Griechische Probleme wieder mal auf die lange Bank geschoben…

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Die Börsen haben mit Erleichterung auf die „Einigung“ im endlosen Griechenland-Desaster reagiert. Wir sehen die Sache anders. Neue Kredite gegen neue Versprechungen, genau so sieht der Deal aus, der den Griechen insgesamt mehr als 80 Milliarden Euro zusätzlich einbringen soll. So zieht man ein Dutzend Verhandlungspartner über den Tisch! Bezahlen werden das natürlich wieder wir alle. Allein bis Mitte August – das ist in einem Monat – muss Griechenland rund zwölf Milliarden Euro aufbringen, um fällige Schulden zurückzuzahlen und damit – man glaubt es kaum – das Anrecht auf weitere Finanzierung (sprich: Kredite) durch die Europäische Zentralbank zu erhalten.

Der Deal steht auf tönernen Füßen, da der griechische Verhandlungsführer Alexis Tsipras den Rückhalt in seiner in Teilen marxistischen Partei verloren hat und sich auf die Unterstützung durch die Opposition verlassen muss. Ich persönlich würde gern wissen, was die EU-Politiker tun, wenn die Griechen – vielleicht wieder per Volksabstimmung? – beschließen, sich auch an diese Abmachungen nicht zu halten. Hat sich ja schon einmal bewährt. Ist dann die nächste Verhandlungsrunde über ein Rettungspaket fällig? Dass es auch ohne den von Griechen immer wieder geforderten Schuldenerlass geht, zeigt Spanien, ein Land, das ebenfalls tief in die Krise geschlittert ist und wegen hoher Schulden harte Sparprogramme einführen musste: Dort wächst die Wirtschaft heuer um prognostizierte 3,5 Prozent, die inakzeptabel hohe Arbeitslosigkeit geht ebenfalls (sehr langsam) Zurück. Allerdings ist der spanische Staat im Gegensatz zu Griechenland in der Lage, seine Steuern einzuheben.

Dem Vernehmen nach sind in den vergangenen Monaten bis 150 Milliarden Euro aus Griechenland in die Schweiz geflossen. Ein Staatswesen, das nicht in der Lage ist, seine Steuern einzuheben, ist als gescheitert zu betrachten. Daran wird auch das nächste Griechenland-Rettungspaket nichts ändern. Immerhin – die Börsen hat´s beruhigt.

Beunruhigt hat die internationalen Börsen hingegen der Crash in China. Doch dass die Kurse in Shanghai und Shenzen abgestürzt sind, ist keineswegs überraschend. Der Shenzen-Aktienindex kletterte zwischen Juli 2014 und Juni 2015 um 82 Prozent. Das schreit förmlich nach einer Konsolidierung. Je nach Definition sollen die Kurse um ein Drittel bis die Hälfte des vorangegangenen Anstieges einbüßen, damit der Weg nach oben wieder frei ist. Zumindest aus derzeitiger Sicht scheint genau dieses Szenario eingetreten zu sein. Der 9. Juli markierte den vorläufigen Wendepunkt der Abwärtsbewegung. Stimmt schon, die chinesische Wirtschaft ist heuer schwach, aber das Wort hat im Bezug auf China eine andere Bedeutung als hierzulande: Sieben Prozent Wachstum sind für China, das aus dem zweistelligen Bereich kommt, tatsächlich nicht so viel, Europa wäre aber schon mit der Hälfte zufrieden.

China in der erwartbaren Konsolidierung, die griechischen Probleme wieder mal auf die lange Bank geschoben – das Szenario für die Märkte könnte auch schlimmer aussehen.

Franz C . Bauer, Trend RedakteurEin Beitrag von Franz C. Bauer

Franz C. Bauer ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs

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