EUR/USD: Goldman Sachs mit dramatischem Kursziel

Bildquelle: EZB

Der Euro/Dollar Kurs fällt so schnell, dass Goldman Sachs mit seinen Prognosen nicht mehr hinterherkommt. Das neue Kursziel liegt deutlich unter Parität.

Vor einem halben Jahr gab Goldman Sachs das Paritätsziel für EUR/USD aus. Der Kurs sollte erst im Laufe des Jahres 2017 erreicht werden. Damals stand der Kurs noch bei gut 1,30. Der Kurs hätte nach der Prognose innerhalb von 3 Jahren ca. 25% abgeben müssen. 25% in drei Jahren ist nicht die Welt. Für das liquideste Währungspaar der Welt ist die Bewegung jedoch recht groß. Stärkere Bewegungen hat es auch schon in der kurzen Historie des Währungspaares gegeben, doch die Jahre seit 2008 waren eigentlich recht zuverlässig, was das Ausmaß der Bewegungen anbelangte.

Vor drei Monaten korrigierte Goldman Sachs die Prognose. Im Sommer 2015 sollte das Währungspaar bei 1,10 stehen. Das kann immer noch passieren, wenn der Kurs wieder steigt. Momentan hat er das Kursziel schon längst unterschritten. Die Parität hätte dann im Jahr 2016 erreicht werden sollen. 2017 wäre es sogar noch bis 90 Cent nach unten gegangen.

In der aktuellen Prognose wird noch einmal adjustiert. Im September 2015 soll der Kurs nun die Parität erreichen. Auf Sicht von 12 Monaten ist ein Kurs von 0,95 vorgesehen. 2016 geht es dann auf 0,85 und 2017 auf 0,80. Der Kurs muss vom aktuellen Niveau dann noch einmal genauso viel nachgeben wie in der Zeit seit Juli 2014 bis jetzt. Im Juli letzten Jahres begann der beispiellose Preissturz.

Viele Beobachter machen sich inzwischen Sorgen. Abwertung ist das eine, ein Währungskollaps das andere. Die Gefahr für einen Währungskollaps besteht grundsätzlich. Streng genommen besteht diese Gefahr immer. Die unkonventionellen Programme der Notenbanken machen die Situation jedoch etwas undurchsichtiger. Von einem Kollaps kann man derzeit sicherlich noch nicht reden. Betrachtet man den Kurs von EUR/USD seit 1999, dann befindet sich das Wechselkursverhältnis heute ungefähr dort, wo es vor 14 Jahren schon einmal war.

Quelle: Guidants Devisen-Analysen
Quelle: Guidants Devisen-Analysen

Der reale Wechselkurs steht heute trotz der massiven Abgaben noch deutlich über den Kursen von 1999 oder 2003. Das ist ein klein wenig mit der Situation in Japan vergleichbar. Der Yen wertete nicht nur nominal auf. Real war die Aufwertung noch sehr viel deutlicher zu spüren als nominal. Etwas weniger ausgeprägt, aber in die gleiche Richtung gehend, hat es die Eurozone gesehen.

Insgesamt ist die Lage in der Eurozone der japanischen nicht ganz unähnlich. Beide Regionen leiden unter Deflation und minimalem Wachstum. In beiden Regionen lässt sich das vor allem auf die starke Währung zurückführen. Die Zentralbanken haben nun zu den gleichen Mitteln gegriffen, wobei die Japaner deutlich früher reagiert haben. Die Erfolge lassen in Japan noch auf sich warten. Vielleicht stellen sie sich auch überhaupt niemals ein. Das wäre auch für die Eurozone zu befürchten.

Quelle: Guidants Devisen-Analysen
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Es geht allerdings nicht so sehr darum, ob die Notenbankpolitik die Wirtschaft belebt oder nicht. Es geht darum, ob man einen Währungskollaps befürchten muss. Vergleicht man JPY/USD und EUR/USD seit Beginn der Abwertung miteinander, dann sind die Verläufe (Grafik 3) von der Tendenz her ähnlich. Der Yen hat noch etwas stärker abgewertet als der Euro. Von einem Kollaps muss man nicht sprechen, wenn man den Yen nicht schon so gesehen hat.

Quelle: Guidants Devisen-Analysen
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Der Yen hat sich nach dem ersten Schock relativ stabil gehalten. Die Abwertung ging erst weiter als die Notenbank neue Maßnahmen einläutete. So ähnlich wird es wohl auch mit dem Euro gehen. Er wird weiterhin an Höhe verlieren, solange die Zinserhöhungsfantasien für den USD Raum bestehen bleiben. Ist das Thema erst einmal durch, dann wird eine Seitwärtsbewegung eintreten, die sich viele Monate halten kann. Ein Kollaps ist nicht ausgeschlossen. Die Angst davor ist aber überzogen. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass der Euro real nun wieder in einen Bereich kommt, den er schon sehr lange nicht mehr hatte. Ist dieser Bereich erreicht, dann kann eine Stabilisierung eintreten. Eventuell muss Goldman Sachs von dort ausgehend die Prognosen wieder anheben.

Quelle: Guidants Devisen-Analysen
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Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de.

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