Reizthema Stopp-Loss

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Das Thema Stopp-Loss ist vermutlich so alt wie die Finanzmärkte selbst und war beim Kurseinbruch des DAX Mitte Oktober wieder einmal hochaktuell. Denn jemand, der beispielsweise seit Jahresanfang ein DAX-Index-Zertifikat besaß, war mit einem starren Stopp-Loss von 10 Prozent, sofern er denn diszipliniert gehandelt hat, nicht mehr im Markt. Ein systematischer Handelsansatz mit nachgezogenen Intraday-Stopps der gleichen Größenordnung wäre gleich mehrfach eiskalt erwischt worden. Darüber hat sich unlängst ein Kommentator im Internet dermaßen aufgeregt, dass er von einem Joch der Stopp-Loss-Order schrieb. Und wenn von einem Joch die Rede ist, dann schwingt auch immer mit, dass man dieses gefälligst abzuschütteln habe.

Über den Sinn von Verlustbegrenzungen in Form von Stopp-Loss-Marken wird immer wieder heiß diskutiert. Dies geschieht umso mehr, als viele Anlagekonzepte heute so ausgelegt sind, dass sie mit automatischen Verlustgrenzen arbeiten. Die einen mit einem engen Stopp-Loss, die anderen mit einer großzügigeren Grenzziehung – wer erst bei einem Verlust von 20 Prozent die Bremse ziehen wollte, den hätte es in diesem Jahr zum Beispiel nicht erwischt. Aber hinterher ist man immer schlauer.

Der erste kleinste Verlust wiegt am schwersten

Auch mag es in Märkten, die nicht sehr liquide sind, geradezu Kettenreaktionen von Stopp-Loss-Orders geben, die eng gestaffelt bei hohen Handelsvolumina wie eine Reihe umfallender Dominosteine nacheinander ausgelöst werden, was mitunter auch dazu führen kann, dass sich solche Bewegungen panikartig verselbstständigen. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden: Derartige Kettenreaktionen stehen naturgemäß nicht am Anfang einer solchen Entwicklung; vielmehr treten sie in einer späteren Phase des Kurseinbruchs auf oder aber auch bei einer Kaufpanik nach einigen Prozent schneller Kursgewinne. Denn im Frühstadium solcher Kursentwicklungen ist die Bereitschaft zur Verlustbegrenzung besonders gering. Denn Menschen reagieren paradox: Auch wenn der erste Verlust der kleinste ist, wiegt er für sie dennoch am schwersten.

Ich klebe nicht an irgendwelchen prozentualen Verlustlimits. Aber Anleger sollten einen Plan haben, was zu tun ist wenn sich die Dinge an ihrem Markt nicht so wie vorgestellt entwickeln. Vor allem wenn sich Verluste so richtig schnell vollziehen, fangen viele Anleger zu zweifeln an, ob Durchhalten tatsächlich die richtige Strategie sein kann. Gerade, weil wir unser Marktumfeld, sobald wir eine Position eingegangen sind, unter dem Eindruck von Verlusten ohnehin nur noch selektiv wahrnehmen, muss es einen Plan geben, der vor Eingehen eines Engagements festgelegt wurde. Am besten schriftlich.

Auch muss eine Verlustbegrenzung durchaus nicht preisgebunden sein. Man kann ja auch aussteigen, wenn bestimmte Voraussetzungen, die man eigentlich für die Grundlage seiner Entscheidung ursprünglich einmal gewählt hat, nicht mehr gegeben sind. Doch wird es schwierig, wenn diese Kriterien nicht aus harten Zahlen sondern womöglich aus weichen Qualitätsmerkmalen einer Aktiengesellschaft bestehen. Ohnehin verhindert es die selektive Wahrnehmung, einigermaßen objektiv zu bleiben – Marktpreise sind klar und unmissverständlich und das Resultat von Angebot und Nachfrage…

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GoldbergEin Beitrag von Joachim Goldberg.

Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein. Seitdem setzt er sich intensiv mit der ”Behavioral Finance” genannten verhaltensorientierten Finanzmarktanalyse auseinander.
Joachim Goldberg schreibt regelmäßig auf seinem Blog www.der-goldberg.de.

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