Mein Ausblick zu Jahresbeginn war anders! Das globale Wachstum sah ich bei knapp drei Prozent. Jetzt geht es darum, eine Rezession zu vermeiden! Der Grund für diesen abrupten Richtungswechsel liefert Trump mit seiner “irrsinnigen” Zollpolitik, die von keinem respektierten Ökonomen unterstützt wird. Vor 95 Jahren war es der Smoot-Hawley Act, der im Juni 1930 Einfuhrzölle in Amerika im Durchschnitt um 20 Prozent erhöhte, um den Wirtschaftseinbruch zu beenden. Das Gegenteil war jedoch der Fall.
Ein Jahr später fielen Exporte um 60 Prozent und die US-Wirtschaft schrumpfte um 50 Prozent! Protektionismus behindert Wachstum – der Abbau von Zollschranken fördert Wachstum! Keine Mauern, sondern Brücken bauen ist die Lösung. Hält Präsident Trump an seinen Strafzöllen – die höchsten in der amerikanischen Geschichte – fest, ist ein Börsencrash von mindestens minus 30 Prozent kaum vermeidbar! Trump verhält sich wie bei einer Fernsehshow – jedoch geht es hier um Realpolitik. Am Wochenende spielt er Golf, anstatt sich auf diese globale Krise, die er selbst kreiert hat, zu fokussieren.
Das transatlantische Bündnis, von dem die USA und Europa 85 Jahre lang profitierten, hat Trump zerschlagen und damit das Vertrauen in die USA als zuverlässigen Partner drastisch reduziert. Europa muss sich verselbständigen, aber das braucht Zeit. Amerikas neue Isolationspolitik ist eine Chance nicht nur für China, sondern auch für Europa, wichtige Handelsbeziehungen mit Afrika und Asien auszubauen. Der Nahe Osten bleibt ein „Pulverfass” ohne konkrete Lösungen. Im Wahlkampf brüstete sich Trump damit, den Ukraine-Krieg in einem Tag zu beenden! Stattdessen hat er die Position von Russland deutlich aufgewertet, ohne die geringste Gegenleistung zu erhalten. Trump, der „Deal Maker”, hat bisher wenig beeindruckt – das Gegenteil ist eher der Fall.
Deutschland ist weiterhin der „kranke Mann Europas”! Dennoch hat der DAX im ersten Quartal Anfang März in der Spitze ein Plus von 18 Prozent erreicht. Dies war fast doppelt so viel, wie ich für das Gesamtjahr projiziert hatte. Mit einer Stoppabsicherung konnte man also mindestens 10 bis 15 Prozent erzielen! Deutschland läuft jetzt Gefahr, auch in diesem Jahr nicht aus der Rezession herauszukommen!
Somit könnte der DAX sein Rekordhoch mit 23.476 in diesem Jahr bereits im März erreicht haben. Ein Rückgang auf die 19.000-Marke beim DAX wäre das erste Kaufniveau mit drei Prozent vom Anlagekapital. Zwei weitere Tranchen sollten dann mit einem ähnlichen Prozentsatz bei 18.000 und 17.000 investiert werden, also insgesamt 10 Prozent. Am Jahresende rechne ich nach wie vor mit einem Schlusskurs von mindestens 20.000 beim DAX. Natürlich ist dies keine Garantie, sondern lediglich eine persönliche Einschätzung.
In den USA gehören der S&P 500, Freiverkehrsmarkt (NDX), Dow Jones und Russell 2.000 zu meinen Favoriten. Insgesamt kann man hier bis zu 25 Prozent anlegen. Auf China, Indien und Japan entfallen insgesamt 15 Prozent. Gold ist mit fünf Prozent dabei. Selbst in Bitcoin kann man drei Prozent anlegen, auch wenn ich nach wie vor glaube, es hat keinen Wert! Der Rest des Portfolios besteht aus Einzelwerten, wobei kein Wert mehr als drei Prozent ausmachen sollte.
Insgesamt empfehle ich, nicht mehr als 30 Positionen zu halten, um nicht den Überblick zu verlieren.
Die Strafzölle werden die Inflationsrate erhöhen, auch wenn dies Trump immer wieder bestreitet. Damit wird die von der Notenbank angestrebte Zwei-Prozent-Marke in diesem Jahr nicht erreicht werden! Mit Zinssenkungen ist daher in diesem Jahr kaum zu rechnen. So jedenfalls die jüngsten Äußerungen von Notenbankchef Powell. Präsident Trump würde Powell am liebsten ablösen, aber hat keine Befugnisse dafür.
Seit seinem Amtsantritt regiert Trump wie ein Autokrat und duldet keinen Widerspruch. Dies widerspricht dem demokratischen Verständnis der amerikanischen Verfassung! Dies könnte zu einer erheblichen Konfrontation mit dem demokratischen Teil der amerikanischen Bevölkerung führen. Erste Anzeichen gab es am ersten April-Wochenende.
Warren Buffett hat in seinem Berkshire-Hathaway-Fund im vergangenen Jahr eine Liquidität von über 300 Milliarden aufgebaut, was rund 30 Prozent des Fonds ausmacht. Damit beweist der 94-Jährige erneut, zwischen Hype und Qualität zu unterscheiden. Inzwischen sind die „glorreichen Sieben” von ihrem spektakulären Höhenflug im Durchschnitt um 42 Prozent gefallen. Erfahrung zahlt sich offensichtlich aus!
Ein Beitrag von Heiko Thieme
Er ist über 45 Jahre im internationalen Anlagegeschäft tätig und schrieb 16 Jahre als freier Kolumnist für die FAZ. Seit dem Jahr 1979 gibt es seine Marktanalysen und Einschätzungen sowie die älteste deutsche Börsenhotline. Heiko Thieme ist über zwei Portale für Anleger zu erreichen:
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