Paradox: Börse missversteht Grenkes Prognoseanhebung als Umsatz- und Gewinnwarnung…

(Bildquelle: © Grenke)

Börsenkurse sind zu 90% Emotion und zu 10% Fakten – diese Börsenweisheit bestätigt sich aktuell am Beispiel Grenke aufs Neue. Und dass viele Anleger gar nicht wissen, was sie sich da ins Depot gelegt haben – Aktien werden viel zu oft mit Wettscheinen auf die Kursentwicklung verwechselt und allzu selten als das gewertschätzt, was sie sind: ein Anteil an einem Unternehmen. Nochmal: Unternehmensbeteiligung und Lotterieschein – das ist nicht das Gleiche! Wer das nicht versteht oder anders sieht, braucht gar nicht weiterzulesen.

Das Familienunternehmen Grenke (WKN: A161N3 / ISIN: DE000A161N30) ist eine der Vorzeigestorys auf dem deutschen Kurszettel. Seit Jahren wächst das Geschäft bei Umsatz und Ergebnis mit deutlich zweistelligen Zuwachsraten. Und der Kurs zieht seit vielen Jahren mit. Doch nun gab es einen heftigen Kurseinbruch, ausgelöst durch einen Artikel bei Bloomberg. Dort war ein Interview mit Grenke-Vorstandsmitglied Sebastian Hirsch veröffentlicht worden, das Bloomberg mit “Grenke erwartet langfristig deutlich geringeres Leasing-Wachstum” auf den Markt losgelassen hat. Und der Markt hat emotional reagiert. Und aus meiner Sicht deutlich über…

Grenke hatte in seinem Geschäftsbericht 2017 ein “langfristiges Wachstum des Neugeschäfts – das ist die Summe der Anschaffungskosten neu erworbener Leasinggegenstände, Factoringvolumina und Existenzgründungsfinanzierungen (inkl. Mikrokreditgeschäft) – um jährlich mindestens 12 Prozent” angekündigt. Ende Oktober im Conference-Call hatte Grenke dieses nun konkretisiert auf ein “mittel- bis langfristiges Wachstum für das Leasingneugeschäft von 14 bis 16 Prozent”. 14 bis 16 liegt nach Adam Riese oberhalb von 12!

Richtig ist (aber) auch, dass Grenke es in der Vergangenheit regelmäßig geschafft hat, mit rund 20% pro Jahr zu wachsen. Natürlich immer von einer deutlich niedrigen Basis aus, denn die jeweils neusten Zuwächse machen das Beibehalten der prozentualen Zuwachsraten von Jahr zu Jahr schwieriger. Klar, oder? Einen Umsatz oder Gewinn von 1 Million um 20% steigern fällt leichter, als einen von 1 Milliarde.
Grenke-Vorstand Hirsch hatte dennoch ein Wachstum von 20% nicht ausgeschlossen; allerdings hatte er geäußert, dass dafür “wirklich alles passen” müsste…

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Kissig Ein Beitrag von Michael C. Kissig

Er studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-Blog “iNTELLiGENT iNVESTiEREN” verfasst Michael C. Kissig regelmäßig eine Kolumne für das “Aktien Magazin”.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: Michael C. Kissig / © Grenke