Emerging Markets kämpfen mit steigenden Zinsen in den USA

Bildquelle: markteinblicke.de

„Aktuell ist das Umfeld für Emerging Market Anleihen anspruchsvoll“, schreibt Uday Patnaik, Head of Emerging Market Debt bei Legal & General Investment Management, in einem aktuellen Marktkommentar. „Dafür sind drei Faktoren entscheidend: Die geopolitische Situation ist weiterhin, trotz punktueller Entspannungen, kritisch, einige Schwellenländer haben mit individuellen Herausforderungen zu kämpfen und schließlich steigen die Zinsen in den USA.“

Insbesondere letzteres habe Konsequenzen für die Emerging Markets (EM). Die Renditen auf zehnjährige US-Staatsanleihen hätten kürzlich die prestigeträchtige Marke von drei Prozent durchbrochen. Zwar lägen die Renditen jetzt wieder knapp unter dieser Hürde, trotzdem habe der Anstieg an den Märkten für Unruhe gesorgt. „Die steigenden US-Zinsen wirken sich negativ auf den Carry-Handel aus“, sagt Patnaik. „Der April und der Mai waren daher sehr schwierige Monate.“

Während sich der Markt an das höhere Zinsniveau gewöhne, bleibe das Umfeld voraussichtlich weiterhin turbulent. Es gebe aber auch positive Faktoren. „Die USA, Kanada und Mexiko könnten sich noch im Juni auf ein erneuertes NAFTA-Abkommen einigen und die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea haben abgenommen“, erklärt Patnaik. „Insgesamt sind die Wirtschafstaden vieler Schwellenländer und auch der Weltwirtschaft gut und stabil. Allerdings ist der Höhepunkt dieses Wachstums voraussichtlich erreicht.“ Ein defensiverer Ansatz sei daher ratsam. „Wir sehen einem deutlich anspruchsvolleren Umfeld entgegen“, sagt Patnaik. „Das gilt allerdings nicht nur für EM-Anleihen, sondern für alle Risikoanlagen.“

Die Entwicklung der vergangenen zweieinhalb Jahre sei außergewöhnlich positiv gewesen. „Im Grunde war es zweitrangig, in welche EM-Anleihen man investiert hat – nahezu alle haben sehr gut performt“, sagt Patnaik. „Das ist nun vorbei.“ Seit Ende Januar habe die Situation sich geändert, vor allem aufgrund der steigenden Zinsen in den USA. „Die Renditen von Schwellenländer-Anleihen in Lokal- und Hartwährung sind mittlerweile nahezu gleich. Und ich gehe davon aus, dass das zweite Halbjahr 2018 noch herausfordernder wird.“ Derzeit herrsche noch die positive Wachstumserwartung für die Weltwirtschaft vor. Das könne sich jedoch vor allem im letzten Quartal des Jahres ändern. „Märkte agieren vorausschauend. Das heißt, das Risiko einer möglichen Rezession in den USA im zweiten Halbjahr 2019 oder in 2020 dürfte gegen Ende des Jahres stärker in den Fokus rücken.“

Zusätzlich zu dem herausfordernden Umfeld steigender US-Zinsen sei die Situation in einzelnen Schwellenländern schwierig. Die Türkei beispielsweise habe als Ölimporteur mit den derzeit hohen Rohstoffpreisen zu kämpfen, die die ohnehin recht hohe Inflation antrieben. Hinzu komme eine Geldpolitik der türkischen Zentralbank, die reaktionär erscheine. Im Vergleich zum US-Dollar habe die türkische Lira seit Jahresbeginn rund zehn Prozent eingebüßt. Ähnlich verhalte es sich mit dem russischen Rubel. Die Bilanz Russlands stelle sich zwar insgesamt solide dar, die Sanktionen und politischen Spannungen mit den USA wirkten sich jedoch negativ aus. Andere Staaten, wie Kolumbien beispielsweise, seien auf einem vielversprechenderen Weg, heißt es weiter. „In der aktuellen Situation ist die Auswahl der richtigen Anleihen daher essentiell“, sagt Patnaik. „Und sie wird essentiell bleiben, da das Umfeld eher komplexer denn einfacher werden dürfte. In einer solchen Marktsituation ist aktives Management entscheidend.”

Autorin: Tomke Hansmann, Redakteurin bei GodmodeTrader.de

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquelle: markteinblicke.de