Behavioral Winomics

Unlängst verbrachte ich ein paar Tage Urlaub zur Entspannung in einem sehr guten Hotel im Schwarzwald, das auch über ein vorzügliches Restaurant verfügte. Und so entschloss ich mich, zusammen mit meinem Sohn, der mich bei dieser Reise begleitete, zur Abrundung meines Kurz-Aufenthalts in diesem Lokal abends essen zu gehen. Ein Fünf-Gang-Menü war angesagt, und nun ging es nur noch darum, einen geeigneten Wein zu diesem vielversprechenden Mahl zu finden.

Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Bordeaux-Liebhaber bin und mich auch häufig mit Weinen aus dem Nahen Osten befasse. Aber mir war natürlich klar, dass ich Weine aus dieser Region kaum auf der Weinkarte eines gediegenen Schwarzwälder Restaurants finden würde. Alles, was aus Bordeaux angeboten wurde, übersprang ich geflissentlich, weil ich wusste, dass ich auf der Karte Flaschen vorfinden würde, die ich in meinem eigenen Keller liegen habe und die hier das Drei- oder Vierfache dessen kosten würden, was ich selbst dafür bezahlt hatte.

Und so fiel mein Blick auf italienische und spanische Gewächse, von denen ich allerdings nicht viel verstehe. Aber irgendwo musste ich ja beginnen. Es gibt nichts Schlimmeres, als sich einerseits durch den Dschungel der Weinkarte durchkämpfen zu müssen und andererseits, als Experte für Behavioral Economics, genau um die Fallen zu wissen, die bei der Wahl des Weines überall auf einen lauern können.

Und so wollte ich zunächst auf eigene Faust strategisch vorgehen. Nein, den billigsten Wein auf der Karte, den nimmt man nicht. Schließlich wollte ich nicht wie ein Knauser aussehen. Der wahre Geizhals bestellt daher den zweitbilligsten Wein auf der Karte. Eine Erkenntnis, die – so hat es übrigens unlängst der US-Psychologe Dan Ariely in einer Kolumne im Wall Street Journal bestätigt – zumindest von US-Restaurants weidlich ausgenutzt wird. Ob wohl auch für deutsche Gastwirte die Gewinnspanne beim zweitbilligsten Wein am größten ausfällt?

Da mein Sohn gerade einmal 13 Jahre alt ist, konnte er mir bei der Weinauswahl auch nicht wirklich behilflich sein, aber sein nervöses Hin- und Herrutschen auf dem Stuhl signalisierte mir, ich solle doch endlich meine Wahl treffen. 50 Euro für eine Flasche Wein im Restaurant? Das ist auf den ersten Blick viel Geld, dachte ich mir, aber verglichen mit dem teuersten Italiener auf der Weinkarte für 130 Euro sahen dann die 50 Euro schon fast wieder wie ein Schnäppchen aus. Jaja, ich weiß schon, wir Menschen bewerten relativ, aber deswegen beileibe nicht optimal. Ich machte daher etwas anderes…

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GoldbergEin Beitrag von Joachim Goldberg.

Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein. Seitdem setzt er sich intensiv mit der ”Behavioral Finance” genannten verhaltensorientierten Finanzmarktanalyse auseinander.
Joachim Goldberg schreibt regelmäßig auf seinem Blog www.der-goldberg.de.

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