Wird es Zeit, Bundesanleihen zu verkaufen?

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Deutsche Staatsanleihen sind in letzter Zeit immer stärker geworden. Aber ist die jüngste Rallye auch nachhaltig? Wohl eher nicht. Bei all den politischen Turbulenzen in der europäischen Peripherie steht Deutschland wie ein Leuchtturm der Stabilität da – doch was ist mit den politischen Risiken hierzulande? Merkels viertes Kabinett steht vor der bisher größten Krise. Aber selbst wenn die Bundeskanzlerin verdrängt würde, könnten deutsche Staatsanleihen sogar davon profitieren, wie Wolfgang Bauer, Fondsmanager im Anleiheteam von M&G Investments, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Normalerweise führe die politische Unsicherheit in einem Mitgliedsstaat des Euroraums zu einer deutlichen Underperformance seiner Staatsanleihen. Seien Bundesanleihen jedoch die Ausnahme, da sie den Status eines „sicheren Hafens” hätten? Weitere Spannungen in Europa dürften die Bewertungen aufgrund des „Flight to quality”-Reflexes der Anleger verstärken. Darüber hinaus könnten Bundesanleihen im Falle einer Auflösung des Euroraums in eine neue Version der D-Mark umgewandelt werden, die gegenüber den meisten anderen Währungen mit ziemlicher Sicherheit an Wert gewinnen würde, heißt es weiter.

„Das würde den Gesamtertrag für die Anleger erhöhen. Je höher also die politischen Risiken sind, desto höher ist also die Wahrscheinlichkeit, dass die Rendite der Bundesanleihen weiter sinkt“, so Bauer.

Doch wie weit könnten sie das noch tun? Die Renditen seien zuletzt bereits deutlich gesunken. So liege die aktuelle Fünfjahresrendite (minus 0,3 Prozent) näher an ihrem Anfang Juli 2016 erreichten Allzeittief (minus 0,6 Prozent) als an ihrem bisherigen Jahreshoch im Februar dieses Jahres (plus 0,1 Prozent). Ein ordentliches Maß an anhaltender politischer Unsicherheit und Risikoaversion sei also bereits voll eingepreist, heißt es weiter.

„Natürlich könnten die Renditen theoretisch unter die Tiefststände von 2016 fallen. Unmittelbar nach dem Brexit-Referendum stiegen die Zweifel an der Integrität der Eurozone und folglich profitierten Bundesanleihen. Zudem überschwemmten die Zentralbanken den Markt mit Liquidität. Bundesanleihen standen ganz oben auf der Einkaufsliste der EZB. Nach dem dramatischen Einbruch des Ölpreises Anfang 2016 gab es keine Inflation in Europa. Die Bedingungen für Bunds hätten also kaum besser sein können“, so Bauer.

Er sei skeptisch, dass Bundesanleihen in absehbarer Zeit, wenn überhaupt, das Niveau von Mitte 2016 erreichen würden. Die europäische Inflation habe sich mit 1,9 Prozent im Jahresvergleich nach oben entwickelt und entspreche damit der Definition der EZB für Preisstabilität. Die monetären Anreize würden langsam abgebaut. Bundesanleihen seien der Hauptnutznießer des öffentlichen Kaufprogramms der EZB gewesen – mit mehr als 485 Milliarden Euro bis Ende Mai, also fast einem Viertel aller Nettokäufe, heißt es weiter.

„Der Markt scheint sich trotzdem über die Ankündigung, dass die EZB Zinserhöhungen zumindest bis zum Sommer nächsten Jahres praktisch ausgeschlossen hat, sehr zu freuen. Aber sobald die allgemeine Stimmung an den Märkten weniger nervös sein wird, werden die Renditen darauf reagieren. Jetzt könnte also ein guter Zeitpunkt sein, um Gewinne aus den Staatsanleihen mitzunehmen und das Bund-Exposure zu verringern“, so Bauer.

Autorin: Tomke Hansmann, Redakteurin bei GodmodeTrader.de

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