Kann die Hausse so weiter gehen?

Trotz der wirtschaftlichen und geopolitischen Fragezeichen rechne ich an Wall Street mit einer Fortsetzung der Börsenhausse auch in diesem Jahr!

(Bildquelle: marktEINBLICKE)

Nach dem Motto: Eigenlob stinkt – verzichte ich diesmal auf einen Rückblick auf meine vierteljährlichen Prognosen von 2024. Selten habe ich in meiner nunmehr über 50-jährigen Berufskarriere eine so hohe Trefferquote bei den Themen Wirtschaft und Börse erzielt. Lediglich bei den US-Wahlen – ich nannte es Hoffnungen – lag meine Einschätzung vollkommen daneben!

Das globale Wirtschaftswachstum wird in diesem Jahr die drei Prozentmarke knapp verfehlen. Warnungen vor einer Rezessionsgefahr, die es bereits im vergangenen Jahr häufig gab, sind jedoch weiterhin verfehlt. Die USA wird sich in der Bandbreite zwischen zwei bis drei Prozent bewegen.

Europa wird dagegen bestenfalls über der ein Prozentmarke landen, während Deutschland ´der kranke Mann Europas´ deutlich unter der ein Prozent Marke liegen wird. China versucht wieder die 5 Prozent Marke zu erreichen, was jedoch eine enorme Herausforderung darstellt. In Japan werden Wachstumsraten um ein Prozent genannt. Indien, das inzwischen bevölkerungsreichste Land der Welt, rechnet mit einem Wachstum um sechs Prozent und liegt damit unter den führenden Nationen auf Platz eins!

Die Inflationsentwicklung wird die Richtung am Aktienmarkt entscheidend beeinflussen. Hier bleibe ich optimistisch und rechne damit, dass die angestrebte zwei Prozentmarke in diesem Jahr erreicht werden kann, solange die Unabhängigkeit der US-Notenbank in ihrer Zinsstrategie nicht eingeschränkt wird! In Europa hat die Europäische Zentralbank (EZB) freie Hand in der Gestaltung der Zinsentwicklung. Zwei bis drei weitere Zinssenkungen in Höhe von jeweils einem viertel Prozent sind in diesem Jahr möglich, sowohl in den USA als auch in Europa.

Die Präsidentschaftswahl von Donald Trump verändert beziehungsweise belastet die globale politische und wirtschaftliche Struktur in einer Weise, wie es seit dem zweiten Weltkrieg nicht der Fall war. (Bildquelle: Pixabay / skeeze)

Die größte Herausforderung im gerade begonnenen Jahr 2025 kommt aus der Politik! Die Präsidentschaftswahl von Donald Trump verändert beziehungsweise belastet die globale politische und wirtschaftliche Struktur in einer Weise, wie es seit dem zweiten Weltkrieg nicht der Fall war. Eine Isolationspolitik ist für alle Betroffenen negativ. Jetzt kommt es darauf an, wie weit Trump seine Drohungen tatsächlich umsetzen wird. Die amerikanische Demokratie ist in seinen Grundfesten gefährdet. Europa muss mehr Eigenständigkeit entwickeln und zwar sehr schnell!

Als Block hat Europa eine Bedeutung und sitzt mit am großen Welttisch. In Einzelteile zerlegt verliert jedes europäische Land – auch Deutschland – an Bedeutung. Ich bleibe Optimist, ohne jedoch die bevorstehenden Risiken zu ignorieren. Die Bundestagswahl am 23. Februar ist eine Chance für eine Neugestaltung in Deutschland. Gelingt dies nicht, wird es weitreichende negative Folgen haben. Der Ukraine-Krieg bleibt eine Herausforderung für ganz Europa. Verhandlungen zu welchem Preis, ist hier die Frage?

Trotz der oben genannten wirtschaftlichen und geopolitischen Fragezeichen rechne ich an Wall Street mit einer Fortsetzung der über zweijährigen Börsenhausse auch in diesem Jahr! Lag das Plus 2023 und 2024 beim S&P 500 Index, der über 80 Prozent aller amerikanischen Aktien repräsentiert, bei jeweils rund 24 Prozent, so rechne ich in diesem Jahr jedoch mit einem geringeren Indexplus um 10 Prozent.

Das aktuelle Kurs-Gewinn Verhältnis ist allerdings mit aktuell 27 historisch hoch. Nur wenn die Gewinnentwicklung in diesem Jahr ein Plus von mindestens 10 Prozent aufweist wäre ein Index Anstieg von 10 Prozent rational erklärbar. Wichtig ist auch, dass sich diese Hausse nicht weiterhin auf nur sehr wenige Titel beschränkt – die sogenannten glorreichen Sieben.

Auch der deutsche DAX kann seine Hausse fortsetzen, die 2024 auf ein Plus von fast 19 Prozent kam. Auch hier wäre ein Anstieg von 10 Prozent in diesem Jahr ein gutes Ergebnis, da das Kurs-Gewinn Verhältnis mit 16,5 bereits relativ hoch ist.

Wie bereits im vorigen Jahr spielt der sogenannte fünf Tage Indikator eine wesentliche Rolle bei meiner Prognose zu Jahresbeginn. Etliche Betrachter belächeln dies und ignorieren die Beobachtung, die bis auf 1950 zurückgeht – also 75 Jahre. Was ist die Aussage? Schließt der S&P 500 Index am fünften Börsentag des neuen Jahres über dem Schlussstand des Vorjahres, so ergibt dies eine Wahrscheinlichkeit von 83 Prozent, dass der Index am Jahresende über dem Schlusskurs des Vorjahres liegt.

Über die Höhe des Anstiegs sagt dieser Indikator jedoch nichts aus. Dennoch ist es sehr relevant, wenn der Index im weiteren Jahresverlauf einmal deutlich unter Verkaufsdruck gerät, wie zum Beispiel im Corona Jahr 2020, als der S&P 500 Index innerhalb von fünf Wochen zwischen Februar und März 28 Prozent verlor. Wer damals den Mut hatte, den Index zu kaufen, weil der fünf Tage Indikator zu Jahresbeginn ein Kaufsignal gab, wurde am Jahresende mit einem Plus von 50 Prozent! belohnt! So einfach kann Börse sein. Eine Trefferquote von 83 Prozent schafft kein Anleger – aber der fünf Tage Indikator beweist dies seit 75 Jahren! It is worth a try.

 

Ein Beitrag von Heiko Thieme
Er ist über 45 Jahre im internationalen Anlagegeschäft tätig und schrieb 16 Jahre als freier Kolumnist für die FAZ. Seit dem Jahr 1979 gibt es seine Marktanalysen und Einschätzungen sowie die älteste deutsche Börsenhotline. Heiko Thieme ist über zwei Portale für Anleger zu erreichen:
heiko-thieme.club und heiko-thieme.com

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