Familienstiftungen, Unternehmen und Immobilien: Ein starkes Team – und was ist mit dem Depot?

Ein Praxisbeitrag über aktuelle Motive für Familienstiftungen und gelungene Kombinationen von Stiftung und Kapitalvermögen.

(Fotos Shutterstock/ Dmytro Zinkevych, Unsplash / Osaruque Igbinoba, Unsplash / Natalia Blauth)

Familienstiftungen, Unternehmen und Immobilien können hervorragend zueinander passen, das dürfte dank eines regelrechten Hypes in der Medienlandschaft weitläufig bekannt sein. Als Bestandteil einer sinnvollen vermögens- und steuerstrategischen Ausrichtung haben sich Familienstiftungen insoweit längst etabliert – völlig zurecht, vereinigen sie doch steueroptimierten Vermögensaufbau und Vermögensschutz auf im deutschen Rechtssystem unvergleichliche Art und Weise. Und was gilt für das Depot? Ein Praxisbeitrag über aktuelle Motive für Familienstiftungen und gelungene Kombinationen von Stiftung und Kapitalvermögen.

von Dr. Stefan Humm, RA/Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Partner bei LEGAVIS Rechtsanwälte, und Prof. Dr. Robert Lehleiter, StB/WP, Vorstand bei Lehleiter + Partner Treuhand AG

Motive für Familienstiftungen – Asset Protection, Unternehmen und Immobilien

Stiften ist „in“

Stiften ist „in“ – wir erleben dies bei jeder Stiftung, die wir der Stiftungsaufsicht zur Anerkennung vorlegen. Die Bearbeitungszeiten werden länger und die Stiftungsbehörden sind aufgrund der mit dem Stiftungsboom einhergehenden (Mehr-)Arbeit nicht erfreut. Aus Sicht der Stifter gibt es dagegen immer mehr Gründe, sich mit dem Stiftungsgedanken zu beschäftigen. Und das sind nicht in erster Linie steuerliche Gründe (das sollten sie auch nicht sein!). Es geht vielmehr um Lebenssituationen und -risiken. War es in früheren Zeiten nur wenigen vergönnt, finanziellen Erfolg zu feiern und ein Vermögen aufzubauen, so erleben wir gerade nach fast 80 Jahren ohne Krieg und Vermögenszerstörung, dass größere Teile der Bevölkerung vermögend geworden sind. Die Kehrseite der Medaille ist aber auch, dass mehr verloren werden kann. Das Sicherheitsbedürfnis wächst, man möchte das Erreichte bewahren. Der Schutz- und Ewigkeitsgedanke der Stiftung „zieht“.

Während in Deutschland im Jahr 1999 insgesamt („nur“) etwa 9.000 Stiftungen bestanden, gibt es zwischenzeitlich knapp 26.000 rechtsfähige Stiftungen. Insgesamt wurden im Jahr 2023 – so die letzten veröffentlichten Zahlen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen (www.stiftungen.org) – 637 Stiftungen neu errichtet. Davon waren 351 gemeinnützig und 286 privatnützige Stiftungen, insbesondere Familienstiftungen, ein Verhältnis also von 55 zu 45 Prozent. Familienstiftungen holen anteilsmäßig stark auf, wenngleich noch immer rund 90 Prozent aller rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts gemeinnützig und damit steuerbegünstigt sein sollen.

Stiftungen werden häufig mit großen Vermögenswerten gleichgesetzt. Dass das zu kurz greift, zeigen weitere Erhebungen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen (Stand: 03/2022): rd. 36 Prozent aller Stiftungen sollen mit weniger als 100.000 Euro errichtet worden sein und weitere rd. 47 Prozent mit einem Kapital zwischen 100.000 und 1 Mio. Euro. Die häufig gestellte Frage, ob sich eine Stiftung demnach auch für den Mittelstand eignet, darf bereits mit Blick auf diese Statistik getrost bejaht werden.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass das Vermögen bestehender Stiftungen nach Errichtung nicht deutlich höher liegen kann. In der Praxis werden häufig Familienunternehmen oder Immobilien erst nach Errichtung der Stiftung auf diese übertragen. Statistiken zum Vermögen bestehender Familienstiftungen können wir „leider“ keine liefern – mit gutem Grund:  Es existieren keine. Anders als z.B. GmbHs oder Aktiengesellschaften unterliegen Stiftungen grds. keinen Veröffentlichungspflichten. Der Blick auf die Finanzkennzahlen bleibt für Außenstehende (zurecht) verwehrt.

Wenn wir schon bei den Zahlen sind: Für die Anerkennung einer Stiftung ist gesetzlich vorgesehen, dass die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheinen muss (§ 82 BGB). Was das konkret bedeutet, entscheidet jedes Bundesland und manchmal auch jede Stiftungsbehörde innerhalb eines Bundeslandes für sich selbst. Aktuell werden für Stiftungserrichtungen zumeist Vermögenswerte von 50.000 bis 200.000 Euro als „Startkapital“ benötigt. Dafür können Barvermögen, aber z.B. auch Immobilien, Unternehmensbeteiligen oder Wertpapiere verwendet werden.

Die Familienstiftung – eine Absicherung der Familie

Bei der Stiftung handelt es sich – gemäß der sperrigen gesetzlichen Definition des § 80 BGB – um eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person.

Welchen Zweck die Stiftung verfolgt, wird vom Stifter festgelegt und muss nicht gemeinnützig, sondern kann auch privatnützig sein; verschiedene Zwecke können auch miteinander kombiniert werden. Besteht – vereinfacht dargestellt – der Zweck der Stiftung überwiegend oder ausschließlich in der Förderung einer oder mehrerer Familien, spricht man von einer Familienstiftung.

Wer in diesem Sinne zur Familie zählt und begünstigt sein soll (sog. Destinatäre), legt allein der Stifter in der Stiftungssatzung fest. Zumeist werden – dem Ewigkeitsgedanken der Stiftung entsprechend – neben dem Ehepartner/Lebenspartner und den Kindern zugleich auch Enkelkinder und alle weiteren Abkömmlinge, sozusagen die gesamte Blutslinie nach unten, als potenziell Begünstigte aufgenommen (schenkungssteuerlich führt dies zu einem Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro). Potenziell Begünstigte! Das heißt, dass dieser Personenkreis Zuwendungen aus den Erträgen der Stiftung bekommen kann, nicht muss. Einzelheiten entscheidet stets der Stifter. Es steht ihm umgekehrt auch frei, feste Vorgaben zu machen, beispielsweise fixe Quoten oder Beträge. In der Praxis ist dies jedoch die Ausnahme, denn „harte Ansprüche“ für Destinatäre gegen die Stiftung begründen einen pfändbaren Anspruch und das ist mit dem häufig gewünschten Ziel der Asset Protection nicht verträglich. Im Ergebnis bleibt aber schon einmal festzuhalten: Bei der Gestaltung der Stiftungssatzung hat der Stifter weitgehende Entscheidungsfreiheit. Er schreibt sein „eigenes Gesetz“.

Konkrete Zuwendungen an Destinatäre werden zumeist in das Ermessen des Vorstands gestellt. Und das ist häufig – zumindest zu Beginn – der Stifter selbst. Anders als z.B bei GmbHs oder Aktiengesellschaften können bei Familienstiftungen auch ohne weiteres disquotale Ausschüttungen vorgenommen werden. Womöglich befindet sich gerade das älteste Kind zum Studieren im Ausland und benötigt einen höheren finanziellen Zuschuss. Mit der Familienstiftung kein Problem. Seine Geschwister können dafür z.B. in den Folgejahren entsprechend mehr bedacht werden.

Wächst die Familie, wachsen auch die Möglichkeiten der Stiftung mit. Erfasst der Kreis der Destinatäre „alle Abkömmlinge“ des Stifters, sind auch Neugeborene sofort begünstigungsfähig. Nebenbei bemerkt: Mit Geburt erhalten sie nicht nur eine Steueridentifikationsnummer, sondern können auch sofort den einkommensteuerlichen Grundfreibetrag in Höhe von bald mehr als 12.000 Euro jährlich in Anspruch nehmen. Bis zu dieser Höhe lässt sich dann auch noch die (wie bei Ausschüttungen anderer Kapitalgesellschaften) sonst grds. anfallende Kapitalertragsteuer von 25 Prozent auf Ausschüttungen aus Stiftungen sparen.

Asset Protection und das (Familien-)Unternehmen

Noch ein paar Worte zum Vermögensschutz – neudeutsch: Asset Protection – mit Stiftungen. Die Stiftung ist, wir wiederholen uns, eine mitgliederlose juristische Person. Sie hat also keine Gesellschafter, Anteilseigner o.ä. und gehört sich selbst. Das bringt – insoweit einzigartig in der deutschen Landschaft der Rechtsformen – einen klaren Vorteil mit sich: Etwaige Durchgriffsrisiken auf das Stiftungsvermögen, z.B. das Familienunternehmen, „von oben“, die bei anderen Gesellschaftsformen über die Gesellschafterstellung von natürlichen Personen möglich wären (Pfändung der Gesellschaftsanteile etc.), sind bei der Stiftung per se ausgeschlossen.

Die Familienstiftung ist insoweit besonders attraktiv für Unternehmerfamilien, die das Unternehmen (steuerlich optimiert) dauerhaft vor zivilrechtlichen und steuerlichen Risiken aus der persönlichen/familiären Sphäre der Unternehmerfamilie schützen, eine Zersplitterung in der Generationenfolge vermeiden sowie das Unternehmen zugleich diskret und dauerhaft den Werten und Wünschen des Stifters unterstellen wollen. So profitieren auch die folgenden Generationen von einer sicheren und dauerhaften Unternehmensstruktur ohne „äußere Einflüsse“ wie Kündigungen im Gesellschafterkreis, lebzeitige Schenkungen, Ehescheidungen, Todesfälle etc. Die Stiftung lässt sich nicht scheiden und stirbt auch nicht. Gerade über die Vermögensverteilung im Erb- oder Scheidungsfall lässt sich bekanntlich, auch in den besten Familien, auf vorzügliche Weise streiten. Mit der Familienstiftung ist dies passé.

Zwar hat der Gesetzgeber für die auf privater Ebene „vermiedene“ Erbschaftsteuer für die deutsche Familienstiftung eine Erbersatzsteuer alle 30 Jahre vorgesehen. Da dieses Datum aber feststeht, ist (anders als im privaten Bereich) die Erbersatzsteuer jedoch plan- und optimierbar.

Für einen ruhigeren Schlaf sorgt im Übrigen bei den meisten Stiftern bereits das Bewusstsein, mit der Stiftung einen sicheren und verlässlichen „zweiten Hafen“ zur Notfall-Absicherung für sich und die Familie geschaffen zu haben. Dieser Aspekt kann in einem zunehmend haftungsträchtigen Umfeld (nicht nur für Einzelunternehmer, Geschäftsführer und technische Vorstände großer Automobilkonzerne) nicht laut genug betont werden.

Ergänzender Hinweis: Wer mit einer Stiftungserrichtung liebäugelt, sollte die Errichtung so früh wie möglich und in „krisenfreien“ Zeiten angehen. Auch im Hinblick auf das an eine Stiftung übertragene Vermögen gelten die allgemeinen gesetzlichen Schutzmechanismen (z.B. allgemeine 4-jährige Anfechtungsfrist für unentgeltliche Übertragungen, bis zu 10-jährige Anfechtungsfrist bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung, 10-Jahres-Fristen für Ansprüche auf Ergänzung des Pflichtteils oder beim Zugewinnausgleich etc.).

 „Klassische“ Vorteile einer Holdingstruktur gelten auch für Stiftungen

Die Familienstiftung kombiniert die eben genannten Vorteile mit den auch für sie geltenden steuerlichen Vorteilen einer (normalen) Holdingstruktur z.B. mit GmbHs. Zu den „klassischen“ Vorteilen einer Holding-Struktur gehört § 8b des Körperschaftsteuergesetzes, wonach Ausschüttungen des Familienunternehmens bzw. von Tochtergesellschaften an die Stiftung zu 95 Prozent steuerfrei sind. Im Gegensatz zur GmbH-Holding, die dabei eine (schon sehr geringe) Steuerlast von nur rd. 1,5 Prozent trifft (5 Prozent von 30 Prozent Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) ist die Stiftungs-Holding mit grds. nur 0,75 Prozent (5 Prozent von 15 Prozent Körperschaftsteuer) Steuerbelastung nochmals deutlich im Vorteil. Die 95-prozentige Steuerbefreiung gilt im Übrigen nicht nur für Ausschüttungen, sondern auch bei Veräußerungen von z.B. Tochter-GmbHs. Auf Ebene der Stiftung kann die Liquidität grds. zum schnelleren Vermögensaufbau, für weitere Investitionen („Spardose“) und zur Erfüllung der Stiftungszwecke verwendet werden.

Ein weiterer Vorteil der deutschen Stiftungs-Holding wird in letzter Zeit immer häufiger zu einem zentralen Motiv für Stiftungserrichtungen: Plant z.B. ein GmbH-Gesellschafter seinen Wegzug ins Ausland, aus welchen Gründen auch immer, droht ihm bei Überschreiten der Grenze die sog. Wegzugsbesteuerung. Dabei fingiert der Gesetzgeber im Zeitpunkt des Wegzugs „über die Grenze“, dass der Inhaber seine Anteile an der Kapitalgesellschaft veräußert habe. Dieser fiktive Veräußerungsgewinn ist sodann nach § 6 Außensteuergesetz zu versteuern, ein ggfs. existenzbedrohender Vorgang. Strukturen mit deutschen Familienstiftungen bieten Schutz vor dieser Wegzugsbesteuerung.

Stiftung und Immobilien: auch ein starkes Team!

Eine Familienstiftung bringt auch für Immobilienbesitzer und -investoren zentrale Vorteile mit sich. Sollen Immobilien und Ländereien dauerhaft zusammengehalten und vor Zersplitterung geschützt werden, kann dies unter dem Dach einer Familienstiftung geschehen. Sämtliche vorstehend zu den Unternehmen bereits genannten weiteren Argumente zu Asset Protection, Konfliktvermeidung etc. gelten also auch hier.

Es lohnt sich aber auch hier ein zusätzlicher Blick auf die steuerliche Seite: Eine deutsche Familienstiftung unterliegt – wie jede andere juristische Person des Privatrechts auch – der Körperschaftsteuerpflicht. Die Körperschaftsteuer beträgt aktuell 15 Prozent. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag.

Im Gegensatz zu allen anderen Kapitalgesellschaften kann eine Familienstiftung dabei grds. alle Einkunftsarten erzielen, die auch eine natürliche Person haben kann (z.B. als Vermieterin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder als Gesellschafterin einer GmbH/AG Einkünfte aus Kapitalvermögen). Die Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG gilt für Familienstiftungen dagegen – ein wesentlicher Vorteil gegenüber Kapitalgesellschaften – nicht. Es ermöglicht der Stiftung also auch steuerliches Privatvermögen zu halten.

Dies bringt der Stiftung erhebliche Vorteile, z.B. im Zusammenhang mit Immobilien. Einkünfte aus der Vermietung von im steuerlichen Privatvermögen der Stiftung gehaltenen Immobilien unterliegen lediglich einem Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent (zuzüglich Soli) und sind nicht gewerbesteuerpflichtig. Dies ist eine deutliche Besserstellung gegenüber dem persönlichen Steuersatz einer natürlichen Person (z.B. rd. 42 Prozent). Zugleich können auch bei einer Stiftung im steuerlichen Privatvermögen der Stiftung befindliche Immobilien nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist des § 23 EStG komplett steuerfrei verkauft werden.

Lediglich auf gewerbliche Tätigkeiten (wirtschaftliche Geschäftsbetriebe) hat die Stiftung auch Gewerbesteuer zu bezahlen. Eine Infizierung anderer Bereiche der Stiftung findet dabei grds. nicht statt.

Stiftungen und Kapitalvermögen – eine besonders gelungene Kombination

Gründe für Stiftungserrichtungen gibt es, wie eben angerissen, vielfältige – und es sollten auch immer primär außersteuerliche Gründe sein, denn unser Steuerrecht ist bekanntlich recht kurzlebig. Was heute noch gefördert wurde, kann morgen ganz schnell wieder in Misskredit fallen (Gastronomen haben dies jüngst mit der versprochenen dauerhaften MWSt-Senkung wieder einmal leidvoll erfahren müssen). Und dennoch – ein Blick in die aktuellen steuerlichen Rahmenbedingungen lohnt sich, denn Stiftungen bieten durchaus überzeugende steuerliche Vorteile auch im Bereich der Besteuerung von Kapitalerträgen. Wir haben hierzu im Folgenden ein Beispiel aus unserer Beratungspraxis mitgebracht:

Das wertvolle Depot

Ein Mandant hat in den letzten Jahren sehr erfolgreich an der Börse investiert. Insbesondere Aktien aus Nebenwerten im Wasserstoffbereich konnten zum Teil explosionsartige Kursgewinne verzeichnen. Letztlich hat er aus einem Anfangskapital von 200.000 Euro ein Depot im Wert von 1. Mio. Euro generiert. Unglücklicherweise fallen bei der Veräußerung auf den Kursgewinn von 800.000 Euro Steuern in Höhe von circa 211.000 Euro an, worüber der Mandant verständlicherweise nicht sehr erfreut ist.

Leider verbessert sich die Situation nicht, wenn man sich die möglichen erbschafts- beziehungsweise schenkungssteuerrechtlichen Konsequenzen ansieht. Tritt der Erbfall ein, so kommt auf den Erben, nach dem derzeitigen Steuerregime, eine Doppelbelastung mit Erbschaftssteuer und Einkommenssteuer zu – diese Situation wird übrigens von der vorherrschenden Meinung und der aktuellen Rechtsprechung als verfassungskonform betrachtet. Das Depot wird nämlich mit seinem vollen Wert der Erbschaftssteuer unterworfen und nicht um eine latente Ertragssteuerlast reduziert. Die Folge: sollte das Depot im Wert von 1. Mio. Euro an ein Kind vererbt oder verschenkt werden, so wird auch der Gesamtwert in Höhe von 1. Mio. Euro mit Erbschaftssteuer belastet und nicht der um die Einkommenssteuer von 211.000 Euro geminderte Wert (die erbschaftsteuerlichen Freibeträge waren im Fall bereits aufgebraucht). Bei 1. Mio. Euro sind dann 19 Prozent Erbschaftsteuer fällig, also 190.000 Euro.

Was bedeutet dies für die Kursgewinne? Geht man von dem Erbschaftssteuertarif von 19  Prozent (Tarif bei einem Wert der Erbschaft von 600.000 Euro – 6 Mio. Euro) aus, dann unterliegt die Wertsteigerung in Höhe von 800.000 Euro zunächst einmal der Erbschaftssteuer in Höhe von 152.000 Euro. Wird später verkauft, unterliegt der Gesamtwert abzgl. Anschaffungskosten der Einkommensteuer in Höhe von 211.000 Euro (inkl. Solidaritätszuschlag), was einem Tarif von etwa 26,4  Prozent entspricht. Insgesamt unterliegt die Wertsteigerung somit einer Gesamtsteuerbelastung von ca. 361.000 Euro beziehungsweise von über 40  Prozent. Die in manchen Fällen greifende Entlastung bei der Einkommenssteuer gemäß § 35b Einkommenssteuergesetz wirkt leider aufgrund von § 2 Absatz 5b Einkommenssteuergesetz für solche Fälle nicht.

Die Lösung: Für den Mandanten war eine Familienstiftung aus unterschiedlichen, nicht steuerlichen Gründen bereits sehr interessant. Im Rahmen der Stiftungsgestaltung fiel dann das Gespräch auf das bestehende Depot. Letztlich wurde das Depot an zwei Familienstiftungen je hälftig geschenkt. Somit erhielt jede Stiftung einen Wert in Höhe von 500.000 Euro bei Stiftungsgründung.

Die Satzungen der Stiftungen wurden auf Wunsch der Stifter so ausgestaltet, dass als Destinatäre neben dem Stifter selbst die Ehefrau, die Kinder, Enkelkinder und weitere Abkömmlinge in gerader absteigender Linie aufgenommen wurden. Der schenkungsteuerliche Freibetrag je Stiftung bei Errichtung betrug folglich nur 100.000 Euro. Jede Stiftung musste daher einen Erwerb in Höhe von 400.000 Euro versteuern, was bei einem Tarif von 15  Prozent 60.000 Euro Schenkungssteuer je Stiftung entsprach. Insgesamt ergab sich eine Steuerbelastung von 120.000 Euro, nicht wenig.

Dafür erfolgte dann die Realisierung der stillen Reserven in den Aktien auf Stiftungsebene quasi steuerfrei, denn die Stiftung profitiert hier von dem Holding-Privileg des § 8b Körperschaftsteuergesetz. Dies bedeutet verkürzt, dass eine Stiftung auf den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen, in diesem Fall insbesondere Aktien, nur 5  Prozent des Gewinns versteuern muss und zwar nur mit Körperschaftsteuer (zzgl. Solidaritätszuschlag). Gewerbesteuer fällt keine an, denn es handelt sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Letztlich bezahlt die Stiftung auf diese Kursgewinne nur 0,75  Prozent Steuern (zuzüglich Solidaritätszuschlag). Auf die 800.000 Euro Kursgewinne werden folglich nur 6.000 Euro Steuern fällig. Damit ist für den Kapitalanleger wieder eine deutlich höhere Flexibilität gegeben, um sein Depot aktuellen Entwicklungen anzupassen. Im Ergebnis konnte der Mandant so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zwar kostete ihn die Übertragung des Depots mit 120.000 Euro viel Geld, doch war dies deutlich geringer als die Steuerlast bei Belassen im privaten Depot und vom Tarif her ebenfalls günstiger als die Übertragung (Schenkung/Vererbung) auf sein Kind.

Natürlich ist auch bei dieser Gestaltung klar, dass sie nur dann sinnvoll ist, wenn die Stiftungserträge nicht kurzfristig für die private Lebensführung auf Ebene der Destinatäre benötigt werden. Denn bei der Ausschüttung fällt wieder eine Steuerbelastung an (idR 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag). Da eine Ausschüttung auf absehbare Zeit von den Beteiligten aber nicht benötigt wurde und das Depot den „Notgroschen“ darstellt, konnte die Gestaltung mit gutem Gewissen empfohlen werden.

Ergänzend wollen wir auf folgende Punkte hinweisen:

  1. Bei entsprechender Satzungsgestaltung kann ein (maximaler) Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro je Stifter im Rahmen der Stiftungserrichtung geltend gemacht werden. Damit können bspw. Stifter-Ehegatten bis zu 800.000 Euro einer Stiftung schenkungsteuerfrei schenken – und zwar jeder Stiftung (es gibt kein Gesetz, das es den Stiftern verbietet, parallel mehrere Stiftungen zu errichten).
  2. Aufgrund der Gewerbesteuerfreiheit der Kapitalerträge ist die Stiftung in diesen Fällen auch der GmbH als Anlagevehikel deutlich überlegen (15  Prozent statt 30  Prozent für alle laufenden Erträge sowie nicht unter § 8b KStG fallenden Veräußerungsgewinne (betrifft alle Veräußerungsgewinne außer die Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen; für diese nur ca. 0,79  Prozent incl. Solidaritätszuschlag)). Allerdings sieht die steuerliche Vorteilhaftigkeit anders aus, sobald die Kapitaleinkünfte fremdfinanziert werden, denn Schuldzinsen sind auf Stiftungsebene im Rahmen der Kapitaleinkünfte nicht abzugsfähig. Somit kann ganz grob folgende Empfehlung gegeben werden: Nicht fremdfinanzierte Anlagen sind besser in der Stiftung aufgehoben, fremdfinanzierte Anlagen in einer GmbH.
  3. Auch beim „Trading“ mit Optionen und ähnlichen Produkten hat die Stiftung aufgrund der Verlustverrechnungsbeschränkungen in § 20 Absatz 6 Satz 5 ff. EStG einen strukturellen Nachteil gegenüber einer Trading-GmbH. Zwar hat der BFH in seinem Aussetzungsbeschluss vom 7. Juni 2024 (VIII B 113/23) festgestellt, dass die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte gem. § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Was nun aber der Gesetzgeber aus diesem Beschluss macht, steht noch in den Sternen. Und da sind wir wieder bei der Kurzlebigkeit steuerlicher Rahmenbedingungen.

Fazit

Familienstiftungen sind ein einzigartiges, robustes und zugleich flexibles Instrument zur Wahrung und Sicherung von Werten über Generationen hinweg, zum Schutz des (Familien-) Unternehmens, zur Absicherung und Konfliktvermeidung innerhalb der Familie, zur Schaffung eines „2. Himmels“ für Notfälle und für vieles mehr. Stiftungen bieten darüber hinaus aber auch überzeugende Argumente im steuerlichen Bereich, u.a. bei der Besteuerung von Holding-Strukturen, von Immobilien sowie von Kapitalerträgen. Die Kombination von Stiftung, Unternehmen, Immobilien und auch Kapitalvermögen bietet demnach zahlreiche Möglichkeiten und Chancen für eine langfristige vermögens- und steuerstrategische Ausrichtung in Bezug auf Vermögensaufbau und Vermögensschutz.

(Foto: Humm / Lehleiter)

Ein Gastbeitrag von Dr. Stefan Humm und Prof. Dr. Robert Lehleiter

Humm ist RA/Fachanwalt für Handels-und Gesellschaftsrecht, Partner bei LEGAVIS Rechtsanwälte

www.legavis.de

Lehleiter ist StB/WP, Vorstand bei Lehleiter + Partner Treuhand AG

www.lehleiter.info

Die beiden Autoren begleiten Unternehmerfamilien, Unternehmen und Private Clients bei der Errichtung von Stiftungen, der Vorbereitung und Gestaltung des Generationenwechsels sowie in allen alltäglichen Fragen rund um das private und betriebliche Vermö­gen. Sie veranstalten zudem gemeinsam regelmäßig Seminare und Webinare, insbesondere rund um die Themen Stiftung, Unternehmen, Nachfolge, Immobilien und Steuern: www.stiftungsakadamie.de

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