Trotz der erreichten Kurshöhen denkt Warren Buffett derzeit nicht daran, bei seinen Japan-Investments Gewinne mitzunehmen. Ganz im Gegenteil: Die häufig als „Orakel von Omaha“ bezeichnete Investorenlegende hat sogar in Teilen nachgelegt. Auch für andere westliche – aber ebenso einheimische – Investoren bleiben japanische Aktien interessant. Schließlich tut sich derzeit nicht nur an der Tokioter Börse einiges. Auch im Land selbst, insbesondere in der Politik, ist vieles in Bewegung geraten.
Am 6. Oktober schoss der japanische Leitindex Nikkei 225 um knapp fünf Prozent in die Höhe. Ein neues Rekordhoch wurde erreicht. Auch in den Folgetagen zeigten sich Börsianer in Tokio in guter Laune. Allerdings zeigte sich allen voran der Nikkei 225 inzwischen wieder etwas volatiler, da die zunächst als sicher angesehene Wahl von LDP-Chefin Sanae Takaichi zur ersten Frau als Premierministerin des Landes ins Wanken geraten ist. Trotz der jüngsten politischen Unruhen scheint dieser Ausgang weiterhin wahrscheinlich.
Genau dieser Wahlausgang wäre es, der Börsianern offenbar am besten gefiele – das zeigen die Kursreaktionen auf die politischen Nachrichten der letzten Wochen. Der jüngste Börsenjubel hatte zwar mit der Personalie Takaichi zu tun, doch die positive Stimmung an der Tokioter Börse hatte bereits in den Jahren zuvor zugenommen, nachdem dort lange Zeit eher Stillstand geherrscht hatte.
Warren Buffett kauft in Japan zu
Im Fokus der Wende an der Tokioter Börse standen in den vergangenen Jahren verschiedene Reformen, die börsennotierte Unternehmen stärker in die Pflicht nahmen, sich am Shareholder-Value-Prinzip zu orientieren. US-Börsenlegende Warren Buffett hatte frühzeitig die Chancen erkannt, die sich in Japan boten – und weiterhin bieten. Im Sommer 2020 wurde bekannt, dass seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway (WKN: A0YJQ2 / ISIN: US0846707026) seit 2019 begonnen hatte, Anteile an fünf der größten Industriekonglomerate Japans zu erwerben: Mitsubishi, Mitsui, Itochu, Marubeni und Sumitomo.
Trotz der Kursrallye und des Wertzuwachses für Buffetts Beteiligungen denkt das „Orakel von Omaha“ nicht an Verkäufe oder Gewinnmitnahmen. Im Gegenteil: Es wurde bekannt, dass die Beteiligungen an Mitsubishi und Mitsui aufgestockt wurden. Bei Mitsubishi stieg der Anteil zuletzt auf 10,23 Prozent. Der Gesamtwert der fünf japanischen Aktien im Berkshire-Portfolio erreichte zuletzt mehr als 30 Milliarden US-Dollar.
Buffett selbst erklärte Anfang Mai bei der Hauptversammlung von Berkshire, dass er und sein designierter Nachfolger Greg Abel noch lange an den Japan-Investments festhalten wollen:
„In den nächsten 50 Jahren … werden wir nicht daran denken, diese zu verkaufen. Die Investition in Japan war genau das Richtige für uns“, sagte Buffett.
Dank dieses „Buffett-Effekts“ springen auch andere Investoren auf den Zug Japan auf. Analysten bei J. P. Morgan sehen diesen Effekt sogar als entscheidenden Grund, warum die Aktien dieser Konglomerate ihre lange Phase der Unterbewertung hinter sich lassen konnten. Die Zusammenarbeit mit Berkshire Hathaway als Großaktionär habe das Bewusstsein der Managementteams für den Aktienkurs und eine aktionärsfreundliche Kapitalallokation deutlich geschärft.
Börsianer hoffen auf marktfreundliche Reformen
Buffetts Timing scheint zu stimmen. Die ohnehin starke Entwicklung an den japanischen Aktienmärkten erhielt Anfang Oktober einen zusätzlichen Impuls durch die Wahl von Sanae Takaichi zur Vorsitzenden der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP). Als stärkste Kraft im Parlament stellt die LDP traditionell den Premierminister – und Takaichi könnte die erste Frau in diesem Amt werden.
Börsianer verbinden mit ihrer möglichen Wahl Hoffnungen auf wirtschaftsfreundliche Reformen, höhere Staatsausgaben sowie eine weiterhin lockere Geldpolitik durch die Bank of Japan. Die ursprünglich für den 15. Oktober geplante Wahl Takaichis galt als sicher – bis der Koalitionspartner Komeito überraschend seinen Rückzug erklärte. Die Wahl eines Nachfolgers für den scheidenden Premierminister Shigeru Ishiba ist nun für den 21. Oktober angesetzt.
Laut „Nikkei“-Magazin strebt die LDP an, dass der neue Premierminister bereits am 24. Oktober seine Antrittsrede im Parlament hält. Bereits am 26. Oktober steht ein ASEAN-Gipfel in Malaysia an. Doch die „Japan Times“ berichtete, dass die größte Oppositionspartei, die Constitutional Democratic Party of Japan (CDP), die Unterstützung der Komeito für einen gemeinsamen Kandidaten anstrebt. Der Wahlausgang bleibt also ungewiss. In anderen Bereichen hingegen herrscht mehr Klarheit.
SoftBank als Aushängeschild
Neben Finanzmarkt-Reformen profitiert die Tokioter Börse auch vom Boom rund um Künstliche Intelligenz. Hier nimmt die Beteiligungsgesellschaft Softbank (WKN: 891624 / ISIN: JP3436100006) eine Schlüsselrolle ein. Als Partner des „Stargate“-Projekts ist das Unternehmen gemeinsam mit OpenAI und Oracle an der Schaffung neuer KI-Infrastruktur beteiligt. Ende September kündigte man fünf neue Rechenzentrumsstandorte in den USA an.
Das Ziel des im Januar gestarteten Projekts ist ambitioniert: Bis Ende 2025 sollen 10 Gigawatt Rechenleistung und Investitionen von 500 Mrd. US-Dollar realisiert werden – womöglich sogar früher als geplant. Zusätzlich meldete SoftBank die Übernahme der Robotik-Sparte des Schweizer Maschinenbaukonzerns ABB für 5,4 Mrd. US-Dollar. Ziel ist es, Robotik mit KI-Superintelligenz zu kombinieren – ein zukunftsweisender Schritt.
Das marktEINBLICKE-Fazit
Japanische Aktien haben in den vergangenen Jahren deutlich an Wert gewonnen. Warren Buffett denkt dennoch nicht ans Verkaufen – im Gegenteil: Er baut seine Positionen weiter aus. Die Reformen an der Tokioter Börse sowie der wachsende Einfluss langfristig orientierter Investoren wie Buffett scheinen das Verhalten der Managementteams positiv beeinflusst zu haben. Unternehmen wie SoftBank tragen mit Wachstumsstorys rund um KI zur neuen Euphorie bei.
Dazu kommen mögliche wirtschaftsfreundliche Impulse aus der Politik – allen voran durch eine potenzielle Premierministerin Takaichi. All das spricht dafür, dass der japanische Aktienmarkt für Anleger weiterhin spannend bleibt.









