Inflations-Prognosen: Lassen sich Preissteigerungen vorhersagen?

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Für die meisten Notenbanken ist die Inflation das bestimmende Maß in der Geldpolitik. Die US-Notenbank ist eine der wenigen Notenbanken, die ein Doppelmandat hat. Sie muss ihre Geldpolitik an der Inflation und der Beschäftigung ausrichten. In der Eurozone ist das anders. Hier gilt allein die Preisstabilität als Ziel.

Da Notenbanken ihre Politik maßgeblich nach der Inflation ausrichten, ist es umso wichtiger zu wissen, wohin sich die Preise bewegen. Das ist gar nicht so einfach. Inflation wird von vielen Faktoren bestimmt. Es gibt reale, greifbare Faktoren wie z.B. Nachfrage und Angebot, aber auch etwas diffuse Faktoren wie Inflationserwartungen. Sind die Erwartungen hoch, kann das einen Einfluss auf die Preise haben.

Wer keine Inflation oder sogar sinkende Preise erwartet, der hat wenig Anreiz die Preise von Produkten zu erhöhen oder z.B. mehr Lohn zu fordern. Erhöht man die Preise bei allgemein fallenden Preisen, würde man schnell im Wettbewerb untergehen.

Inflationserwartung und Inflation haben allerdings nicht viel gemein. So erwarten etwa US-Konsumenten seit Jahrzehnten eine Inflationsrate zwischen 3-4 %. Das hat wenig mit der Realität zu tun.

Markterwartungen lassen sich ebenso berechnen, sei es über Termingeschäfte oder Zinsdifferenzen von Anleihen, die an die Inflationsrate gebunden sind und solchen, die es nicht sind. Auch hier haben die Ergebnisse wenig mit der Realität zu tun.

Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die US-Notenbank ein Modell entwickelt. Es berechnet die Wahrscheinlichkeit, dass die Inflationsrate innerhalb einer gewissen Bandbreite sein wird. Der Prognosehorizont liegt bei 12 Monaten. Grafik 1 zeigt dazu die erwartete Range mit der größten Wahrscheinlichkeit.

Für die nächsten 12 Monate erwartet die Notenbank, dass die Inflation zwischen 1,5 % und 2,5 % liegen wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt laut Modell bei 65 %. Aktuell stimmt die Prognose. Betrachtet man allerdings die Historie, dann wirkt die Range nicht sehr zuverlässig.

Da es mehrere Bandbreiten mit Wahrscheinlichkeiten gibt (derzeit hat die Range von 1,5-2,5 % die Wahrscheinlichkeit von 65 % und eine Inflationsrate von mehr als 2,5 % eine Wahrscheinlichkeit von 25 %), kann man auch die gewichtete Erwartung berechnen. Das Ergebnis ist in Grafik 2 dargestellt. Dabei zeigt sich, dass die Prognose (12 Monatsprognose) nicht besonders gut ist.

Verschiebt man die Prognose nicht in die Zukunft, sondern lässt die Kurve einfach parallel zur Inflationsrate verlaufen, ist der Match relativ gut. Das ist zwar erfreulich, aber es bedeutet letztlich, dass die Notenbank die aktuelle Inflation mit dem Modell beschreibt und nicht die Zukunft. Mit anderen Worten: die Notenbank hat auch keine Ahnung und macht ihre Geldpolitik bis zu einem gewissen Grad im Blindflug.

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Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de

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