Bundestagswahl dürfte kaum Auswirkungen auf die Börse haben

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Noch immer bleibt das Problem zum Teil sehr niedriger Impfquoten in vielen Schwellenländern.

Drohende Shutdown-Maßnahmen

Neben humanitären Härtefällen drohen bei steigenden Fallzahlen auch wirtschaftlich negative Rückwirkungen. Zudem besteht die Gefahr, dass bei hoher Infektionsdynamik neue Virusvarianten entstehen, durch die die steigende Immunität der Weltbevölkerung übersprungen werden könnte.

Die jüngsten Schnellschätzungen der Markit-Einkaufsmanagerindizes verdeutlichten allerdings noch eine Belastung der Geschäftsaussichten der Unternehmen, v.a. im Dienstleistungsbereich, aufgrund der Befürchtung künftig erneut notwendiger Shutdown-Maßnahmen.

In China ist der Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors sogar unter die Expansionsmarke von 50 Punkten gerutscht, da neben Corona-Restriktionen auch die insgesamt nachlassende Wachstumsdynamik sowie die Verunsicherungen rund um den Ausfall des Immobilienentwicklers Evergrande die Stimmung belasteten. Entsprechend fiel auch das Wachstum der Einzelhandelsumsätze im August mit einem Plus von 2,5 Prozent sehr schwach aus.

Auslaufende preistreibende Einmal- und Basiseffekte

Auch im Verarbeitenden Gewerbe sank die Zuversicht der Unternehmen gemäß Umfrage von Markit weltweit deutlich, zeichnet aber weiterhin das Bild einer steigenden Produktion in den kommenden Monaten. Gründe sind hier vor allem die anhaltenden Lieferengpässe bei vielen Vorprodukten und Rohstoffen, knappe Transportkapazitäten sowie Schwierigkeiten, genügend ausreichend qualifiziertes Personal zu akquirieren und daraus resultierende erhebliche Produktionskostensteigerungen.

Da diese noch immer weitgehend an die Endverbraucher durchgereicht werden können, bleibt auch die Inflationsdynamik in den kommenden Monaten hoch. Zwar laufen am Anfang des kommenden Jahres einige preistreibende Einmal- und Basiseffekte aus, trotzdem dürfte die historisch beispiellose Lücke zwischen rekordhohen Auftragseingängen und kapazitätsbedingt ausgebremster Produktion, bspw. in der deutschen Industrie, nicht kurzfristig abgebaut werden und entsprechend den Preisdruck hochhalten.

EZB und Fed erwarten höhere Inflation

Vor diesem Hintergrund hatte sowohl die EZB als auch die US-Notenbank Fed zuletzt ihre Inflationsprojektionen angehoben und erwarten nunmehr für die Eurozone 1,7 Prozent in 2022 sowie 1,5 Prozent in 2023 bzw. in den USA jeweils 2,2 Prozent in den kommenden beiden Jahren. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Erwartungen aufgrund der Fülle an preistreibenden Faktoren noch zu gering bemessen sind.

Untermauert wird das Bild anhaltend höherer Inflationsraten durch die Annahme eines auch im kommenden Jahr überdurchschnittlichen Wachstums in vielen Regionen weltweit. So rechnet die OECD gemäß ihres aktuellen Economic Outlook nach 6 Prozent globalem Wachstums in diesem mit 5,7 Prozent Wachstum im kommenden Jahr.

Fed-Tapering voraus

Die Fed hat trotzdem in ihrer letzten Zinssitzung die Reduzierung der monatlichen Wertpapierkaufvolumina (Tapering) noch nicht konkret angekündigt. Es ist davon auszugehen, dass die Notenbanker zunächst den September-Arbeitsmarktbericht abwarten wollen, um den weiteren Kurs festzulegen.

Da Anfang September erhebliche Unterstützungszahlungen für nicht arbeitende Menschen in den USA eingestellt wurden, ist davon auszugehen, dass die Anzahl an neu geschaffenen Stellen deutlicher steigt als in den letzten Monaten. Dann wäre der Weg frei für eine Konkretisierung der Taperingpläne in der nächsten Zinssitzung Anfang November und einen Start des Taperings Anfang 2022.

Evergrande sorgt weiter für Verunsicherung

Die Situation rund um die Pleite des Immobilienentwicklers Evergrande in China ist nicht ganz klar. Offensichtlich wurde die gestern fällige Zinszahlung auf eine in US-Dollar-Anleihe des Unternehmens zumindest nicht vollständig vorgenommen. Eindeutig ist, dass die Regierung in Peking nicht gewillt ist, das Unternehmen als Ganzes zu retten. Es sollen aber die schlimmsten Nebenwirkungen für Anleger, Kunden, finanzierende Banken, andere Immobilienentwickler und die Kapitalmärkte begrenzt werden.

Entsprechende Anweisungen wurden an die chinesischen Regionalregierungen ausgegeben. Grundsätzlich ist positiv, dass man das Problem erkannt hat und die Auswirkungen eingrenzen möchte. Die vagen Handlungsanweisungen dazu erhöhen jedoch das Risiko, dass es zu Fehlern in der politischen Umsetzung kommt und daraus doch noch größere Turbulenzen entstehen könnten. Evergrande dürfte die Märkte daher in den kommenden Wochen weiterbewegen.

Bundestagswahl & die Börsen

Die Bundestagswahl am Wochenende dürfte kurzfristig kaum Auswirkungen für die internationalen Börsen haben. Da zwischen Union und SPD ein Kopf-an Kopf-Rennen möglich ist und voraussichtlich bis zu sechs verschiedene Regierungskonstellationen infrage kommen, wird sich erst eine neue Koalition herauskristallisieren müssen, bevor Rückschlüsse auf den mittel- bis langfristigen Kurs der Bundesregierung möglich sind.

Grundsätzlich steht die neue Regierung vor enormen Herausforderungen, bspw. die Bewältigung der Corona-Pandemie und wichtige Weichenstellungen bzgl. der Digitalisierung, des Klimawandels und demografischer sowie geopolitischer Entwicklungen, die ein zeitnahes Anpacken erfordern. Dazu werden wir kurzfristig eine zusammen mit Prof. Dr. Henning Vöpel, künftiger Direktor des Centrum für Europäische Politik, erstellte Publikation veröffentlichen.

 

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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