Verraten und verkauft

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Wir haben es geschafft, Kalenderwoche 21 des Jahres 2015 liegt hinter und das lange Pfingstwochenende ebenso. Und diese Pause tat auch dringend Not, denn die vergangenen Tage hatten es wahrhaftig in sich. Ein Skandal erschütterte die Finanzwelt und damit natürlich auch uns. Nun ist es ja nicht gerade so, dass wir blauäugig staunend durch diese Welt laufen würden. Und an das Märchen von den Guten, die zum Schluss immer gewinnen und im Anschluss die Prinzessin zum Altar führen, um dann mit derselben bis ans Ende ihrer Tage glücklich und zufrieden zu leben, glauben wir schon seit dem Ende der dritten Klasse nicht mehr. Über die Abgründe, die sich zu Wochenbeginn im piekfeinen, altehrwürdigen Berkeley-Hotel zu London auftaten, sind wir jedoch wirklich entsetzt.

Natürlich ist uns allen klar, dass hinter den verschlossenen Türen der Mächtigen von Politik und Wirtschaft ganz gerne das ein oder andere mehr oder weniger legale Treiben stattfindet, erinnern wir uns doch nur an das traute Miteinander von NSA und BND, deren Spähattacken auf deutsche Bürger auch in dieser Woche wieder für Gesprächsstoff sowie Unruhe im Plenarsaal des Bundestages sorgten. Mit derlei Machenschaften und der Tatsache, dass wir von unseren gewählten Volksvertretern für‘n Donut und ‘ne Coke an die amerikanischen Geheimdienste verkauft werden, haben wir uns ja beinahe schon abgefunden, was bleibt einem schließlich übrig, will man nicht gleich zu Mistforke oder Fackel greifen. Und:

Treu…

Auch an den Lug und Betrug der Banken hat man sich im Laufe der Jahre gezwungenermaßen gewöhnt, Stichwort beispielsweise Libor-Skandal. An der Manipulation des Referenzzinssatzes Libor waren weltweit rund 20 Banken beteiligt, die Strafen für die unerlaubten Tricksereien kosten die Geldhäuser Milliarden – erst im April wurde die Deutsche Bank zur Zahlung von 2,5 Milliarden US-Dollar verdonnert, der höchsten bislang verhängten Bußzahlung. Wie gesagt, das sind „olle Kamellen“. Jetzt aber hat sich die EZB – eigentlich und ursprünglich zur Wahrung der Währungsstabilität gegründet und damit zu einer gewissen Neutralität verpflichtet – in die Riege der Finanz-Amigos eingereiht. Denn EZB-Direktor Coeuré, hinter Signore Draghi die Nummer 2 im Team, hat am Montagabend einer kleinen, auserwählten Gruppe von Investmentbankern betriebsinterne Informationen zugetragen. Und dabei ging es nicht etwa um die Nachricht, dass in der Kantine der Zentralbank künftig auch ein veganes Gericht angeboten wird. Nein, die Mitteilung war weit bedeutsamer, denn die Herren Fondsmanager erfuhren dabei aus erster und zudem vorgehaltener Hand, dass die EZB ihr Anleihekaufprogramm im Juni noch einmal ausweiten und im Juli sowie August dann zurückfahren werde. Die Öffentlichkeit erlangte von dieser bedeutsamen Kunde erst am Dienstagmorgen Kenntnis, aber da hatte die Herrenrunde vom Vorabend ihre Orders wahrscheinlich schon (gewinnbringend) platziert. Und die Börsen reagierten entsprechend:

…und Glauben

Die Aktien- und Anleihemärkte schossen erwartungsgemäß nach oben, während der Euro gegenüber dem US-Dollar über ein Prozent verlor. Der Grund dafür ist klar – pumpt die EZB noch mehr Geld als bisher in die Märkte, treibt das DAX & Co natürlich in die Höhe. Und wie schön, wenn man das vor allen anderen weiß! Bedauerlicherweise (sehr richtig, das ist ironisch gemeint!) gehören wir nicht zum Kreis der Erlesenen, weshalb wir Ihnen hier und jetzt ganz ohne jedes Insiderwissen kommentieren, was wir davon halten. Unsere Einschätzung war bekanntlich schon vor Montagabend tendenziell bullisch, weshalb uns das bisherige Wochenplus des DAX von rund 3,3 Prozent auch nicht überrascht. Der Sprung über die obere Begrenzung der Seitwärtsrange bei 11.700 Punkten hat zudem die gewünschten neuen Kaufsignale in den Markt gebracht, sodass wir einen Schub in Richtung Allzeithoch bei 12.290 Zählern für möglich halten. Nicht geglaubt hätten wir allerdings, dass die europäische Zentralbank dergestalt und über das bislang bekannte Maß hinaus die Märkte beeinflusst, wie gerade geschehen. Auch wenn es offiziell eine interne Panne war. Aber: man lernt ja nie aus!

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