Rüstungs-Aktie Hensoldt: So geht es nach dem Kursfeuerwerk weiter

Bildquelle: Pressefoto Hensoldt

Den in Taufkirchen bei München ansässigen Rüstungskonzern Hensoldt (WKN: HAG000 / ISIN: DE000HAG0005) hatten viele Anleger bisher nicht auf dem Radar. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass Rüstungs-Aktien bei vielen Menschen mit großer Skepsis betrachtet werden.

Ein anderer Grund ist, dass es sich um ein eher unbekanntes Unternehmen aus dem Nebenwerte-Bereich handelt, dass erst auf eine kurze Börsen-Historie zurückblickt. Die Bekanntheit bei Hensoldt hat aber am Montag dieser Woche deutlich zugenommen, denn die Aktie gehörte mit einem satten Plus von 43 Prozent zu den Überfliegern am deutschen Aktienmarkt.

Zeitenwende in der deutschen Sicherheits-Politik

Wer das politische Geschehen vom Wochenende verfolgt hat, dürfte sich über das Kursfeuerwerk bei Hensoldt oder bei dem Mittwettbewerber Rheinmetall (WKN: 703000 / ISIN: DE0007030009) nicht wundern. Wegen der russischen Invasion in der Ukraine will Deutschland die Bundeswehr erheblich aufrüsten. Geplant sind Investitionen von 100 Mrd. Euro. Das Kapital soll mit dem Bundeshaushalt 2022 bereitgestellt werden. Bundeskanzler Scholz kündigte außerdem an, dass Deutschland von nun an Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren wird.

Sonderkonjunktur für die Rüstungsindustrie

Auf dieses neue Szenario bereitet sich nun die Rüstungsindustrie vor. So hatte beispielsweise Rheinmetall der Bundesregierung am Montag eine umfassende Lieferung von Rüstungsgütern angeboten. Dazu gehören unter anderem Munition, Hubschrauber sowie Ketten- und Radpanzer, wie CEO Armin Papperger dem „Handelsblatt“ erklärte. Demnach beläuft sich das gesamte Volumen bei Rheinmetall auf 42 Mrd. Euro.

Wie das Handelsblatt berichtete, hat das Verteidigungsministerium die Manager der wichtigsten Rüstungsunternehmen am Montag zu einem Dringlichkeitsgespräch eingeladen. Konkrete Aufträge wurden noch nicht vergeben, aber die dürften bald kommen, wie Beteiligte dem Handelsblatt berichteten.

Die geplanten Investitions-Maßnahmen stellen eine Zeitenwende in der deutschen Sicherheitspolitik dar. Denn seit Jahren wird die Bundeswehr eher stiefmütterlich behandelt, wenn es um Investitionen geht. Die Folge dieser ausgeprägten Sparsamkeit sind beispielsweise Militärflugzeuge, die gar nicht mehr einsatzbereit sind und anhaltende Kritik von Seiten der Nato-Partner, dass die Bundesrepublik nicht in ausreichendem Maße ihren Beitrag zum Verteidigungsbündnis leistet.

Die Bundeswehr steht blank da

Scharfe Kritik kam zuletzt auch aus den eigenen Reihen. Heeresinspekteur Alfons Mais sagte: Die Bundeswehr „steht mehr oder weniger blank da“. Im Verteidigungsfall habe sie wenige Optionen.

Wegen der schlimmen Lage in der Ukraine und dem von Russland ausgehenden Bedrohungspotenzial gibt es nun ein Umdenken in der Politik. Profiteure dieser Entwicklung sind die deutschen Rüstungskonzerne. Auch bei Hensoldt dürften in den kommenden Monaten zahlreiche Bundeswehr-Aufträge eingehen, die dem Unternehmen eine Sonderkonjunktur verschaffen werden.

Dank der geplanten Großinvestitionen in die Bundeswehr dürfte Hensoldt eine Sonderkonjunktur erleben. Die Rüstungs-Aktie machte deshalb am Montag einen gewaltigen Sprung um 43 Prozent nach oben. Da die neuesten Nachrichten jetzt erst einmal im Kurs eingepreist sein dürften, könnte es nun Gewinnmitnahmen geben. (Bildquelle: Pressefoto Hensoldt)

Hensoldt blickt auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurück

Die Geschäfte bei Hensoldt liefen aber ohnehin zuletzt sehr erfolgreich, wie die jüngsten Zahlen gezeigt haben, die Mitte Februar präsentiert worden sind. Eigenen Angaben nach wurden die Erwartungen für das Geschäftsjahr 2021 übertroffen.

Der Umsatz kletterte 2021 auf Jahressicht um 22 Prozent auf 1,5 Mrd. Euro. Das bereinigte Betriebsergebnis (EBITDA) verbesserte sich dabei um 19 Prozent auf 261 Mio. Euro. Laut der Pressemitteilung legte der Auftragseingang im Vergleich zu 2020 um 25 Prozent auf 3,2 Mrd. Euro zu. Der Auftragsbestand legte sogar um 49 Prozent auf 5,1 Mrd. Euro zu, was dem Dreifachen des für 2022 geplanten Umsatzes entsprechen soll.

Viele neue Großaufträge

Wie Hensoldt erklärte, konnte das Unternehmen mit der Entwicklung neuer Technologien, insbesondere im Bereich zukunftssicherer Plattformen sowie in der Datenanalyse, wichtige nationale und internationale Aufträge gewinnen. Demnach gehörten dazu unter anderem die Entwicklung und Produktion von Aufklärungstechnologie für das Pegasus-Programm, Radar- und Selbstschutzsysteme für das Quadriga-Programm, die Lieferung von Weitbereichsradaren für die Fregatten F-124 sowie optronische Mastsysteme für U212-Unterseebote.

Sehr positiver Ausblick

Der weitere Ausblick fällt dementsprechend sehr positiv aus. Für 2022 werden Erlöse von 1,7 Mrd. Euro und ein bereinigtes EBITDA von 285 bis 300 Mio. Euro erwartet. Der Verschuldungsgrat soll auf unter 1,4x sinken.

Eine noch junge Erfolgsgeschichte

Hensoldt blickt auf eine noch junge Erfolgsgeschichte zurück. So ging das Unternehmen aus der Elektroniksparte des Rüstungsgeschäfts des Airbus-Konzerns (WKN: 938914 / ISIN: NL0000235190) hervor. Ende Februar 2017 veräußerte Airbus 74,9 Prozent der Anteile an dieser Geschäftssparte an den US-Finanzinvestor KKR & Co. Inc. (WKN: A2LQV6 / ISIN: US48251W1045). Den restlichen Anteil in Höhe von 25,1 Prozent übernahm Hensoldt 2018 von Airbus.

Marktführer im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich

Der Geschäftsfokus von Hensoldt liegt auf der Entwicklung von Sensorlösungen für Verteidigungs- und Sicherheitsanwendungen. Dazu gehören unter anderem Radare, die beispielsweise im Eurofighter und der Fregatte 125 der deutschen Marine eingesetzt werden, Wärmebildgeräte, Restlichtverstärker, Laserentfernungsmesser, militärische und zivile Avionik-Systeme (u.a. Lageerfassungssysteme, militärische Missionscomputer, Flugschreiber) und im Bereich der elektronischen Kampfführung Systeme zur Erfassung und Auswertung von Radar- und Funksignalen sowie Störsysteme („Jammer“), die zum Beispiel dem Schutz von Konvois oder einzelnen Fahrzeugen gegen improvisierte Bomben dienen.

Einer der Markt- und Technologieführer in Europa

Eigenen Angaben nach gehört das Unternehmen, das über 5.600 Mitarbeiter beschäftigt und neben Deutschland auch über Standorte in Frankreich, Großbritannien und Südafrika verfügt, im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich zu den Markt- und Technologieführern in Europa. Außerdem baut Hensoldt das Portfolio im Bereich Cyber kontinuierlich aus und entwickelt neue Produkte zur Bekämpfung eines breiten Spektrums von Bedrohungen auf der Grundlage innovativer Ansätze für Daten-Management, Robotik und Internet-Sicherheit.

Der Börsen-Newcomer

Hensoldt ging im September 2020 an die Börse, wobei der Eröffnungskurs der Aktie bei 12,00 Euro lag. Bis zum April 2021 konnte sich der Kurs auf zeitweise 17,50 Euro verbessern, wechselte im Anschluss aber in einen Seitwärtslauf, der bis Ende Februar 2022 anhielt.

Starke Nachrichten im Kurs eingepreist

Mit dem gewaltigen Kursgewinn vom Montag von 43 Prozent und mit einem weiteren Zuwachs von zeitweise über vier Prozent am Dienstag wurden neue Rekordhochs markiert (aktuell: 22,05 Euro). Natürlich dürften sich die nun zu erwartenden neuen Aufträge vom Bund sehr positiv auf die weiteren Geschäfte auswirken. Allerdings sind diese Nachrichten jetzt im aktuellen Aktienkurs eingepreist.

Außerdem muss sich in den kommenden Wochen und Monaten erst einmal zeigen, wann und wie viele der neuen Aufträge bei Hensoldt eingehen werden. Wenn es hier Klarheit gibt, wird Hensoldt voraussichtlich die jüngste Firmenprognose für 2022 entsprechend anpassen.

Rückschlagsgefahr bei der Hensoldt-Aktie

Aktuell erscheint die Hensoldt-Aktie jetzt erst einmal überkauft zu sein. Gut möglich ist, dass Alt-Aktionäre die hohen Kurse nun für Gewinnmitnahmen nutzen werden. Dementsprechend gibt es hier eine deutliche Rückschlagsgefahr. Noch nicht investierte Anleger sollten deshalb vielleicht besser abwarten, bis sich die Kurs-Wogen beruhigen und sich wieder günstigere Einstiegsgelegenheiten eröffnen.

Einstieg der Bundesrepublik

Auch die Bundesrepublik Deutschland gehört übrigens bei Hensoldt zu den Aktionären. Die deutsche Bundesregierung kündigte im Dezember 2020 an, 25,1 Prozent der Hensoldt-Anteile von KKR erwerben zu wollen. Die Bundesregierung begründete den Einstieg mit einer Sperrminorität vor allem mit der Bedeutung von Hensoldt für die Bundeswehr. Laut der entsprechenden Mitteilung ist die Gewährleistung der sicherheits- und verteidigungsindustriellen Schlüsseltechnologien von besonderem nationalem Interesse. Der Einstieg des Bunds wurde im Mai 2021 vollzogen.

Bildquelle: Pressefoto Hensoldt