KI-Agenten haben das Gespräch aufgenommen

Eingebaut in das Front-End großer Sprachmodelle könnten laut Thomas Rappold KI-Chatbots die Betriebssysteme des KI-Zeitalters werden.

(Bildquelle: pixabay / cliff1126)

Was ist das „next big thing“ beim Thema künstliche Intelligenz? Mark Zuckerbergs Entscheid, dass sein Meta Platforms (WKN: A1JWVX / ISIN: US30303M1027) Konzern eine eigenständige App herauszubringen und damit den Platzhirschen ChatGPT, Google Gemini oder Perplexity Konkurrenz machen wird, ist logisch wie konsequent.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Insgesamt registrierten die App-Stores allein im vergangenen Quartal 427 Millionen Downloads von KI-Chatbots. Als Topthema für 2025 gelten digitale Agenten. Sie gelten als intelligente im Hintergrund agierende Helfer, die die täglichen Arbeiten der Menschen ob privat, im Büro oder in der Fertigung einfacher, schneller und effizienter machen sollen. Den Chatbots kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie sind so etwas wie der neue Internetbrowser und die Basisstation und fungieren als Schnittstelle zu uns Menschen. Entscheidend für den Erfolg der Agenten ist eine große Nutzerbasis, spannende Dienste und eine breite Datenbasis.

Die drei Plattformen ChatGPT, Meta und Google sind jeweils in einer sehr guten Ausgangsposition, um von diesem Trend massiv zu profitieren. Eines der Unterscheidungsmerkmale für soziale KI-Anwendungen wird die emotionale Intelligenz sein – ein Bereich, in dem das neueste Modell von OpenAI, GPT-4.5, vielversprechend ist. Während sich viele Schlagzeilen auf die horrenden Kosten der KI-Modelle konzentrierten, sind aber bemerkenswerte Fortschritte der Chatbots zu sehen, die mit größerer Empathie mit Nutzern interagieren.

Das ist wichtig, denn je natürlicher KI klingt, desto eher können sich die Verbraucher vorstellen, dass sie in ihr Leben passt. Und genau darauf setzen Apple mit seinem iPhone oder Amazon mit seiner Alexa. Auch Unternehmen sehen nun ihre Geschäftschancen in einer neuen Art von Benutzerschnittstelle: Immer mehr öffentliche Unter-nehmen nennen KI in ihren Gewinnmitteilungen als „Freund“ oder „Begleiter“, um B2C-Dienste persönlicher zu gestalten.

KI-Agenten als Produktivitäts-Turbo

Die KI-Agenten kommen genau zum richtigen Zeitpunkt: Angesichts des großen Fachkräftemangels verstärkt auch noch durch den demographischen Effekt, weil immer mehr qualifizierte Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen, ohne dass ausreichend junge Menschen in den Arbeitsmarkt einsteigen, sind neue digitale Helfer unabdingbar, um den Wohlstand der Bevölkerung zu sichern und einen bestimmten Service-Level aufrecht zu erhalten. Außerdem können KI-Agenten rund um die Uhr arbeiten, können sofort eingestellt oder entlassen werden und benötigen keine zusätzlichen Büroräume oder Geräte für ihren Betrieb.

Die Unternehmensberatung McKinsey geht davon aus, dass das langfristige Steigerungspotenzial der Produktivität bei 4,4 Billionen US-Dollar liegt. Der Produktivitäts-Turbo ist die Gewinndividende in der Zukunft für die enormen KI-Infrastrukturinvestitionen. Das Weltwirtschaftsforum rechnet laut einer aktuellen Studie, dass KI und Robotic rund 85 Millionen Arbeitsplätze eliminieren werden, gleichzeitig aber 97 Millionen neue Jobs in den Segmenten KI-Entwicklung, Data Science und Mensch-KI-Kollaboration schaffen sollen. Viel wichtiger erscheint die Tatsache, dass KI-Agenten Menschen in ihrer täglichen Arbeit massiv unterstützen werden.

Es geht also weniger um das Ersetzen als vielmehr um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Mitarbeiter, gerade in den westlichen Hochlohnländern. In letzter Zeit haben viele Unternehmen neue agentenbasierte KI-Fähigkeiten in ihr Repertoire aufgenommen. Agenten in der Software-Entwicklung haben einen gewaltigen Hebel. Bekanntlich waren bisher Software-Entwickler ein rares und teures Gut. Agentenbasierte Benchmarks zeigen, wie rasant schnell Fortschritte erzielt werden: die Software-Engineering-Fähigkeit modernster KI-Modelle sind im letzten Jahr von einer Erfolgsquote von 4 Prozent auf 70 Prozent gestiegen.

Infolgedessen wird sich unser privates und geschäftliches Leben wahrscheinlich um die Verwaltung von Teams von KI-Agenten drehen, die in unserem Auftrag handeln. Um dies effektiv zu tun, werden wir über eine Benutzeroberfläche – ein „Betriebssystem“ – kommunizieren müssen, das diese Agenten steuert. In dem neuen Paradigma könnten die Agenten mit Smartphone-Apps und die Benutzeroberfläche, die sie steuert, mit iOS vergleichbar werden. Während die Nutzer derzeit ihre Apps über den Touchscreen des Smartphones steuern, werden wir unsere Agenten wahrscheinlich über natürliche Sprache bedienen. Eingebaut in das Front-End großer Sprachmodelle könnten KI-Chatbots die Betriebssysteme des KI-Zeitalters werden.

Ein Beitrag von Thomas Rappold

Er ist Internetunternehmer, Buchautor und Investor. Bereits mit 14 Jahren erlernte er die frühen Programmiersprachen im Selbststudium auf dem damaligen Kultcomputer Commodore C64. Er ist profunder Kenner des Silicon Valley und dort an verschiedenen Start-ups beteiligt.

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