Schenkungen unter Eheleuten – eine unterschätzte Steuerfalle

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Es heißt, die Ehe sei „ein Souvenir der Liebe“ – solange es bei Zuwendungen unter Eheleuten bei Souvenirs und Anstandsgeschenken bleibt, pflichtet dem sogar das deutsche Steuerrecht bei. Ungeahnt gravierende steuerliche Risiken liegen indes dort verborgen, wo Eheleute sich im Laufe der Ehe hohe Vermögenswerte zuwenden – oftmals ohne sich hierüber im Klaren zu sein.

Der verbreitete Irrtum von der „Vermögensgemeinschaft“

Hierzulande leben etwa drei Viertel der Verheirateten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Davon leben wiederum 89 Prozent der Ehepartner im festen Glauben, dass alles, was während der Ehe erworben wird, beiden Partnern gleichermaßen gehört. Dieser fatale Irrglaube von einer hälftigen Teilhaberschaft, welcher allem Anschein nach aus der Vorstellung von der Ehe als verbindlichem Bekenntnis zur gegenseitigen Solidarität („Schicksalsgemeinschaft“) entspringt, kommt spiegelbildlich auch in einem falschen Verständnis von einer angenommenen (Mit-)Haftung für den Ehepartner zum Ausdruck. Dieses kapitale Missverständnis führt immer wieder zu unnötigen ehevertraglichen Regelungen oder vermeintlich absichernden Verträgen – das verfolgte Ziel in Gestalt eines Haftungsschirmes wird damit freilich nicht erreicht – denn dieser existiert bereits.

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Getrennte Vermögenssphären

Richtig ist vielmehr, dass durch Eingehung der Ehe auf Basis der Zugewinngemeinschaft kein gemeinschaftliches Vermögen entsteht – es gilt der Grundsatz der Vermögenstrennung. Die Vermögenstrennung beschränkt sich nicht auf die Zeit vor dem Eheschluss, sie greift auch für das Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Mit der Eheschließung entstehen folglich zwei separate, voneinander streng isolierte „Vermögenssphären“: das Vermögen des Ehemannes und das der Ehefrau. In seiner Vermögenssphäre verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbständig – eine Ausnahme gilt nur für Geschäfte, mittels derer ein Ehegatte über sein Vermögen im Ganzen (ca. 90 Prozent) verfügt. An dieser oftmals übersehenen Ausnahmeregelung, verankert in § 1365 BGB, sind bereits eine Vielzahl an Verträgen – im Nachhinein – gescheitert.

Die konsequente Anwendung der getrennten Vermögenssphären führt schließlich zur zuvor bereits angedeuteten Erkenntnis, dass eine gesonderte vertragliche Abschirmung gegenüber Schulden des Ehepartners nicht erforderlich ist. In unserer Beratungspraxis hören wir regelmäßig, dass die mit Ehevertrag vereinbarte Gütertrennung lediglich vereinbart worden sei, um „die Frau aus der Haftung zu nehmen“. Dabei gilt bereits in der Zugewinngemeinschaft, dass jeder Ehegatte für seine vor und während der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten allein und nur mit seinem Vermögen haftet. Lediglich in Fällen, in welchen Eheleute gemeinsam Verbindlichkeiten – etwa als Gesamtschuldner einer Immobilienfinanzierung – eingehen, haften sie technisch betrachtet für den anderen Ehepartner.

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Sehr verdächtig: hälftig verteiltes Vermögen

Jede nachhaltige Nachfolgeberatung beginnt – mit den Bildern der Medizin gesprochen – mit einer umfassenden Anamnese. Nur eine schonungslose Analyse des Ist-Zustandes ermöglicht im Nachgang eine fehler- wie lückenlose Absicherung des Familienvermögens. Neben einer korrekten Darstellung der Familienverhältnisse kommt der trennscharfen Ermittlung der Vermögensverhältnisse der Eheleute eine herausragende Bedeutung zu.

Die ersten Fallstricke lauern hier bereits in der oftmals fehlerhaften (Selbst-)Einschätzung der Mandanten, welche Vermögenswerte dem jeweiligen Ehepartner zuzuordnen sind. Wir wissen nun, dass die Ehe gerade nicht zu einer Melange der Vermögensmassen führt, sondern dass mit Eheschluss richtigerweise zwei getrennte Vermögensmassen entstehen.

Hellhörig sollte der Nachfolgeberater im Zuge der Durchsicht der Vermögensübersichten daher spätestens dann werden, wenn er Eheleute berät, welche angeben, über identische Vermögenswerte im Verhältnis 50 / 50 zu verfügen. Die Immobilien sind hälftig verteilt, im Grundbuch sind beide Ehepartner als Miteigentümer je zur Hälfte verzeichnet. Das Konto- und Depotvermögen ist hälftig verteilt.

In der Regel werden die Konten und Depots als Oder-Konto bzw. Oder-Depot geführt. Hierbei handelt es sich um echte Gemeinschaftskonten, über welche jeder Ehepartner ohne Mitwirkung des anderen frei verfügen darf.

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Unbewusste Schenkungen unter Ehegatten

Die nächste Frage an die Eheleute ist die berüchtigte Gretchenfrage: „Wer hat das Vermögen denn erwirtschaftet?“. In der althergebrachten „Hausfrauen-Ehe“, welche die Generation der Baby-Boomer mehrheitlich gelebt hat, ist diese Frage zumeist schnell beantwortet. Nicht selten hat der Ehemann das Einkommen erwirtschaftet, während sich die Ehefrau um die Erziehung der Kinder kümmerte.

Quotal betrachtet stammt das Familienvermögen – rein technisch betrachtet – zu 90 % aus der beruflichen Tätigkeit eines Ehepartners. An diesem Punkt fragt sich der kundige Finanzbeamte des zuständigen Schenkungs- und Erbschaftsteuerfinanzamts, wie es möglich sein kann, dass der Ehepartner, der zeitlebens kein signifikantes Einkommen erzielt hat, Miteigentümer mehrerer Immobilien sein kann. Zugleich stellt sich die Frage, wie das Vermögen auf den Oder-Konten und Oder-Depots zu behandeln ist.

Die Finanzverwaltung unterstellt im hälftigen Umfang eine steuerpflichtige Zuwendung des einzahlenden Ehepartners zugunsten des anderen Ehepartners. Als Schenkungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes auch einseitige Tilgungsleistungen eines Ehepartners zugunsten einer Immobilie zu qualifizieren, wenn der andere Ehepartner Miteigentümer ist. Die Analyse ergibt, dass der Ehemann der Ehefrau unbewusst in der Vergangenheit wesentliche Vermögenswerte übertragen hat. Und nun?

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Es fehlt die Anzeige beim Finanzamt

Nehmen wir an, auf dem Oder-Konto eines Ehepaares liegen 2,0 Mio. Euro. Die Anamnese ergab, dass dieses Vermögen ausschließlich durch das versteuerte Einkommen des Ehemannes innerhalb der letzten 10 Jahre aufgebaut wurde. In diesem Fall wäre grundsätzlich eine Schenkung des Ehemannes an die Ehefrau im Umfang von 1,0 Mio. Euro anzunehmen. Ziehen wir den persönlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Höhe von 500.000 Euro ab, verbleibt eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung von 500.000 Euro.

Problematisch hieran ist, dass diese Schenkung niemals nach § 30 Abs. 1ErbStG angezeigt wurde. Die Eheleute handelten in gutem Glauben – gingen sie doch davon aus, dass das Vermögen untereinander ohnehin hälftig verteilt sei – siehe oben. Die gleichmäßige Verteilung des Vermögens ist letztlich Ausfluss einer „gerecht“ gelebten Ehe. Keiner der Ehepartner hat sich Gedanken dahingehend gemacht, dass die einseitige Tilgung eines Immobiliendarlehens oder die Einzahlung auf einem Oder-Konto anzeigepflichtig nach dem Erbschaftsteuergesetz sein könnte.

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Steuerhinterziehung?

Zu guter Letzt bleibt zu klären, welche Folgen nicht angezeigte Schenkungen entfalten. In der einschlägigen juristischen Fachliteratur wurde jüngst vermehrt darauf hingewiesen, dass die Finanzbehörden Sachverhalte, bei denen die unterstellten Zuwendungen unter Eheleuten die persönlichen Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG deutlich übersteigen, in zunehmendem Umfang aufgreifen und konsequent verfolgen.

In zeitlicher Hinsicht kann auch bei weit zurückliegenden Sachverhalten keine vorschnelle Entwarnung erfolgen, da gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO die Festsetzungsfrist bei Schenkungen nicht vor Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Aufgrund der fehlenden Vollverzinsung im Bereich des besteht mithin ein erhebliches Risiko, dass die zuständige Finanzbehörde vorschnell den Vorwurf der Steuerhinterziehung erheben wird, um den drohenden Zinsnachteil durch die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO zu kompensieren.

Insoweit drohen steuerstrafrechtliche Konsequenzen, insbesondere bei beträchtlichen Zuwendungen nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen. Jedoch gibt es auch eine gute Nachricht: in vielen Fällen sind die unbewussten Schenkungen reparabel.

Fazit:

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt zu zwei getrennten Vermögenssphären – das Vermögen des einen Ehepartners haftet grundsätzlich nicht für Verbindlichkeiten des anderen Ehepartners. Unkenntnis von den getrennten Vermögensmassen führt bei vermögenden Ehepaaren regelmäßig zu unbewusst vorgenommenen Zuwendungen, welche dem Finanzamt nicht angezeigt wurden. Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, existieren für einige Fällen Gestaltungen, mit welchen dem Vorwurf der Steuerhinterziehung wirksam begegnet werden kann.

Ein Beitrag von Martin Lindenau

Der Rechtsanwalt/Mediator ist Partner bei LEGAVIS Rechtsanwälte. Die Sozietät ist spezialisiert auf die Bereiche Erbrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht. Martin Lindenau berät umfassend in Angelegenheiten des Privatrechts. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehören die erb-, gesellschafts- und steuerrechtlich optimierte Nachfolgeplanung, die Beratung von mittelständischen Unternehmen und Unternehmerfamilien sowie das internationale Kunstrecht.
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