Gold ist zurück. Mal wieder. Nach einer Phase des Verkaufsdrucks hat sich das Edelmetall über der Marke von 4.000 Dollar pro Unze stabilisiert – und damit auf ein Niveau gehievt, das selbst eingefleischte Bären nachdenklich werden lässt. Ein Funken Romantik mischt sich in die Charts, wenn das „barbarische Relikt“ – wie Keynes einst spöttelte – wieder zur Zuflucht der Vernünftigen wird.
Was den Preis diesmal stützt, ist weniger die Gier als die Angst. Die US-Notenbank hat die Zinsen gesenkt, aber Jerome Powell ließ gleich durchblicken, dass das Spiel im Dezember vielleicht schon wieder vorbei ist.
Die Märkte haben reagiert wie ein Teenager auf einen „Vielleicht“-Smiley: enttäuscht, aber hoffnungsvoll. Immerhin rechnen noch rund 70 Prozent der Anleger mit einer weiteren Zinssenkung und solange das so bleibt, darf Gold lächeln.
Zwischen Daten, Drohungen und Diplomatie
Die Stimmung an den Märkten bleibt volatil wie ein Cappuccino-Schaum im Sturm. In dieser Woche prasseln gleich mehrere Datenwellen auf die Anleger ein – vom ISM-Einkaufsmanagerindex über den ADP-Arbeitsmarktbericht bis hin zu neuen Inflationshinweisen. Jedes schwächere Konjunktursignal lässt die Hoffnung auf „billiges Geld“ steigen und damit auch den Goldpreis.
Gleichzeitig sorgen geopolitische Scharmützel für eine Art Dauerstrom im Sicherheitskabel. Zwar haben Donald Trump und Xi Jinping jüngst einen diplomatischen Waffenstillstand in ihrem Handelsdrama geschlossen, doch an anderer Front bleibt die Welt unruhig: Nahost, Osteuropa, irgendwo knistert es immer.
Und wer Angst riecht, greift bekanntlich nicht zu Aktien – sondern zu etwas, das im Zweifel auch ohne Strom glänzt.
Die Schweiz und ihr Gold: Neutralität mit Glanz
Schauen wir auf die stille Seite der Goldgeschichte: die Schweiz. Das Land der Banken, Berge und diskreten Tresore hält mittlerweile über 1.039 Tonnen Gold, umgerechnet etwa 37 kleine Goldmünzen pro Einwohner. Das ist Weltrekord im Pro-Kopf-Vergleich. Während andere Nationen hektisch kaufen oder verkaufen, bleibt die Eidgenossenschaft cool.
Der Marktwert der Schweizer Reserven ist allein im letzten Jahr um satte 40 Prozent auf rund 117 Mrd. Euro gestiegen. Kein Wunder: Der Goldpreis kletterte von 2.500 auf über 3.500 Euro je Unze. Und das, obwohl die Schweiz seit 2008 kaum noch am Markt aktiv war. Letzter nennenswerter Deal: ein Mini-Verkauf von 100 Kilogramm im April 2014. Für Schweizer Verhältnisse war das schon fast exzessiv.
Von Polen bis Peking: Wer kauft das Zeug eigentlich?
Die neuen Goldhungrigen kommen aus dem Osten. Polen hat 2025 mit mehr als 67 Tonnen die Nase vorn, dicht gefolgt von Kasachstan, China und der Türkei. Besonders interessant: Selbst der aserbaidschanische Staatsfonds hat über 34 Tonnen eingesammelt – ein Investment, das weniger nach Schmuckkasten, sondern eher nach strategischer Absicherung klingt.
Und das ergibt Sinn. Weltweit sind die Goldreserven inzwischen mehr als 4 Billionen Euro wert, das sind 40 Prozent mehr als noch Ende 2024. Eine Zahl, die selbst Bitcoin-Fans kurz innehalten lässt.
Warum Gold (noch immer) das alte neue Asset ist
Gold ist kein Investment, das Dividenden abwirft oder Innovation verspricht. Es rostet nicht, aber es wächst auch nicht. Und doch ist es in Zeiten globaler Unsicherheit immer wieder das letzte Wort, bevor Anleger ganz verstummen. Denn Gold ist nicht digital, nicht druckbar und – für die meisten – nicht manipulierbar.
Kritiker sagen, das sei nostalgisch. Befürworter nennen es rational. Vielleicht liegt die Wahrheit dazwischen: Gold ist kein Werkzeug für den schnellen Reichtum, sondern für den ruhigen Schlaf.
Mein Fazit
Ob als Barren, Münze oder ETF – Gold erfüllt noch immer seine uralte Aufgabe: Es beruhigt. Und wer sich die heutigen Märkte anschaut, weiß: Beruhigung ist ein rares Gut. Für Anleger bedeutet das: Gold gehört nicht ins ganze Depot, aber auch nicht mehr in die Schublade.
Denn ein klug gebautes Portfolio gleicht einem Haus: Es braucht ein stabiles Fundament. Baustein-Aktien, Anleihen – und eben auch ein wenig Gold im Fundament. Nur so bleibt das Dach fest, wenn der Sturm aufzieht.
Egal ob Zinspolitik, geopolitische Krise oder ein Tweet aus dem Weißen Haus die Märkte wackeln lässt – Gold bleibt, was es immer war: ein Stück Vertrauen zum Anfassen. In einer Welt, in der sich alles ändert, ist es gut, etwas im Depot zu haben, das sich jahrtausendelang bewährt hat.
Herzlichst,
Ihr
Goldfinger
Diese Kolumne stellt keine Anlageberatung dar, sondern ein Stimmungsbild mit goldenem Augenzwinkern.








