Delisting – mal wieder im Fokus (?)

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Das Thema Delisting (Börsenrückzug und damit eine deutliche Benachteiligung der Kleinanleger, die dann ihre Aktien nicht mehr über die Börse verkaufen können) ist offenbar endlich bei den Politikern ins Bewusstsein gerückt. Die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker und der zuständige Berichterstatter Stephan Harbarth haben in dieser Sache klar Position bezogen und machen sich für die Kleinaktionäre stark:

„Für die Union steht fest: Aktionäre müssen bei einem Delisting besser geschützt werden. Insbesondere müssen Minderheitsaktionäre einen Anspruch auf eine angemessene Abfindung erhalten.“ Die Politiker haben erkannt, dass „zahlreiche Emittenten die niedrigeren Voraussetzungen seit der Rechtsprechungsänderung für ein Delisting zum Nachteil der Kleinaktionäre genutzt haben“.

Wir begrüßen diese Initiative und hoffen auf eine schnelle Korrektur der aktuellen Praxis. Besonders die Forderung einer angemessenen Abfindung für die Minderheitsaktionäre ist wichtig, um das Vertrauen in den Aktienmarkt wieder herzustellen. Bei der aktuellen Rechtslage werden die Kleinaktionäre massiv benachteiligt und die Großaktionäre bevorteilt.

Das Beispiel der Magix AG (WKN 722078) zeigt dies deutlich. Hier hat zwar ein Vorstand ein Angebot an die Kleinaktionäre vorgelegt. Doch dieses Angebot entspricht aus unserer Sicht nicht dem Wert des Unternehmens. Es sieht eher danach aus, dass Großaktionäre die Verunsicherung der Kleinanleger nach einem Delisting oftmals nutzen, um preisgünstig die eigenen Aktienpakete aufzustocken.

Eine unabhängige Überprüfung, ob derartige Angebote fair sind, gibt es derzeit leider nicht. Durch die fehlende Börsennotiz verspüren viele Kleinanleger sicherlich einen starken Druck, sich auch bei niedrigen Angeboten von ihren Aktien zu trennen. Einige Finanzprofis versuchen diese Verunsicherung zu nutzen und leiten über die Banken den Aktionären teilweise unverschämt niedrige Angebote zu.

Insgesamt ist die aktuelle Situation ein Anschlag auf die Aktionärskultur in Deutschland.

Der Aktionär war den Unternehmen als Kapitalgeber in einer Phase mit hohem Kapitalbedarf willkommen. Sobald das Geschäft dann jedoch rund läuft und kontinuierlich Gewinne abwirft, so dass eine Finanzierung über die Börse nicht mehr nötig ist, dann kann nach der aktuellen Gesetzeslage in bestimmten Fällen ein Börsenrückzug durchgeführt werden. Da ohne Börsennotiz der Wert der Aktien für die Kleinanleger deutlich sinkt, kommt damit eine solche Maßnahme einer Teilenteignung der Minderheitsaktionäre durch den Großaktionär gleich.

Dies ist ein Skandal und es wird somit höchste Zeit, diese Benachteiligung der Aktionäre zu beenden. Sollten sich die Anleger noch stärker von der Börse abwenden, dann wäre sogar die volkswirtschaftlich wichtige Funktion der Börse als Finanzierungsquelle der Unternehmen gefährdet. Börsianer werden nur bereit sein, die Risiken der Aktienanlage auf sich zu nehmen, wenn sie auch auf faire Rahmenbedingungen vertrauen können. Wir können nur hoffen, dass den Ankündigungen der CDU/CSU jetzt auch zügig Taten folgen.

RiegerEin Beitrag von Matthias Rieger

Er ist Chefredakteur des Hanseatischen Börsendiensts.

Der Hanseatische Börsendienst bietet Privatanlegern und Investoren seit 53 Jahren fundierte Tipps, Trends und Analysen rund um deutsche Spezial- und Nebenwerte. Er setzt sein value-orientiertes Anlagekonzept konsequent um. Das Musterdepot steigerte seinen Wert seit Anfang 1999 von 10.000 Euro auf knapp 100.000 Euro. Damit wurde der Depotwert rund verzehnfacht.

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