Vom Platzhirsch zum Nobody – wie Strategie und Innovation entscheiden

Die Spielekonsolen von Sega sind legendär.
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Warum verschwinden einstmals erfolgreiche Unternehmen und Marktführer innerhalb weniger Jahre fast komplett vom Markt? Die Antwort lautet in den meisten Fällen: Innovation. Als Apple sein neues Smartphone – das „Internet Phone“ oder kurz: iPhone im Jahre 2007 vorstellte, war Nokia noch der uneingeschränkte Marktführer. Innerhalb weniger Monate änderte sich dies jedoch, weil das iPhone einfach mehr zu leisten im Stande war.

Aber manchmal sind es auch schlichtweg strategische Entscheidungen, die zum Verblassen von einstigen Platzhirschen am Markt führt. Es ist noch nicht allzu lange her, als Sega einer der größten Namen in der Branche der Videospiele war. Mit Konsolen wie dem Sega Mega Drive und Spielen wie Sonic oder Virtua Fighter war das japanische Unternehmen am Höhepunkt seines Erfolgs angelangt. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt spielten die Titel von Sega in Spielhallen oder auf der Konsole zuhause.

Heute sieht die Lage um das Traditionsunternehmen etwas anders aus. Sega hat sich bereits seit einigen Jahren komplett aus dem Konsolengeschäft zurückgezogen und produziert nur noch eine Handvoll Spiele pro Jahr, die hauptsächlich für den PC oder für Arcade-Automaten in Spielhallen vertrieben werden.

Doch wie kam es zu diesem unglaublichen Absturz? Wie wurde aus einem der größten Unternehmen der Videospielbranche ein Entwickler von weitgehend unbekannten Spielen, von denen die meisten Gamer noch nie etwas gehört haben? Dieser Frage gehen wir heute auf den Grund, indem wir uns die Geschichte von Sega etwas genauer ansehen.

Sega – Slotmaschinen ohne Gewinne

Die Gründung von Sega geht zurück bis in die 1940er Jahre. Damals wurde das Unternehmen unter dem Namen „Standard Games“ in den USA geschaffen. Im Jahr 1951 folgte dann der Umzug nach Japan und die Umbenennung in den Titel „Service Games of Japan“, aus dem später der Name Sega abgeleitet wurde.

Bis zur Mitte der 70er Jahre produzierte Sega Münzspielautomaten, die vor allem in den US-Militärbasen in Japan zum Einsatz kamen. Mit einem Casino Bonus bei Online Casinos oder anderen Glücksspielen hatte dies aber nichts zu tun. Denn damals wurden Videospiele noch ausschließlich in den sogenannten „Spielhöllen“ gespielt. Jedes Spiel kostete Geld und Gewinne gab es natürlich keine.

Im Jahr 1976 entwickelte das Unternehmen dann sein erstes Videospiel mit dem Titel „Heavyweight Champ“. In der darauffolgenden Zeit blieb das Unternehmen seinem neuen Geschäftsmodell treu und schuf eine Reihe von Spielen für Arcade-Automaten, die in Spielhallen auf der ganzen Welt verbreitet waren.

Erste eigene Spielkonsole

Das Jahr 1983 war ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte von Sega. Mit dem SG-1000 brachte das Unternehmen seine erste Spielkonsole, die anfangs nur in Japan und später auch in Neuseeland verkauft wurde. Der SG-1000 konkurrierte mit der Nintendo Famicom, die in den USA und in Europa unter dem Namen Nintendo NES bekannt war.

In den Jahren danach war Sega äußerst fleißig. Im Jahr 1984 erschien mit dem SG-1000 Mark II die zweite Version der Konsole, und die dritte Version folgte bereits 1985 mit dem SG-1000 Mark III. Das Unternehmen hatte allerdings immer noch nicht genug und brachte mit dem Sega Master System noch im selben Jahr ein weiteres Spielgerät auf den Markt. Nach Europa schaffte es allerdings keines dieser Systeme, denn sie waren einzig dem japanischen Markt vorbehalten.

Der endgültige Durchbruch: Sega Mega Drive

Im Jahr 1990 wagte Sega den Sprung nach Europa und in die USA. Diese Entscheidung erwies sich als eine äußerst gute, denn mit der Einführung des Sega Mega Drive schaffte es das Unternehmen, sich zu einem ernsthaften Konkurrenten von Nintendo zu entwickeln. Tatsächlich wurden in den USA zuerst mehr Geräte des Sega Mega Drive verkauft als vom Nintendo Super NES. Der Grund dafür war vor allem, dass die Konsole von Sega früher erschien und als erste die neue 16-Bit-Technologie bot.

Auch wenn der Sega Mega Drive letztendlich nicht an den Erfolg des Super NES herankam, bedeutete die Konsole dennoch den großen Durchbruch für das Unternehmen aus Japan. Der Name Sega wurde neben Nintendo zum Synonym von Videospielen für Heimanwender. Es bildete sich eine riesige Fangemeinde um das Unternehmen, was vor allem an der Leistungsfähigkeit und der tollen Spieleauswahl des Sega Mega Drive lag.

Konkurrenz für Super Mario: Sonic erblickt das Licht der Welt

Nach dem riesigen Erfolg der Super Mario-Spiele hatte Sega die Idee, einen eigenen Charakter zu entwickeln, der mit dem italienischen Klempner konkurrieren konnte. So wurde im Jahr 1991 die Figur Sonic geboren. Auch wenn der blaue Igel nie ganz die großen Fußstapfen von Mario ausfüllen konnte, war die Erfindung des Charakters ohne Frage eine gute Entscheidung.

Die Geburt von Sonic beschleunigte den Aufstieg von Sega immens und schuf eine zusätzliche Fangemeinde, die Konsolen wie den Sega Mega Drive vor allem wegen der Sonic-Spiele kaufte. Tatsächlich ist die Figur auch heute noch extrem beliebt und taucht immer wieder in Spielen auf. Selbst ein Kinofilm wurde bereits über Sonic gedreht und soll dazu noch eine Fortsetzung nach sich bringen.

Der Sega Saturn: Anfang vom Ende

Auf den kometenhaften Aufstieg von Sega folgte leider ein genauso schneller Absturz. Kurz nach der Einführung der neuen Spielkonsole, dem Sega Saturn, einer Konsole, die auf 32-Bit zu 100 Prozent CD basiert war, stieg nämlich Sony mit seiner 32-Bit PlayStation ins Rennen um den Konsolenmarkt mit ein.

Durch die stärkere Technik, eine interessantere Auswahl an Spielen und nicht zuletzt auch besseres Marketing setzte sich die Konsole von Sony schnell gegen den Sega Saturn durch.

Es sollte der Anfang vom Ende für das Unternehmen werden, denn Sega schaffte es nie wieder, sich gegen die Konkurrenz durch Nintendo, Sony und später auch Microsoft durchzusetzen. Auch wenn eine Gemeinde von Fans dem japanischen Unternehmen noch einige Jahre treu blieb, waren die Verkaufszahlen des Sega Saturn insgesamt ernüchternd.

Sega Dreamcast – die letzte Konsole des Unternehmens

Im Jahr 1998 veröffentlichte das Unternehmen den Sega Dreamcast. Die Sega Dreamcast war die erste Konsole mit 128-Bit und einem Modem. Mit dieser technischen Neuerung legte sie den Grundstein für Online Funktionen im Videospielbereich. Dennoch war die Sega Dreamcast die letzte Spielkonsole des Anbieters. Trotz mäßigem Erfolg blieb das Gerät weit hinter den anderen Spielkonsolen der Zeit, dem Nintendo 64 mit seinen 64-Bit, der PlayStation 2 (ebenfalls 64-Bit) und der Xbox, zurück. Die strategische Entscheidung von Sega war hier gewesen, rund ein Jahr vor den anderen Nachfolgerkonsolen auf den Markt zu gehen und somit jene Spieler abzuholen, die noch auf Konsolen wie der ersten Playstation spielten. Doch der Markt entschied sich dazu, noch ein Jahr auf die technisch besseren Konsolen zu warten. Natürlich spielten auch andere Faktoren, wie die Abwärtskompabilität bei den Konsolen eine Rolle.

Im Jahr 2001 traf Sega dann die Entscheidung, die Produktion des Sega Dreamcast zu stoppen und sich aus dem Geschäft der Spielkonsolen zurückzuziehen.

Die Zeit nach der Jahrtausendwende

In den Jahren nach dem Stopp der Dreamcast konzentrierte sich Sega darauf, nur noch Videospiele für andere Konsolen und Arcade-Automaten zu produzieren. Auch die Spiele der Sonic-Reihe wurden so auf Konsolen wie dem Nintendo Gamecube oder der Xbox 360 veröffentlicht. Bis heute produziert Sega weiterhin Spiele, die zum Teil durchaus erfolgreich sind. Allerdings konnte das Unternehmen nie an seine alten Erfolge anknüpfen und musste sich letztendlich gegen die großen Konkurrenten geschlagen geben.

Der Einfluss von strategischen Entscheidungen

Es wird schnell klar, dass Sega sich im hart umkämpften Konsolenmarkt aus einigen Gründen nicht durchsetzen konnte. Der erste und wohl tiefgreifendste war der Mangel an Innovation. Während praktisch alle anderen Konsolen ständig die Bitzahl verdoppelten, ruhte man sich bei Sega auf 32-Bit Technologie aus.

Auch als das CD-Laufwerk, das Sony ursprünglich für Nintendo entwickelt hatte und das von Nintendo dann nicht übernommen wurde und Sony so selbst auf den Markt drängen ließ, wurde von Sega zunächst vernachlässigt. Lediglich die Musik kam vom neuen Datenträger.

Insgesamt setzten viele Anbieter lieber auf Cartridges und Module, da diese – im Gegensatz zu den CDs- praktisch unmöglich zu kopieren waren.

Auch die strategische Entscheidung bereits ein Jahr vor den anderen Anbietern mit weniger innovativer Technologie auf den Markt zu treten, führte zum Scheitern von Sega. Denn natürlich wartet ein Markt, dessen Mittel beschränkt sind, lieber auf Fortsetzungen von Konsolen, bei denen man seine alten Spiele spielen, Controller nutzen und bessere Technologie erhalten würde.

Insgesamt zeigt das Beispiel Sega also sehr gut, wie man mit nur wenigen falschen Entscheidungen in der Unternehmensstrategie fatale Fehler machen kann.

Insbesondere relevant wird dies im Hinblick auf neue Technologien, die heute den Markt erobern. Selbst-fahrende Elektrofahrzeuge im Vergleich zu den alten Verbrennern zum Beispiel. Innovation macht vor keinem Unternehmen halt. Selbst alteingesessene Traditionsunternehmen müssen entweder teilnehmen oder vom Markt verschwinden.

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