Renaissance der Industriepolitik?

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Der Handelsstreit zwischen China und den USA ist noch längst nicht vom Tisch. Allen Optimisten zum Trotz. Das ist aber auch kein Wunder, denn die Gräben sind tief und nur aus der Notwendigkeit einer Einigung wird noch längst keine solche erwachsen. Die Bedeutung für die Aktienmärkte kann dabei nicht groß genug eingeschätzt werden, denn eine Eskalation könnte tatsächlich zu ernsten Folgen für die globalen Märkte werden. Wohlgemerkt könnte. Bislang ist beiden Parteien – allem Säbel rasseln zum Trotz – noch an einer Einigung gelegen. Schließlich sind die gegenseitigen Abhängigkeiten nicht zu unterschätzen.

Blick vor die Haustür. Durch den Handelsstreit der beiden ökonomischen Supermächte ist der Blick hierzulande etwas vernebelt. Erst allmählich wachen Anleger und die Politik auf, wenn es darum geht, Folgen aus dem Handelsstreit zu ziehen. Das ist kein Wunder, denn eigene Probleme – allen voran der Brexit – dominieren das Geschehen in Europa.

Wenn man die hochgejazzten Probleme einmal beiseite wischt, fallen einem aber noch jede Menge ernstere Probleme auf, die nun angegangen werden sollen. Zumindest von Teilen der Politik. Während ein Teil des politischen Berlins noch immer damit beschäftigt ist die deutsche Automobilindustrie als Kernstück der deutschen Wirtschaft zu demontieren, hat das Bundeswirtschaftsministerium bemerkt, dass Deutschland auch von anderer Seite Gefahr droht. Die Rede ist von umhervagabundierenden Milliarden, die nach den Perlen der deutschen Industrie greifen.

Erst die Aktien, dann die Jobs? Unternehmen wie der Roboterhersteller Kuka oder der Betonpumpen-Hersteller Putzmeister sind nur prominente Beispiele dafür, was passieren kann, wenn Weltmarktführer internationale Begehrlichkeiten wecken. Da wird erst das Scheckbuch gezückt und dann Stück für Stück am Technologietransfer gearbeitet. Stets auf Kosten der heimischen Jobs und der Wertschöpfung, sprich Steuerkraft.

Das Problem hat man nun in Berlin erkannt und die Nationale Industriestrategie 2030 vorgestellt. Klingt auf den ersten Blick gut, aber bleiben wir auf die Umsetzung gespannt. Hochtrabend heißt es in der Zieldefinition, „gemeinsam mit den Akteuren der Wirtschaft einen Beitrag zu leisten zur Sicherung und Wiedererlangung von wirtschaftlicher und technologischer Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit und Industrie-Führerschaft auf nationaler, europäischer und globaler Ebene in allen relevanten Bereichen.“

Dazu soll der schrittweise Ausbau des Anteils der Industrie an der Bruttowertschöpfung auf 25 Prozent in Deutschland und 20 Prozent in der Europäischen Union bis zum Jahre 2030 erfolgen. Die Mittel der Wahl zur Erreichung der Ziele sollen grundsätzlich marktwirtschaftlich, privatwirtschaftlich und eigenverantwortlich sein. Staatliches Handeln kann laut Bundeswirtschaftsministerium nur ausnahmsweise, nur vorübergehend und nur in Fällen von grundlegender Bedeutung in Betracht kommen, wenn sich alle anderen Optionen als unzureichend erwiesen haben.

FAZIT. Offenbar ist in Berlin doch noch so etwas wie marktwirtschaftlicher Sachverstand zu finden. Die Fokussierung auf die Industrie ist auf jeden Fall sinnvoll, muss dann aber auch resort-übergreifend erfolgen. Es bringt wenig, wenn Umwelt- oder Sozialministerium in die eine Richtung und Wirtschaftsministerium in die andere Richtung laufen. Für die Aktienmärkte könnte dies ein positives Signal ergeben, denn die Sorgen um die heimische Wirtschaft haben zuletzt auf die Stimmung gedrückt. Hoffen wir das Beste.

In diesem Sinne,
weiterhin viel Erfolg bei der Geldanlage und beim alltäglichen Lebensgenuß

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt

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