachfrage freuen, allerdings war man angesichts der Lieferkettenprobleme nicht immer in der Lage, den hohen Auftragsbestand abzuarbeiten.
Dieser ist zum Ende des dritten Quartals noch einmal auf 165 Mrd. US-Dollar angestiegen. Damit lag er um 5 Mrd. US-Dollar höher als zum Ende des Vorquartals. Dank des guten Geschäftsverlaufs erhöhte das Management die Gesamtjahresprognosen für Umsatz, den operativen Gewinn und den bereinigten Gewinn je Aktie. Das EPS wird bei 26,65 US-Dollar gesehen, nach 26,10 bis 26,60 US-Dollar zuvor. Zu den weiteren US-Branchengrößen zählen neben Lockheed Martin auch RTX Corporation, Northrop Grumman, Boeing oder General Dynamics. Auch sie dürften von den weltweit stärker in den Fokus der Politik geratenen Rüstungsausgaben profitieren, während sie mit dem US-Militär den größten Kunden überhaupt gleich vor der Haustür finden.
Das marktEINBLICKE-Fazit
Rüstungswerte haben sich zuletzt für viele Anleger als sehr rentabel erwiesen. Grund dafür sind die stärker in den Fokus von Politik und Gesellschaft geratenden Rüstungsausgaben infolge der unsicherer gewordenen Geopolitik. Der Krieg in den Ukraine hat hierzulande für eine Zeitenwende gesorgt, während der Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 die Lage in Nahost stark destabilisiert hat. Und dies sind bei weitem nicht die einzigen Konflikte oder Kriege, die Rüstungskonzernen eine starke Auftragslage bescheren sollten. Die eigentliche Frage, ob man überhaupt in Rüstungswerte investieren sollte, muss jeder Investor wiederum mit sich und seinem Gewissen abklären.