Deutschland, Dein Bargeld in Zeiten von Corona

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Seit sechs Monaten ist das Coronavirus in Deutschland aktiv. Seit damals hat sich vieles in unserem Alltag maßgeblich verändert. Masken tragen und Abstand halten sind inzwischen tief im Bewusstsein der Deutschen verankert. Viele Geschäfte haben in den vergangenen Monaten aus Hygienegründen bevorzugt auf kontaktloses Bezahlen gesetzt und viele Verbraucher haben das mitgemacht. Wird sich das nachhaltig durchsetzen?

Kleiner Einzelhandel hat Favoriten

Eine neue Umfrage des Payment-Anbieters SumUp unter Klein- und Kleinsthändlern gibt einen Eindruck über das aktuelle Befinden in diesem Sektor. Dabei gab jeder zehnte Händler an, komplett auf Kartenzahlungen umzustellen und die Bezahlung mit Bargeld überhaupt nicht mehr akzeptieren zu wollen.

Ein detaillierter Blick auf diese Gruppe der Händler, die in Zukunft ausschließlich auf Kartenzahlung setzen, zeigt dabei, dass besonders der Einzelhandel (23 Prozent) sowie Friseure und Händler aus dem Beauty-Bereich (17 Prozent) diesen Weg gehen. Jeder Zehnte ist aus dem Gesundheitsbereich. Allerdings kommen nur 7 Prozent derjenigen, die angaben, auf „Card only” umzustellen, aus der Gastronomie. Auch andere Branchen, wie z.B. der Lebensmittelhandel oder Wochenmärkte, sind noch etwas zurückhaltender bei dieser Entwicklung.

Bargeld ist des Deutschen Liebling, aber…

So eindeutig sich der Handel präsentiert, ist der Verbraucher noch längst nicht. Bargeld war und ist für die Deutschen nach wie vor das liebste Zahlungsmittel – in Europa sind wir damit ziemlich allein, man darf gespannt sein, ob Corona etwas daran ändert. Im aktuellen Monatsbericht der Deutschen Bundesbank wird eine Umfrage aus dem Jahr 2018 vorgestellt, wonach die Deutschen im Schnitt 1.364 Euro zu Hause oder in Schließfächern bei Banken aufbewahren. Wer sich nun wundert, wo das eigene viele Geld ist, sollte weiterlesen. 75 Prozent der Befragten haben höchstens 500 Euro an Bargeld. Dagegen halten Selbständige und Menschen über 55 Jahren bis zu 5.000 Euro bar zu Hause oder im Schließfach.

Aktuelle Zahlen, unter dem Eindruck von Corona, gibt es seitens der Bundesbank nicht. Die Management- und Technologieberatung BearingPoint hat aber interessante Umfrageergebnisse parat. Denen zufolge vermeidet bereits jede vierte Person in Deutschland weitestgehend die Nutzung von Bargeld beim Bezahlen. Im Laden oder im Supermarkt nutzen derzeit 75 Prozent der Deutschen Bargeld, ein Rückgang um fünf Prozentpunkte verglichen mit 2019. Der Einsatz kontaktloser Debitkarten (Girocard) ist im Vergleich zum Vorjahr um deutliche 57 Prozent gestiegen: 2019 setzte ein Fünftel der Befragten die kontaktlose Girocard ein. In diesem Jahr nutzt sie bereits jeder Dritte. Ein Trend hin zu mehr Plastikgeld ist also sichtbar.

Corona als Innovationsbeschleuniger

Wenn man auf die positiven Folgen der Corona-Pandemie schaut, denken viele an Home Office, Essens-Lieferdienste oder Online-Shopping. Doch im Payment-Sektor könnte dies ebenfalls der Fall sein. Immer mehr Bezahlsysteme halten in unserem Alltag Einzug. Apple Pay, als einer der Innovationsführer, ist bei fast allen Banken inzwischen verfügbar.

Und auch der Handel zeigt sich von Maestro, Kreditkarte und Mobilem Bezahlen angetan. Laut Mareike Kaempf, Growth Lead Germany bei SumUp, prüfen viele Händler für sich und ihr Geschäft die Umstellung auf ausschließlich Kartenzahlung und erleben, dass dies von vielen Kunden auch ganz selbstverständlich angenommen wird. „Das wird dazu führen, dass dieser Trend sich immer weiter etabliert”, so Kaempf.

Diese Entwicklung bestätigt auch Boris Hartmann von Smartyou, einem Händler für Digitalen Lifestyle: „Wir haben bereits vor der Krise festgestellt, dass für unsere Kunden das bargeldlose Zahlen immer wichtiger wird, weshalb wir schon länger verschiedene Varianten wie Kartenzahlung oder mobiles Bezahlen anbieten. Der ausschlaggebende Grund für den kompletten Verzicht auf Bargeld war dann aber natürlich nicht zuletzt die aktuelle Corona-Krise.” So ähnlich wie Smartyou werden das Händler mit digital-affiner Kundschaft ebenfalls handhaben.

Ist die standardmäßige Bargeldzahlung endlich?

Christian Bruck, Partner und Experte für das Thema Zahlungsverkehr bei BearingPoint, hält die Bargeldzahlung für überholt: „Es ist interessant zu sehen, dass obwohl das Bargeld in der Nutzung weiterhin absolute Spitzenwerte erreicht, sich ca. 1/3 der Bevölkerung in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Abkehr von Bargeld in den nächsten zehn Jahren gut vorstellen können. Das Erfolgsmodell Schweiz zeigt in Bezug auf mobile Bezahllösungen das noch ungenutzte Potential in Deutschland und Österreich. Die Zeit scheint reif zu sein für eine zukunftsweisende Standardisierungs-Initiative im digitalen Zahlungsverkehr in Europa.”

Fazit

Bargeld ist noch immer en Vogue. Doch Corona beschleunigt die Akzeptanz digitaler Bezahlmodelle. Nicht nur aus Gründen der Hygiene, sondern auch weil es schnell und praktisch ist. Bis das Bargeld aber tatsächlich aus dem Alltag verschwunden ist, wird es noch lange dauern. Zu sehr ist das Bargeld als das einzig wahre Zahlungsmittel in den Köpfen der Bevölkerung verankert. Auch wenn eine digitale Avantgarde das anders sehen möchte.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund und verlieren Sie Ihren Optimismus nicht.

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt

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