Riester-Rente: Besser als ihr Ruf

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Die Riester-Rente soll helfen, eine im Alter entstehende Rentenlücke zu schließen. Allerdings ist sie nicht gerade beliebt. Das liegt jedoch auch daran, dass sie nicht für jedermann die beste Alternative darstellt und viele Menschen falsche Erwartungen an die Riester-Rente hatten. Sparer, die für sich die richtige Förderung identifiziert haben, können an der Riester-Rente sehr viel Freude haben.

Die Sicherheit der Rente. Seit Jahren wird das Thema Altersvorsorge heiß diskutiert. Zusammenfassend und etwas lapidar ausgedrückt: hätten wir nur mehr Kinder gezeugt, hätten wir das ganze Problem nicht und die staatliche Rente wäre „sicher“, genauso wie es der berühmte Ausspruch des ehemaligen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Dr. Norbert Blüm nahelegt. Stattdessen steht unser umlagefinanziertes gesetzliches Rentensystem vor einem großen Problem. Der so genannte Generationenvertrag gerät an seine Grenzen. Im Umlageverfahren werden die eingezahlten Rentenbeiträge unmittelbar an die Leistungsberechtigten gezahlt. Diese haben ihrerseits in der Vergangenheit das System am Laufen gehalten. Das System funktioniert wunderbar, solange es genügend junge Arbeitnehmer gibt, die für die Rentenzahlungen der Ruheständler aufkommen. Dank des medizinischen Fortschritts werden wir jedoch immer älter. Gleichzeitig hat Deutschland mit einigen geburtenschwachen Jahrgängen zu kämpfen.

Ein Fünftel der rund 16,5 Millionen Riester-Verträge ruht derzeit.

Ein wichtiger Zusatz. Genauso wie viele andere Industrieländer kämpft auch Deutschland mit einer älter werdenden Gesellschaft. Immer weniger junge Arbeitnehmer müssen immer mehr Rentner finanzieren. Unseren Politikern sind mehrere Maßnahmen eingefallen, um dem Problem Herr zu werden. 2001 wurde im Zuge einer großen Rentenreform unter anderem das gesetzliche Rentenniveau gesenkt und die Riester-Rente vorgestellt. Seither unterliegt das Rentensystem ständigen Anpassungen: 2005 kam die so genannte Rürup- oder Basisrente hinzu, mit der vor allem Selbständige gefördert werden sollten. 2008 wurde der sogenannte Wohn-Riester entwickelt und die Betriebliche Altersversorgung reformiert. Bei allen diesen Maßnahmen geht es darum, das gesetzliche Rentensystem zu entlasten. Vorrangig indem die Höhe der künftigen Rentenzahlungen gesenkt und durch private Zusatzversicherungen kompensiert werden. Die Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus hat dazu geführt, dass die gesetzliche Rente von vielen Menschen als „unsicherer“ angesehen wird. Das bedeutet: Viele im Land wollen bzw. können sich nicht mehr allein auf die gesetzliche Altersvorsorge verlassen. Jeder einzelne sollte sich zusätzlich zur gesetzlichen Altersvorsorge nach ergänzenden privaten Vorsorge-Möglichkeiten umschauen. Nur auf diese Weise lässt sich Altersarmut verhindern.

Ziemlich unbeliebt. Den Menschen in diesem Land stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die eigene Altersvorsorge aufzubessern. Der berühmteste Vertreter ist die Riester-Rente. Rund 16,5 Millionen Riester-Verträge wurden in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten abgeschlossen. Allerdings ist die Begeisterung nach einer Anfangseuphorie merklich zurückgegangen. Dies zeigen Daten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Außerdem ruhen derzeit rund ein Fünftel der Verträge. Das heißt, es werden keine Beiträge eingezahlt. Der Ruf der Riester-Rente hat stark gelitten. Dies liegt aber auch daran, dass viele Menschen mit den falschen Erwartungen an das so genannte „Riestern“ gehen. Ein Riester-Vertrag allein kann niemals die gesamte Altersvorsorge sichern. Darüber hinaus ist nicht jede der vielen Möglichkeiten zu „Riestern“ (Riester-Versicherungsvertrag, Investmentfonds-Vertrag, Wohn-Riester oder Bank-Sparvertrag) für jedermann geeignet. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass nicht jede Riester-Art das ursprüngliche Ziel – die Altersvorsorge – im Auge hat.

Nicht für jedermann geeignet. Einen Riester-Vertrag abschließen kann jeder, der in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlt. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Beamte, Selbständige oder Auszubildende dazu gehören. In der Ansparphase fördert der Staat Riester-Verträge auf zwei Arten: Durch die Zulage oder eine steuerliche Förderung. Die jährliche Grundzulage liegt seit 1. Januar 2018 pro Person bei 175 Euro (bisher 154 Euro). Diese erhält jeder Riester-Kunde, sofern er 4 Prozent seines Vorjahreseinkommens in einen solchen Vertrag eingezahlt hat. Die Zulagen werden dabei angerechnet. Daher wird es besonders spannend, wenn der Sparer Kinder hat. Für Kinder, die vor 2008 geboren wurden, gibt es noch einmal 185 Euro. Bei Kindern, die nach 2008 geboren wurden, fallen jährlich pro Kind sogar bis zu 300 Euro an. Abseits der Förderung durch Zulagen besteht durch den Sonderausgabenabzug bei der Einkommensteuer eine weitere Fördermöglichkeit. Dabei werden die Riester-Beiträge inklusive Zulagen von maximal 2.100 Euro berücksichtigt. Welche der beiden Förderungen (Zulage oder Sonderausgabenabzug) für den Riester-Sparer günstiger ist, prüft das jeweilige Finanzamt im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung – es gibt also immer nur eine Förderung. Trotz dieser offensichtlichen Vorteile einer staatlichen Förderung, ist es alles andere als sicher, dass ein Riester-Vertrag immer die beste Alternative ist, Altersarmut zu verhindern und die Rentenlücke zu schließen.

Die häufig pauschal vorgetragene Kritik an der Riester-Rente ist deplatziert. Für viele Bevölkerungsgruppen und Lebenslagen kann sie genau die richtige Beimischung zur Altersvorsorge sein.

Riester-Rente und ihre Vorteile. Neben der steuerlichen Absetzbarkeit der Sparbeiträge bzw. der staatlichen Zulage spricht auch das so genannte Zwangssparen für die Riester-Rente. Auf diese Weise wird man angespornt, etwas für das Alter zurückzulegen. Die Spardisziplin ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Darüber hinaus gilt Pfändungssicherheit. Die Ersparnisse aus der Riester-Rente werden nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Auf das angesparte Geld darf aber nicht zurückgegriffen werden, ohne dass die staatliche Förderung zurückgezahlt werden muss. Aus dem klassischen Versicherungsprodukt wurde im Lauf der Jahre ein schwer zu überblickendes Konstrukt von staatlich geförderten Anlageprodukten. Nicht alle haben mit dem ursprünglichen Gedanken der Stärkung der Altersvorsorge etwas zu tun. Das gilt etwa für die Eigenheimrente, im Volksmund Wohn-Riester genannt. Das „Riestern“ hilft in diesem Fall, den Kredit schneller abzubezahlen. Das gilt aber außerdem für den Riester-Banksparplan. Dieser ermöglicht das klassische Ansparen, um damit eine größere Ausgabe zu finanzieren.

Pauschalkritik unberechtigt. Zu den Nachteilen der Riester-Rente gehört wiederum der Umstand, dass die Auszahlungen im Rentenalter besteuert werden. Zudem wird eine besonders hohe Langlebigkeit vorausgesetzt, damit sich das „Riestern“ wirklich lohnt. Die mangelnde Flexibilität ist ein weiterer Kritikpunkt. Einfach Mal seine Riester-Rente kündigen und sich das Ersparte auszahlen lassen geht nicht. In diesem Fall sind die teilweise sehr hohen Abschlusskosten weg. Außerdem muss die staatliche Förderung zurückgezahlt werden. Wer also schnell auf eine neue Lebenssituation reagieren möchte, sollte vielleicht die Finger von der Riester-Rente lassen und sich nach anderen Sparmöglichkeiten umsehen. Auch die Inflation und eine mangelnde Verzinsung könnten die Attraktivität von Riester-Verträgen schmälern. Trotzdem ist die häufig pauschal vorgetragene Kritik an der Riester-Rente deplatziert. Für viele Bevölkerungsgruppen und Lebenslagen kann sie genau die richtige Beimischung zur Altersvorsorge sein. Nur kommt man um einen genauen Vergleich nicht herum. Das gilt erst Recht für die anderen Arten der Riester-Förderung, die nicht der klassischen Altersvorsorge zuzurechnen sind.


Kurz nachgefragt bei… 

Heiko Vollmer
Der Dipl. Wirtschaftsingenieur und Financial Advisor (ebs) ist seit 2007 Vorstand der FINGENIUM private finance AG. Er betreut dort vorrangig Privatkunden in Vorsorgefragen. www.fingenium.de

Was gilt es bei Riester grundsätzlich zu bedenken?
Leider hielt es der Gesetzgeber für eine gute Idee, dass Verträge, die eine Riester-Förderung erhalten, eine Brutto-Beitragsgarantie beinhalten müssen. Dadurch lassen sich auf Basis des bereits länger anhaltenden Niedrigzins-Niveaus bei weitem nicht mehr die noch vor 10-15 Jahren in Aussicht gestellten Produktrenditen erzielen. Bleibt es bei niedrigen Zinsen, wird man sich für die Zukunft mit Produktrenditen nach Kosten von 2 Prozent begnügen müssen. 

Für wen ist ein Riester-Vertrag attraktiv?
Da die reine Produktrendite nicht toll ist, muss es die Förderung richten. Lohnenswert wird eine Riester-Rente primär für Familien ab 3 Kindern, die sich steuerlich nicht bei einem Grenzsteuersatz von 42% befinden. Und die Kinderzulage sollte dann auch noch länger als nur 4-5 Jahre fließen…. 

Was sind die Alternativen zu einem Riester-Vertrag?
Alternativ zu einem Riester-Rente wird man erwartungsgemäß mit einer fondsgebundenen Basisrente oder einem Fondssparplan, insbesondere mit ETFs, ein deutlich besseres Ergebnis erzielen. Es kommt bei den Alternativen dann eben darauf an, ob wirklich die reine Altersversorgung im Vordergrund steht, hier schadet eine reine Rente nämlich nichts. Oder ob doch primär der Wunsch auf eine Kapitalisierung des angesparten Vermögens besteht.

Dieser Beitrag ist ein Stück aus marktEINBLICKE – dem Quartals-Magazin der marktEINBLICKE.de-Redaktion für Geldanlage und Lebensart. Erhältlich am Kiosk, als Online-Ausgabe oder im Abo. www.markteinblicke.de

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