Die EZB und ihr schlechtes Timing: Ist das Absicht?

Bildquelle: Pressefoto Europäische Zentralbank

Es muss wohl sehr viel passieren, damit die EZB von ihrem Kurs noch Abstand nimmt. Das letzte Statement zur Geldpolitik war ziemlich eindeutig. Demnach läuft das Programm bis September wie gehabt weiter. Darauf folgt eine Halbierung der Käufe in den verbleibenden Monaten des Jahres (Grafik 1). 2019 werden dann keine Staatsschulden mehr gekauft.

Das Programm wird am Ende fast vier Jahre lang gelaufen sein. In dieser Zeit hat die Notenbank einen erheblichen Teil der Staatsschulden übernommen (Grafik 2). Bis Ende 2018 wird die EZB fast 2,2 Billionen Euro an Schulden vom Markt genommen haben. Allein auf Deutschland entfallen gut 500 Mrd. Das entspricht knapp 25 % aller ausstehenden Schulden der Bundesrepublik.

Nur Slowenien und die Slowakei haben noch mehr profitiert. Hier gehören der Notenbank dann 28,4 % bzw. 26,5 % der Schulden. Länder mit überdurchschnittlich hoher Verschuldung, z.B. Italien, profitieren weniger. Hier hält die Notenbank am Ende „nur“ 15 % der Schulden.

Länder wie Deutschland werden bei dem Programm begünstigt, weil sie einen hohen Anteil am Kapital der Notenbank haben. Nach dem Kapitalschlüssel entscheidet sich wie viel gekauft werden muss. Gleichzeitig ist die Verschuldung unterdurchschnittlich. Dadurch wird von der Notenbank ein überproportional hoher Anteil an den Schulden gehalten.

Für hochverschuldete Länder hilft das QE Programm, ist aber am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein (Grafik 3). Portugal ist mit 130 % seiner Wirtschaftsleistung verschuldet. 19 Prozentpunkte hält die Notenbank. Das lässt für Privatinvestoren immer noch über 110 %. Es ändert das Gesamtbild kaum.

Trotzdem ist es beschlossene Sache, dass QE enden wird. Die Zinsen werden frühestens im zweiten Halbjahr 2019 steigen. Das ist für die hochverschuldeten Staaten ein Lichtblick, aber vermutlich nicht genug. Die Wirtschaft beginnt sich gerade abzuschwächen.

Robustes Wachstum hat im vergangenen Jahr die Verschuldung fast überall sinken oder stagnieren lassen. Langsameres Wachstum wird das erschweren. Im schlimmsten Fall schlittern wir in eine Rezession. Dann steigt die Verschuldung schnell wieder um 10 Prozentpunkte.

Die geldpolitische Wende kommt in einer kritischen Phase. Sie fällt in den Abschwung hinein. Das ist so ziemlich das dümmste, was man sich ausdenken kann. Eine Katastrophe muss das deswegen nicht automatisch sein. Solange Staaten an einer vernünftigen Haushaltspolitik festhalten, ist keine Wiederholung der Eurokrise zu befürchten.

Wollen Staaten hingegen die Schleusen öffnen – wie unlängst in Italien gesehen – reagiert der Markt prompt. Ohne QE und einem Abschwung ist das Risiko eines Zinsschocks für einzelne Euroländer sehr groß. Das Timing der EZB ist wirklich schlecht. Dafür ist die EZB inzwischen jedoch bekannt. 2011 wurden die Zinsen angehoben – vollkommen fehlplatziert. QE wurde dann 2015 aufgelegt, als die Eurokrise praktisch vorüber war. Jetzt wird die Geldpolitik in den Abschwung hinein gestrafft. Wenigstens bleibt sich die EZB beim Timing treu.

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Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquelle: Pressefoto Europäische Zentralbank