Altersvorsorge: Ein Fondssparplan und eine Immobilie reichen aus…

Bildquelle: markteinblicke.de

Die Altersvorsorge ist seit vielen Jahren ein Dauerthema. Egal ob in Talkshows, Zeitungsberichten oder im privaten Umfeld – die „Rente“ ist heißdiskutiert. Mit fortschreitendem Alter gewinnt das Thema zudem an Relevanz. Dennoch gibt es nicht das eine Patentrezept für alle. Jede Lebenssituation ist anders und erfordert individuelle Lösungen für die Altersvorsorge. Der inzwischen immer häufiger anzutreffenden Aussage, wonach ein Fondssparplan und eine Immobilie schon fürs Alter reichen werden, gehen wir auf den Grund.

Worum geht es grundsätzlich bei der Altersvorsorge? Während der arbeitsfähigen Lebenszeit, sprich das Berufsleben über, soll genügend Kapital beiseite gespart werden, um davon dann im Ruhestand leben zu können. Dieser langfristige Sparvorgang hört sich zunächst einmal sehr trivial an. Im Detail ist er es leider nicht.

Rentengrenze
Die Probleme beginnen bei der Planung der genauen Zeiträume und enden bei der Höhe der zu sparenden Vorsorgebeiträge. Da hilft nur eine Schritt-für-Schritt-Planung. Für Angestellte in Deutschland gilt im Regelfall eine Altersgrenze von derzeit 67 Jahren. Jenseits dieser Grenze kann man zwar noch immer arbeiten, aber für unsere Betrachtung halten wir uns an diesen Punkt. Somit ergibt sich als maximaler Anlagezeitraum die Differenz zwischen aktuellem Lebensalter und dem Renteneintrittsalter von 67. Bei Einführung der umlagefinanzierten Rente 1957 lag diese Differenz bei etwa einem Jahrzehnt. Heute sieht das etwas anders aus.

Lebenserwartung
Um zu wissen, für wie viele Jahre eine Altersvorsorge geplant werden muss, empfiehlt sich der Blick auf die Statistiken zur Lebenserwartung. Neben den offiziellen Daten des Statistischen Bundesamts ist es sinnvoll auf die Daten der Deutschen Aktuarvereinigung zu schauen. Die Versicherungsmathematiker erstellen alle paar Jahre eigene Sterbetafeln, die nicht nur den Ist-Zustand berücksichtigen, sondern auch Trends miteinbeziehen.
Demnach hatte ein 65-jähriger Mann im Jahr 1994 eine Lebenserwartung von 21 Jahren. 2004 betrug diese schon 24 Jahre und soll bis zum Jahr 2040 auf 30 Jahre ansteigen. Für Frauen ergeben sich sogar noch höhere Werte. Eine 65-jährige Frau hat im Jahr 2040 eine Lebenserwartung von 34 Jahren.
Auf Basis der Daten lässt sich also festhalten, dass eine Altersvorsorge 2040 im Schnitt für 28 bis 32 Jahre reichen muss. Ein nicht zu unterschätzender Zeitraum. Zumal es sich bei der Lebenserwartung um Durchschnittswerte handelt und ein Leben auch deutlich über die genannten Werte reichen kann. So hat sich etwa die Zahl der 100-jährigen in den letzten 20 Jahren in Deutschland verdreifacht. Nachdem die Zeitdauer einer Altersvorsorge lediglich genähert werden kann, richtet sich der Fokus auf die Höhe Altersvorsorge.

Wie viel Geld benötige ich denn überhaupt im Alter?
Diese Frage lässt sich am leichtesten anhand des aktuellen Verdienstes beantworten. Wer einige Jahre vor dem Ruhestand mit seinem aktuellen Einkommen zurechtkommt, dürfte dies auch später tun. Vorausgesetzt man berücksichtigt zwischenzeitliche Lohnsteigerungen und Inflationsraten.
Für eine Bestandsaufnahme wichtig: Die gesetzliche Rente beträgt im Alter weit weniger als die Hälfte des letzten Bruttogehalts. Das System dahinter ist bedauerlicherweise so komplex, dass es nur in dicken Büchern erklärt werden kann. Ganz individuell geben aber die regelmäßig verschickten Renteninformationen Klarheit, was einen von der gesetzlichen Rente erwartet.
Nicht berücksichtigt sind dabei zwei Faktoren, die aber nicht vergessen werden dürfen. Das sind zum einen die Auswirkungen der Inflation – also die Reduzierung der Kaufkraft. Und zum anderen die parallel zur gesetzlichen Rente aufgebauten Rentenergänzungen in Form von geförderten Produkten wie der Riester-Rente oder der betrieblichen Altersversorgung. Die beiden Musterbeispiele weiter unten geben Klarheit, wie aktuelle Fälle und Vorsorgemodelle sich in der Zukunft auswirken können.

Ohne Aktien geht es nicht
Wer 30 Jahre lang monatlich 400 Euro beiseite legt, hat ohne Verzinsung am Ende 144.000 Euro. Das klingt erst einmal wenig. Richtig relevant für die Versorgung im Alter wird es erst, wenn die tatsächlich Monat für Monat gesparte Summe auch breitgestreut am Aktienmarkt angelegt wird. Nur dort sind deutlich höhere Renditen als auf dem Festgeldkonto zu erwarten. Laut Deutschem Aktieninstitut erbrachte beispielsweise ein breit gestreutes Aktienportfolio im DAX bei einer Einmalanlage und einem 20-jährigen Anlagehorizont historisch im Mittel 8,9 Prozent Rendite pro Jahr. Dabei lag im ungünstigsten Fall die Wertentwicklung aus Kursgewinnen und Dividenden bei jährlich 3,8 Prozent und im besten Fall bei 15,2 Prozent. International sieht das Ergebnis ähnlich aus. Nimmt man nun diese Werte als Basis ergibt sich aus der monatlichen Sparsumme von 400 Euro, den 30 Jahren Anlagehorizont sowie den 8,9 Prozent Rendite eine Endsumme von 673.000 Euro. Ohne die Berücksichtigung einer Verzinsung in der Entnahmephase, hätte man so 30 Jahre lang monatlich 1.870 Euro zur Verfügung.

Problemfelder
Die bisherigen Annahmen gehen immer vom Optimalfall aus. Das heißt, dass die Lebenserwartung nicht nennenswert überschritten wird und auch in der Zeit des Ansparens nichts Unvorhergesehenes wie gesundheitliche Probleme oder Arbeitslosigkeit geschieht. Das Problem Lebenserwartung – im Fachjargon ist hier von Langlebigkeitsrisiko die Rede – kann durch eine geeignete Rentenversicherung angegangen werden. Das heißt, der Ruheständler zahlt zu Beginn der Ruhestandsphase den gesamten Betrag in eine Rentenversicherung ein, die wiederum eine lebenslange Rente garantiert. Das Risiko gesundheitlicher Probleme während der Ansparphase lässt sich durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung lösen. In der Höhe sollte dabei das gesamte Einkommen abgedeckt sein, so dass auch die Sparraten für das Alter im Fall einer Berufsunfähigkeit geleistet werden können. Gegen Arbeitslosigkeit hilft neben der staatlichen Arbeitslosenversicherung lediglich die Pflege der eigenen Arbeitskraft. Damit sind Fortbildungen, lebenslanges Lernen und andere Ansätze gemeint.

FAZIT
Am Ende ist es also nicht damit getan, Geld in einem Fondssparplan anzusparen. Stattdessen muss es planvoll geschehen und man muss sich der Risiken bewusst sein. Bereits bei der Auswahl eines Fondssparplans bzw. von Einzelaktien kann man sehr viel verkehrt machen. Wer etwa denkt, dass ein ETF auf den MSCI World Index tatsächlich einen Großteil der weltweiten Aktien abdeckt, wird sich wundern, welche Gewichtung darin etwa US-Aktien haben. Ein Portfolio, das ausgewogen in verschiedene Regionen und Branchen investiert, bedarf doch etwas mehr Arbeit. Wenn es um die Risiken geht, wird speziell das Thema Berufsunfähigkeit gerne unterschätzt. Statistiken gehen davon aus, dass jeder vierte Deutsche einmal von Berufsunfähigkeit betroffen ist. Das Spektrum relevanter Krankheiten reicht von Problemen am Bewegungsapparat über klassische Volkskrankheiten wie Krebs bis zu psychischen Erkrankungen. Die Folgen für das eigene Einkommen können verheerend sein. Daher zählt eine entsprechende Absicherung zu den essentiellen Bausteinen einer erfolgreichen Altersvorsorge.


Musterbeispiel Alterseinkünfte – Single:

Mustersingle, geb. 01.02.1979, Angestellt, Jahresbrutto 60.000 Euro, arbeitet seit 15 Jahren, seit 5 Jahren BAV mit 400 Euro im Monat (hochgerechnet mit 3% p.a.). Achtung! Ab 2029 wird die Steuertabelle zu 100% inflationiert, die Beitragssätze zu KV und PV bleiben unverändert (GKV), 2% Inflation.

Musterehepaar, beide geboren 01.02.1974, Jahresbrutto: 70.000 Euro (er) + 20.000 Euro (sie), er arbeitet seit 20 Jahren, sie erst wieder seit 5 Jahren, er macht seit 10 Jahren 300 Euro mtl. BAV. Sie seit 5 Jahren Riester mit Höchstbeitrag (beides wieder mit 3% p.a. hochgerechnet) Achtung! Ab 2029 wird die Steuertabelle zu 100% inflationiert, die Beitragssätze zu KV und PV bleiben unverändert (beide GKV), 2% Inflation.


Kurz nachgefragt bei Heiko Vollmer

Der Dipl. Wirtschaftsingenieur und Financial Advisor (ebs) ist seit 2007 Vorstand der FINGENIUM private finance AG. Er betreut dort vorrangig Privatkunden in Vorsorgefragen. www.fingenium.de

Was sind die Knackpunkte einer ausgewogenen Altersvorsorge bzw. deren Planung?
Das Thema Altersvorsorge ist in zweierlei Hinsicht sehr interessant. Zum einen handelt es sich nicht nur um einen reinen Sparprozess, da parallel zur Rendite auch das biometrische Risiko der Langlebigkeit berücksichtig werden muss. Denn zu Rentenbeginn stellt sich eben die Gretchenfrage: wie lange lebe ich noch? Und da diese Frage in den allerwenigsten Fällen deterministisch zu beantworten ist, wird bei einem reinen Entnahmeplan aus Kapital immer folgendes passieren: entweder ist am Ende vom Geld noch „Leben“ übrig oder eben umgekehrt. Eine Punktlandung dürfte nicht gelingen. Schon aus diesem Grund bietet es sich an, zumindest einen Teil seiner Vermögenswerte später als Leibrente zu beziehen.
Zum anderen ist die Planung selbst dann, wenn man von der korrekten Lebenserwartung ausgeht (die die meisten massiv unterschätzen), extrem komplex, da sehr viele Variablen Einfluss nehmen. Steuern, Sozialabgaben, Inflation, unsichere Renditeverläufe, aber auch weiche Faktoren wie Flexibilität und Vererbbarkeit wollen berücksichtigt werden. Wie bei fast allen Themen gilt hier: die Mischung macht’s. Für die allermeisten Bundesbürger steht allerdings spätestens seit 15 Jahren fest, dass die Sparziele der privaten Altersvorsorge mit festverzinslichen Anlagen in keinem Fall zu erreichen sind. Ohne einen signifikanten Anteil an Aktien und Immobilien im Portfolio, wird sich der Lebensstandard im Alter nicht halten lassen. Eine zunehmende Aktienkultur ist mathematisch quasi zwangsverordnet.

Ganz ohne Versicherungslösungen geht eine Altersvorsorge also nicht?
Zumindest nicht, wenn eine ausgewogene Strategie verfolgt wird und man dem Langlebigkeitsrisiko zumindest mit einem Teil seiner Alterseinkünfte Rechnung tragen möchte. Denn nur mit einer Versicherungslösung lässt sich ein Risikoausgleich im Kollektiv nutzen, um eine attraktive Rente für den Einzelnen zu erzielen. Das heißt ganz einfach, dass durch die Verschmelzung der Vermögenswerte an jeden Einzelnen eine höhere monatliche Rente gezahlt werden kann, als wenn jeder sein Kapital für sich getrennt verwahrt und daraus einen Auszahlplan bezieht. Zugegeben: dies stimmt natürlich nur, wenn man eine entsprechend lange Lebenserwartung unterstellt.

Welche Rolle spielen steuerliche Förderungen?
Steuerliche Förderungen spielen natürlich eine große Rolle. Zusammen mit den Produktkosten und der persönlichen Entscheidung über die Asset Allocation bestimmen sie die Rendite nach Kosten und Steuern, die sich mit einer Anlage erzielen lässt. Allerdings wird der Fokus oft fälschlicherweise nur auf die Rendite bis zum geplanten Rentenbeginn gelegt. Korrekt wäre hier eine Betrachtung über die komplette Laufzeit, also sowohl die Anspar- als auch die Entnahmephase. Hierfür existieren professionelle Finanzplanungstools, mit denen man Renditen über die komplette Laufzeit hinweg für verschiedene Szenarien betrachten kann. So fallen z.B. während der Laufzeit ja bei Riester-Verträgen regelmäßig Kinderzulagen wieder weg, die ursprüngliche Betrachtung bzgl. der Förderung ist also hinfällig. Oder man rechnet zu Beginn des Berufslebens nur mit dem aktuellen Einkommen und den entsprechenden Steuersätzen, obwohl es sich zu diesem Zeitpunkt (nur) um ein Einstiegsgehalt handelt, dass noch signifikant ansteigt. In vielen Fällen stellt sich dann heraus, dass die freie Anlage im Depot nicht ganz so gut ist wie ihr Ruf und im Gegensatz die oft verpönten Versicherungslösungen deutlich besser abschneiden als gedacht.

Bildquelle: markteinblicke.de